Hamburg. Fraktion fordert Enquete-Kommission zur Zukunft des Landesparlaments. Fraktionschef Trepoll muss bisherige Position revidieren.

In der Debatte über eine Reform der Bürgerschaft rückt die CDU offenbar von ihrem kategorischen Nein zu einer Umwandlung in ein Vollzeitparlament ab. „Bisher war es unsere Haltung als CDU-Fraktion, dass die Vorteile eines Teilzeitparlaments überwiegen“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll am Donnerstag. „Jedoch muss man sich damit auseinandersetzen, dass es für einen Abgeordneten mit weiter anwachsenden Herausforderungen und Aufgaben immer schwieriger wird, Mandat, Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bekommen.“ Daher wolle seine Fraktion „dem Wunsch der anderen Fraktionen nach einer intensiven Debatte über das Für und Wider einer Umwandlung der Bürgerschaft in ein Vollzeitparlament nachkommen“.

Dafür schlage die CDU „die Einrichtung einer Enquete-Kommission vor“, so Trepoll. „Diese soll eine Empfehlung für die kommende Wahlperiode erarbeiten und dabei neben der Fragen Umwandlung von einem Teilzeit- in ein Vollzeitparlament auch über ein mögliches Optionsmodell beraten, bei dem die Abgeordneten selbst entscheiden können, ob sie Vollzeit oder Teilzeit mit größerer Unterstützung ihr Mandat ausüben wollen. Egal wie mögliche Änderungen aussehen, am Ende muss voraussichtlich die Verfassung geändert werden und dafür braucht es eine überparteiliche Mehrheit.“

Kritik an Aussagen Trepolls

Zuletzt hatte Trepoll stets betont, dass er für den Fortbestand des Teilzeitparlamentes sei, da es gut sei, wenn Abgeordnete außerdem berufstätig seien und so „mit beiden Beinen im Leben“ stünden. Dabei hatte Trepoll auch die Grünen kritisiert, deren Spitzenvertreter sich für eine Umwandlung der Bürgerschaft in ein Vollzeitparlament ausgesprochen hatten.

Nach Abendblatt-Informationen gab es jedoch bei der CDU-Fraktionssitzung am Montag auch Kritik an diesen öffentlichen Aussagen Trepolls. Viele Abgeordnete klagten über massive Arbeitsverdichtung und plädierten dafür, eine offene Diskussion nicht nur über eine bessere finanzielle Ausstattung der Abgeordneten, sondern auch über eine Umwandlung der Bürgerschaft in ein Vollzeitparlament zu führen. „Bereits vor meinem Einzug in die Bürgerschaft habe ich mich öffentlich für ein Vollzeitparlament ausgesprochen“, sagte etwa CDU-Familienpolitiker Philipp Heißner. „In den letzten Jahren wurde ich als Abgeordneter in dieser Position noch bestärkt. Der Status quo ist eine Lebenslüge, da sich das sogenannte Teilzeitmandat schlicht nicht in Teilzeit erledigen lässt.“

Sein Fraktionskollege, der Hochschul- und Digitalwirtschafts-Fachsprecher Carsten Ovens sagte: „Der Anspruch an das Landesparlament hat sich im Laufe der Jahre deutlich gewandelt. Persönlich finde ich es daher wichtig, offen darüber zu diskutieren, welche Reformen notwendig sind, um die Qualität der parlamentarischen Arbeit auch in Zukunft zu gewährleisten.“

Hamburger Abgeordnete am schlechtesten ausgestattet

CDU-Rechtspolitiker Richard Seelmaecker wies darauf hin, dass die Hamburger Abgeordneten finanziell und bei der Unterstützung durch Mitarbeiter bundesweit am schlechtesten ausgestattet seien. „Wünschenswert wäre daher zunächst eine Verbesserung der Ausstattung“, sagte Seelmaecker dem Abendblatt. „Außerdem halte ich auch eine Anpassung der Entschädigung für angezeigt. Denn sicherlich leisten meine Kollegen in Hamburg nicht weniger als die Kollegen in Berlin oder Bremen. Wenn wir gute Arbeit von unseren Abgeordneten erwarten und Qualität anstreben, dann müssen wir dafür sorgen, dass die Entschädigung ihnen auch die Möglichkeit bietet, die berufliche Tätigkeit ein Stück zurückzunehmen, um sich ordentlich um die Belange der Bürger kümmern zu können.“

Die Linken unterstützten am Donnerstag zwar die Forderung nach einer offenen Debatte über eine Reform der Bürgerschaft, kritisierten aber den Vorstoß des CDU-Fraktionschefs. „Herr Trepoll hat ja recht, so wie es ist, kann es nicht bleiben“, sagte Linken-Fraktionschefin Sabine Boeddinghaus. „Eine umfassende Reform unseres Parlaments muss aber im richtigen Rahmen, mit ausreichend Zeit und viel Expertise behandelt werden. Schnellschüsse und Profilierungsversuche helfen da nicht weiter. Ob zum Beispiel eine Enquete-Kommission der richtige Ort und die nur noch ein gutes Jahr laufende Wahlperiode der richtige Zeitrahmen dafür ist, darüber kann man sehr geteilter Meinung sein.“ Auch „Bedingungen und Vorfestlegungen etwa auf Optionsmodelle“ würden dieser wichtigen Frage nicht gerecht, so Boeddinghaus. „Schließlich geht es nicht nur um Arbeitszeiten und Entlohnung sondern um die Frage, wie unser Landesparlament so gestärkt werden kann, dass es endlich seinen Auftrag als demokratisches Kontrollorgan auch bei sehr komplexen Vorgängen wie zum Beispiel der Elbphilharmonie oder der HSH-Nordbank effektiv erfüllen kann.“