Es ist gar nicht so einfach, zwei Hauptsätze mit den richtigen Satzzeichen zu verbinden.

Der Regen hat aufgehört. Die Sonne scheint. Das Wetter ist wieder schön. Ich gehe mit dem Hund spazieren. Was ist das? Sagen wir: Der Aufsatz einer Grundschülerin, bei dem Mutter kräftig geholfen hat, obwohl sie nicht helfen durfte.

Immerhin stimmt die Rechtschreibung, und jeder Satz hat ein Prädikat (Satzaussage) und einen Satzgegenstand (Subjekt). Es sind also vier selbstständige Hauptsätze entstanden. Diese Hauptsätze müssen voneinander getrennt werden, damit wir wissen, wo der eine anfängt und der andere endet. Deshalb setzen wir als Satzzeichen jeweils einen Punkt zwischen die Hauptsätze. So weit, so gut.

Deutschstunde: Satzzeichen – Er kam, sah und stolperte über das Komma

Trotzdem klingt das Ganze abgehackt wie die C-Dur-Tonleiter in der ersten Klavierstunde. Mutter schlägt vor, aus dem vorderen Hauptsatz einen Nebensatz zu machen und die Vorgänge zeitlich zu ordnen nach dem Motto: erst der Regen, dann die Sonne. Dazu muss der neue Nebensatz mit dem Hauptsatz verbunden werden, und zwar durch ein Bindewort (Konjunktion).

Wir wählen die unterordnende temporale (zeitliche) Konjunktion „nachdem“ und bilden einen Temporalsatz: „Nachdem“ der Regen aufgehört hat, scheint die Sonne. Zwischen einem Nebensatz und einem Hauptsatz darf hier jetzt kein Punkt stehen, aber zwingend ein Komma.

Machen wir auch die letzten beiden Sätze etwas flüssiger im Stil. Diesmal benutzen wir die kausale (begründende) Konjunktion „weil“ und bilden einen Kausalsatz, einen Nebensatz der Begründung: „Weil“ das Wetter wieder schön ist, gehe ich mit dem Hund spazieren.

Schmachthagens Deutschstunde: Wieso ein Komma so wichtig ist

Das Komma darf nicht weggelassen werden. Falls wir den Nebensatz jedoch in den Hauptsatz einfügen, wenn also vor und nach dem Nebensatz ein Teil des Hauptsatzes steht, müssen wir sogar zwei Kommas setzen: Ich gehe endlich, weil das Wetter wieder schön ist, mit dem Hund spazieren. Ein eingeschobener Nebensatz wird in Kommas eingeschlossen.

Achten Sie darauf: Ein Nebensatz, der in der Bedeutung eine Ebene tiefer angesiedelt ist, beginnt nicht nur mit einem Komma, er endet auch mit einem Komma, wenn der Hauptsatz danach fortgeführt wird. Häufig ersetzen die Konjunktionen „und“, „oder“ und „sowie“ ein Komma zwischen den Sätzen – aber nicht bei einem eingeschobenen Nebensatz: Vater, der Urlaub hat, und Mutter gehen spazieren. Der Hauptsatz lautet: Vater „und“ Mutter gehen spazieren, der Relativsatz (Bezugswortsatz) ist eingeschoben. Demnach steht das Komma nicht vor „und“, sondern als schließendes Satzzeichen nach (!) dem Nebensatz.

Zwei oder mehrere Hauptsätze können statt eines Punktes allerdings auch durch ein Komma getrennt werden, zumal dann, wenn sie inhaltlich eng zusammengehören: Ich kam, ich sah die Bescherung, und ich sagte ihm meine Meinung.

Peter Schmachthagen: „Der selbstständige Hauptsatz braucht auch ein Subjekt“

Ein Hauptsatz ist dadurch definiert, dass er ein gebeugtes (finites) Verb enthält. Das ist hier jeweils der Fall (kam, sah, sagte). Ferner sollte im Allgemeinen ein Subjekt vorhanden sein. Das ist ebenfalls durch das jeweilige Pronomen (Fürwort) „ich“ gegeben. Strittiger erscheint die Frage, ob die Konjunktion „und“ zwischen zwei Haupt­sätzen das Komma ersetzt. Nach alter Rechtschreibung musste trotz des „und“ ein Komma stehen, nach neuer Rechtschreibung kann ein Komma stehen, muss aber nicht. Empfehlung: Zeigen Sie, dass Sie die Satzkonstruktion (Syntax) durchschauen, und setzen Sie ein Komma!

Drei andere Hauptsätze: Er kam, sah und siegte. Wir entdecken drei gebeugte Verben, aber es fehlt zweimal das Subjekt der Langform: Er kam, er sah, und er siegte. Die beiden letzten Sätze in der Kurzform sind elliptische (unvollständige) Sätze, denen scheinbar etwas Entscheidendes fehlt: das Subjekt.

Merke: Der selbstständige Hauptsatz braucht nicht nur ein gebeugtes Verb, sondern eigentlich auch ein Subjekt. Trotzdem handelt es sich bei „Er kam, sah und siegte“ um drei Hauptsätze, bei denen die beiden letzten das Subjekt aus dem ersten Satz („er“) mitbenutzen, ohne es zu nennen. Diese Stilfigur ist eine Ellipse (Einsparung von Redeteilen) – und bei einer Ellipse steht natürlich kein (!) Komma vor dem „und“. Ein Komma würde den Satz ja von seinem Subjekt weit vorn trennen.

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