Hamburg ist Tee-Umschlagplatz Nummer eins in Europa und damit eine echte Metropole des heißen Getränks. Das Abendblatt hat neue Sorten probiert und dabei Trends erkannt.

So ein bisschen fühlt sich dieser Tag für Henning Schmidt wie Weihnachten an. Gerade ist eine Lieferung angekommen, und allein der Gedanke an den Oolong aus Taiwan zaubert ihm ein Lächeln aufs Gesicht. Rund 500 verschiedene Teesorten verkauft der Teespeicher bereits, doch der Tea Taster ist immer auf der Suche nach neuen Spezialitäten. Seine Kunden sind anspruchsvoll – kein Wunder, ist Hamburg doch Umschlagplatz Nummer eins für Tee in Europa.

„Natürlich gibt es immer noch diejenigen, die nicht vom Beutel lassen mögen, alles lieben, was bunt ist, oder die den Tee so stark zubereiten, dass er nur mit Milch und Zucker zu genießen ist“, sagt der 39-Jährige, der schon in jungen Jahren mit seinem Vater, einem Großhändler, über Teefelder in Asien gelaufen ist. Erst im Frühjahr war er wieder in China, um Pu Er, den zu Fladen gepressten Tee, „zu lernen“, wie er es nennt. Er freut sich über jeden, dem er ein wenig von seinem Wissen weitergeben kann – das tut er nicht nur in der persönlichen Beratung, sondern regelmäßig auch in speziellen Kursen im Speicherstadtmuseum. Dabei geht es oft um so elementare Dinge wie die Zubereitung von schwarzem (kochendes Wasser, kurze Ziehzeit) oder Grüntee (60 bis 80 Grad). „Beim Wein machen wir uns ja auch Gedanken, wie wir ihn behandeln, um den optimalen Geschmack zu erzielen.“ Besonders neugierig seien die ganz jungen Kunden, und Frauen seien grundsätzlich offener als Männer, wenn es um neue Sorten gehe. Großer Trend: der leuchtend grüne Pulver-Tee Matcha aus Japan.

Das Unternehmen Samova aus der Hafencity feierte bereits seinen zehnten Geburtstag

Mit Trends kennt sich definitiv das Team von Samova aus der HafenCity aus – dort macht man sie einfach selbst. Kein Wunder also, dass Errol Ilercil nicht Tea Taster, sonder Master Tea-Jay heißt. Dieser Titel verspricht Fachwissen genauso wie die Fähigkeit, mit Tee auch kochen, backen oder auf andere Weise kreativ sein zu können. Im jungen Team der perfekt durchgestylten Marke, die bereits ihren zehnten Geburtstag feiern konnte, ist die Liebe zum Tee dieselbe, die Herangehensweise jedoch ein wenig anders. „Inspiration für eine neue Sorte kann zum Beispiel ein Song sein, aber auch ein Land“, erklärt der 32-Jährige, der mit für die Produktentwicklung und den Verkauf zuständig ist. Gutes Beispiel: der Oktoberfest-Tee „Peaceful Krauts“ aus Gerstenmalz, Apfel, Süßholzwurzel und Hopfenzapfen. Ist ein Tee dann erst im Verkauf, soll man ihn erleben können. Heiß, warm und kalt genießen, und das nicht nur zu Hause, sondern auch in der eigenen Lounge im Samova-Teespeicher, beim Tanztee oder bei einem der Cocktailkurse. „Wir wollen auch Nichtteetrinkern zeigen, dass man tolle Getränke damit kreieren kann.“ Jüngster Vorstoß in diese Richtung ist der „Isotonic Tea Drink“ im Tetrapack, konzipiert für Sport und Wellness.

Sehr genau beschäftigt mit Inhaltsstoffen und Wirkung haben sich auch Christian Schmidt und Dirk Weiss, bevor sie vor ein paar Monaten mit der neuen, sehr lifestyligen Marke „Forgeron&Blanc“ auf den Markt kamen. Die mittlerweile 14 Sorten wurden zusammen mit einem erfahrenen Tea Taster entwickelt. Nicht fehlen darf zurzeit die Detox-Variante: „Kein medizinischer Tee, aber Inhaltsstoffe wie Brennnessel, Zitronenmyrte oder Salbei wirken antibakteriell und entschlackend“, sagt Christian Schmidt. Die beiden Unternehmer beobachten, dass der Wunsch nach Besonderem und damit auch die Bereitschaft, etwas mehr auszugeben, wächst. 18.960 Tonnen Tee konsumierten die Deutschen 2012. Und weil es nicht um die Menge, sondern um Qualität und Vielfalt geht, sagt auch Tea Taster Henning Schmidt ganz bescheiden: „Meine Weisheit ist, dass ich eigentlich nichts weiß.“