Sylts mehrfach preisgekröntes Restaurant in List heißt „La Mer“ – ist aber eher himmlisch.

Gedeckt sind die Farben im „La Mer“, steingrau, holzbraun. Gediegen wirkt das, beinahe düster. Das Meer scheint weit weg für denjenigen, der in den bequemen Sesseln Platz nimmt. Spätestens beim Amuse-bouche ist allerdings jeder Vorbehalt verschwunden. So geschmacksintensiv ist das, was auf schlichten Tellern gradlinig serviert wird: eine Ziegenkäse-Praline im Bärlauchmantel etwa, ein geeistes Süppchen mit Zitronensorbet. Es ist ein Spiel mit Konsistenz und Aroma, mit Schwere und Leichtigkeit, ausgeklügelt bis ins kleinste Detail.

Sebastian Zier ist in seinem Element. „Aus dem Versteck gelockt“ heißt der Gang mit gebratenem Kaisergranat. Und „Abseits der Wege“ eine Variation vom Lamm: Filet, Zunge, Bries. Mit einem Ratatouille-Püree, das auf den Teller gemalt die Grundlage bildet, umrahmt von Basilikumjus. Erdig schmeckt das, aber auch himmlisch. Beim Abräumen fragt niemand, ob es geschmeckt hat, die freundliche Bedienung erkennt es an den Gesichtern. Und an den Tellern – kaum ein Hauch Sauce ist zu finden. Diese Qualität hat natürlich ihren Preis: Ein 5-Gänge- Menü kostet 145 Euro, 6 Gänge zehn Euro mehr. Wer zu jedem Gang einen passenden Wein im Glas haben möchte, ist ab weiteren 80 Euro dabei.

Wenn Zier, der Küchenchef, der dem La Mer in zwei Jahren zu zwei Sternen verholfen hat, zu sei- nen Gästen kommt, wirkt er gelassen. Als pralle Stress von ihm ab wie Regen von der Lotusblüte. Selbst in der Küche ist er nicht angespannt, nur hochkonzentriert. Der Umgangston ist freundschaftlich – und schwarzwälderisch. „Auf Sterneniveau zu kochen, funktioniert langfristig am besten mit einer positiven Einstellung“, sagt der Koch. „Es muss Spaß machen. Allen Beteiligten.“

Für Zier ist es dabei keine Frage der Höflichkeit, sich im Restaurant blicken zu lassen, es ist ihm ein Bedürfnis. Wenn er von den Produkten spricht, klingt das nach Liebe ohne Dogma. Natürlich bevorzugt er Regionales, aber wenn er meint, etwas von weit her passe besser, dann ordert er das. Perfekt muss es sein.

„Klar haben wir den Ehrgeiz, noch mehr zu erreichen. Aber wir verkrampfen nicht.“ Dass er mit dem richtigen Schuss Leichtsinn so penibel ist, liegt viel- leicht daran, dass er selbst gar nicht auf die Idee kam, Koch zu werden. Die Leidenschaft weckte einer seiner Lehrherren. „Der hatte auf dem Dach einen Kräuter- garten, züchtete Zucchini, fuhr ins Elsass, um Zutaten zu besorgen, und zollte jedem Lebensmittel Respekt. Da habe ich gemerkt, dass ich in die Küche gehöre.“

Da geht er auch wieder hin. Damit wenig später die „Runde Sache“ auf dem Tisch steht. Ein Himbeer- joghurt-Küchlein mit Rosen-Eis, Lychee-Mousse und einem Himbeerbonbon. Zuerst samtweich, entfaltet es sein Aroma mit der Wucht eines Feuerwerks. Das ist Sebastian Ziers Handschrift: Er macht aus Bekanntem etwas, von dessen Existenz man nichts ahnte. Zauberei? Zumindest sind, ehrlich gesagt, Meer und Inselschönheit fast in Vergessenheit geraten.

La Mer , im Hotel Resort A-Rosa Sylt, Listlandstr. 11, List, Mi–So 19–22 Uhr, 04651/96 75 09 92, www.a-rosa.de

Kurz-Biografie

Beinahe wäre aus dem Furtwangener ein Bankkaufmann geworden. Ein Praktikum zeigte dann einen anderen Weg: Hotelfachmann. Weil Sebastian Zier, 33, mehr wollte, folgte eine zweite Lehre, als Koch im „Engel“ in Vöhrenbach. Von Vorbildern wie Harald Wohlfahrt lernend, ging es dann schnell nach oben, beruflich wie geografisch. Seit November 2011 prangt der zweite Stern über der innovativen Küche des Schwaben.

WOLFSBARSCH AUF PURPLE-CURRY-PÜREE

Rezept von Bastian Zier

Für 6 Personen:

Fisch: 900 g Wolfsbarsch (6 Tranchen à 150 g)

150 ml Olivenöl

120 g Butter

2 Zweige Rosmarin

10 Zweige Thymian

Thaispargel:

18 Stangen Thaispargel

25 g Butter

200 ml Geflügelfond

Püree:

1 Kopf Sellerie

200 ml Geflügelfond

30–40 ml Sahne

1 gestr. EL Purple-Curry

EL Limettensaft

Salz

Limettenstampf: 600 g Kartoffeln

60 g Butter

Salz

Limettenabrieb und -saft

1 Sellerie in Würfel schneiden. Mit 200ml Geflügelfond kochen, bis Flüssigkeit verdampft und Sellerie weich ist. Mit Sahne einköcheln. Masse pürieren, mit Purple-Curry, Salz und Limettensaft abschmecken.

2 Kartoffeln weich kochen, ausdämpfen lassen. Schälen, in eine Schüssel geben. Butter anbräunen und zu den Kartoffeln geben. Mit Stampfer zerdrücken. Mit Salz, Limettenabrieb und -saft abschmecken.

3 Den Spargel in einer Pfanne mit etwas Butter und Geflügelfond kurz weich kochen und salzen.

4 Den frischen Fisch auf der Hautseite bei starker Temperatur 1–2 Minuten anbraten. Olivenöl, Butter, Rosmarin und Thymian hinzugeben und den Fisch immer wieder mit der Flüssigkeit übergießen.

5 Das Püree mit einem Backpinsel zum Tellerrand streichen. Den Fisch auf einem Klecks Limetten- stampf wie auf der Abbildung links servieren.