Hamburg. St. Paulis 1,72 Meter kleiner Mittelfeldspieler zeigt neue Qualitäten und verrät seine Affinität zum Schach.

Es war die Szene des Trainings am Mittwochmittag beim FC St. Pauli. Von rechts schwebte ein Flankenball über Torwart Robin Himmelmann hinweg, am zweiten Pfosten lauerte ganz allein Mats Möller Daehli und beförderte den Ball per Kopf ins Tor. Sofort riss der Norweger beide Arme nach oben und lachte voller Freude. „Ich genieße das“, sagte der 24 Jahre alte Mittelfeldspieler später im Gespräch.

Alltäglich sind solche Treffer für ihn bei seiner Körpergröße von 1,72 Metern allein schon aus biologischen Gründen nicht. „Im Profifußball habe ich noch nie in einem Spiel ein Tor mit dem Kopf erzielt“, berichtete er. Umso mehr freute er sich darüber, dass ihn die Trainingskiebitze nach der Einheit am Mittwoch als „Kopfballungeheuer“ bezeichneten.

Möller Daehli an der Hälfte aller vom FC St. Pauli erzielten Treffer direkt beteiligt

Das Ziel, grundsätzlich mehr Tore zu erzielen, verfolgt Möller Daehli allerdings seit Langem. „Im Training läuft es schon ganz gut, in den Spielen muss es noch besser werden. Ich habe noch mehr Potenzial in mir. Mein Gefühl ist, dass ich noch nicht bei 100 Prozent bin“, sagte er. Bisher zeigt er seine Klasse vor allem in der Vorbereitung von Treffern. So stehen in dieser Saison für ihn ein selbst erzieltes Tor und sechs direkte Torvorlagen zu Buche.

Möller Daehli war damit an genau der Hälfte aller vom FC St. Pauli erzielten Treffer direkt beteiligt. Damit steht er ligaweit auf dem geteilten sechsten Platz. Nach den Bewertungen des Fachmagazins „Kicker“ liegt er mit einer Durchschnittsnote von 2,35 sogar weiterhin an der Spitze aller Spieler.

„Das bedeutet mir nicht so viel“, sagte er. Gleichwohl ist es ein Beleg für seine in dieser Saison bisher gezeigte Konstanz und körperliche Stabilität. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Vielmehr hatte er oft nach harten Belastungen aussetzen müssen. „Ich fühle mich körperlich besser und besser. Im Moment ist es noch besser als am Anfang der Saison“, sagte er.

Möller Daehli hofft, wieder in Norwegens Nationalteam berufen zu werden

Das führt aber auch dazu, dass er während eines Spiels besonders viel läuft – im Schnitt 11,92 Kilometer pro 90 Minuten – und von seiner Position im zen­tralen Mittelfeld auch gern Ausflüge auf die Außenbahnen macht. „Gegen Darmstadt habe ich vielleicht zu viel gewollt und hätte mehr auf meiner Position bleiben sollen“, sagte er mit einem selbstkritischen Blick auf das 0:1 am vergangenen Sonnabend. „Uns fehlte im letzten Drittel ein wenig an Qualität bei den Abschlüssen. Manchmal haben wir geschossen, als wir besser einen Pass gespielt hätten – und auch umgekehrt.“

Jetzt aber geht der Blick nach vorn auf das Auswärtsspiel am Sonntag beim 1. FC Heidenheim, wo St. Pauli alle bisherigen fünf Auswärtsspiele verloren hat. „Statistik ist nicht so wichtig. Wir haben neue Spieler dabei und gute Möglichkeiten“, sagte Möller Daehli, der weiter hofft, alsbald wieder ins Nationalteam Norwegens berufen zu werden. „Ich kann mich nur mit meiner Leistung profilieren und hoffen, dass es gesehen wird. Was ich sage, spielt keine Rolle.“

Möller Daehli in der Schachabteilung des FC St. Pauli aktiv

Am Ende des Gesprächs verriet Möller Daehli, dass er schon zweimal in der Schachabteilung des FC St. Pauli aktiv geworden ist und an Trainingsabenden einige Blitzpartien gegen Mitglieder der Abteilung bestritten hat. „Ich habe fast alle verloren“, gab er zu. Vielleicht könnte er vom weltbesten Schachspieler ein wenig Nachhilfe bekommen, schließlich ist Magnus Carlsen ein Landsmann von ihm.

„Ich kenne ihn sogar ein bisschen“, berichtete Möller Daehli kürzlich. Als Carlsen im Oktober vergangenen Jahres ein Simultanturnier in Hamburg bestritt, trafen sich die beiden. Schon weit bevor Möller Daehli im Januar 2017 zum FC St. Pauli kam, hatte Carlsen seine Sympathien für den Kiezclub bekundet.

St. Pauli bangt um Miyaichi, Ohlsson und Lawrence

Viel Betrieb herrschte am Mittwoch beim Training des FC St. Pauli. 21 Feldspieler tummelten sich beim Trainingsspiel auf einem verkleinerten Platz, wobei Mittelfeldtalent Finn Ole Becker als Ballverteiler jeweils für das Team agierte, das in Ballbesitz war und somit in Überzahl agierte. Die gute Beteiligung konnte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass einige Stammspieler nicht dabei waren und daher für das Auswärtsspiel am Sonntag beim 1. FC Heidenheim auszufallen drohen.

Dies betrifft vor allem den offensiven Außenbahnspieler Ryo Miyaichi, der aus dem Heimspiel gegen Darmstadt (0:1) eine Knieprellung davongetragen hatte und am Mittwoch ebenso nur ein individuelles Programm absolvieren konnte wie Abwehrchef James Lawrence, der gegen Darmstadt – ebenfalls aufgrund von Kniebeschwerden – vorzeitig ausgewechselt werden musste. Zudem konnte Außenverteidiger Sebastian Ohlsson nur Teile des Teamtrainings mitmachen.