Ein Spiel des FC St. Pauli beginnt für die Fans schon Stunden vor dem Anpfiff. Bei den Heimspielen ist das Stadion am Millerntor fast immer ausverkauft.

Ein Spiel des FC St. Pauli beginnt für die Fans schon Stunden vor dem Anpfiff. Bei den Heimspielen ist das Stadion am Millerntor fast immer ausverkauft, und die meisten wollen immer an derselben Stelle stehen. Heike und Helmut etwa. Eine Wurst und ein erstes Bier im Gepäck, kämpfen sie sich durch die vor Vorfreude schon brodelnde Menge an ihren gewohnten Platz auf die Gegengerade. Fast jeder Fan hat seine kleine Nische, in der er sich zu jedem St.-Pauli-Spiel mit Freunden trifft. Denn St. Pauli ist mehr als nur Fußball, es ist ein Zuhause für Gleichgesinnte. Ein Mythos, der schöner denn je seine Anhänger verzaubert.

Vor allem die Gegengerade - 1986 als "Provisorium" aufgestellt - wirkt so ganz anders als all die teuren Arenen, die im Zuge der WM 2006 gebaut wurden. "Der große Unterschied ist die Stimmung", sagt Heike. "Sie ist lockerer und entspannter als anderswo - wie in einem großen Wohnzimmer oder auf einer Gartenparty, auf der du herumläufst und Leute triffst. Die Fans sind leidenschaftlich, aber nicht aggressiv." Wie bei einem großen Karnevalsumzug, bei dem fast alle als Piraten verkleidet sind, und an dessen Ende ein Gewinner gekürt wird.

Manchmal nimmt die Gruppe um Heike und Helmut auch gegnerische Fans mit - auf der Gegengeraden völlig gefahrlos. Überhaupt die Fans: Am Millerntor haben viele Dinge ihren Anfang genommen, die international Beachtung finden. So schleppte der Hafenstraßenbewohner Doc Mabuse 1986 erstmals eine Totenkopfflagge mit ins Stadion - es wurde das erste von Fans erfundene Vereinslogo. Und 1988 erblickte der "Millerntor Roar" das Licht der Welt - das erste Fanzine in Deutschland. Zuletzt stimmten die Fans in der Mitgliederversammlung 2007 dafür, dass das Millerntor seinen Namen behalten muss und niemals zur "Easy-Credit-Arena" oder ähnlich verkommt. Das Millerntor, benannt nach dem früher hier befindlichen Stadttor, ist auch nach dem Bau der teuren Südtribüne und dem der neuen Haupttribüne, die zur Saison 2010/2011 stehen soll, das Symbol für den maroden FC St. Pauli: Als das Stadion 1961 gebaut wurde, hatte man die Drainage vergessen ... Die Fans werden nie vergessen, für wen sie jubeln und was ihre Spieler sind: die Freibeuter der Liga, die einem armen Stadtteil an guten Spieltagen das Ego eines Millionärs geben können.

In den letzten Minuten vor dem Anpfiff wird keine Musik und keine Werbung gespielt, damit die Fans sich einsingen können. "Mein schönstes Spiel hier war der 3:1-Sieg gegen Werder Bremen 2006", sagt Helmut. "Die größte Überraschung, die der FC St. Pauli jemals geschafft hat. Ich war so bewegt, dass ich zu Hause meiner heutigen Frau gleich einen zweiten Heiratsantrag gemacht habe."

Das ist der FC St. Pauli: ein Verein mit viel Liebe und ein ganz großes Fest.

Erlebnis

FC St. Pauli Kartencenter,

Auf dem Heiligengeistfeld, 20359 Hamburg

Tel.: 040/31 78 74-51/-56

Öffnungszeiten: Mo-Fr 10 bis 19 Uhr, Sa 10 bis 15 Uhr. Das nächste Heimspiel findet am 29.11. gegen den 1. FC Union Berlin statt.

ÖPNV: U 3, Haltestelle St. Pauli oder Feldstraße.

Geeignet für alle, die Fußball, Bier, Totenköpfe und AC/DC mögen.