Wuppertal/Hamburg. Der Olympia-Dritte von London besiegte im letzten Kampf des „kleinen Finales“ Nikita Dibrin vom russischen Team Boets Tjumen.

Bronze bei Olympischen Spielen hat er gewonnen, auch bei Weltmeisterschaften. Doch als Dimitri Peters am Sonnabendnachmittag in der Uni-Halle Wuppertal auf die Matte geht, ist es, als liege die Last der ganzen Welt auf seinen Schultern. „Natürlich habe ich den Druck gespürt, immerhin ging es darum, meine Mannschaft glücklich zu machen. So etwas schüttelt man nicht so einfach ab“, sagt der 33-Jährige, nachdem er dem Hamburger Judo-Team (HJT) bei der Club-Europameisterschaft die Bronzemedaille gerettet hat.

Peters, dieser in Russland geborene Bär, hat seine internationale Karriere im Schwergewicht im vergangenen Jahr beendet, um eine Ausbildung bei der Berufsfeuerwehr zu beginnen. Mit Retten kennt er sich also aus, aber um den Mann zu bewegen, der ihm gegenübersteht, wäre ein Rettungskran notwendig. 140 Kilogramm wiegt Nikita Dibrin vom russischen Team Boets Tjumen, und obwohl Peters ihn mit seinen kräftigen Pranken packt und schüttelt, wankt er in der regulären Kampfzeit nicht einmal. „Zwischendurch kamen mir schon komische Gedanken, dass es so nichts werden kann mit der Medaille“, sagt er später, „aber ich habe gespürt, dass er immer mehr pumpte, je länger der Kampf dauerte.“

Nach 25 Sekunden zwingt er Dibrin in den Bodenkampf

Die Zeit ist Peters’ Gefährte an diesem Nachmittag. Weil er sich in die Verlängerung kämpft, in der die erste Wertung („Golden Score“) entscheidet, sind es letztlich seine größeren Kraftreserven, die Bronze bringen. Nach 25 Sekunden zwingt er Dibrin in den Bodenkampf, und wer einmal dort lag zwischen seinen Schenkeln, der weiß, dass es schweres Gerät bräuchte, um aus der Umklammerung herausgeschnitten zu werden. So ergeht es auch dem Russen, der aufgeben muss. Ippon für Peters, der entscheidende Punkt zum 3:2 ist gesichert. Am Rande der Matte fallen sich die Teamkollegen, Cheftrainer Slavko Tekic und Manager Thomas Schynol in die Arme.

„Diese Medaille ist die Krönung einer überragenden Saison“, sagt Schynol, „aber so spannend hätte es nicht sein müssen.“ Tatsächlich beginnt der Finaltag bei der ersten Teilnahme am europäischen Wettbewerb in der Vereinsgeschichte für den deutschen Meister von 2016 und 2017 mit einer Enttäuschung. Das Los beschert Tekics Auswahl in der ersten Runde gleich den Topfavoriten, Edelweiß Grosny aus Tschetschenien, der am Ende souverän Gold holt. 1:4 geht der Auftakt verloren, so dass die Hamburger, denen der am Schambein verletzte Weltmeister Alexander Wieczerzak (Klasse bis 81 kg) fehlt, in die Trostrunde müssen.

Slavko Tekic gilt als Vater des Erfolgs

Dort gelingen, dank überragender Auftritte von Orkhan Safarov (bis 66 kg), Dominic Ressel (bis 81 kg) und Peters, Siege über AJA Paris (4:1) und den tschechischen Vertreter SKKP Brünn (3:2), die die Teilnahme am Kampf um Bronze sichern. Gegen Boets Tjumen liegt Hamburg nach Safarovs Sieg sowie den Niederlagen des am linken Ellbogen verletzten Anthony Zingg (bis 73 kg) und Ressel 1:2 hinten, ehe Krisztian Toth (bis 90 kg) und Peters die Wende schaffen und ihren Trainer in die Achterbahn der Emotionen zwingen.

Slavko Tekic gilt als Vater des Erfolgs, seine Kämpfer preisen ihn als einen der weltbesten Trainer. Dass sein Team nach dem nationalen Titel nun auch international die angepeilte Medaille gewonnen hat, macht den 47-Jährigen glücklich. „Es wird aber noch dauern, bis ich das realisiert habe“, sagt er, „ich bin so stolz auf meine Jungs, sie sind wieder als Einheit aufgetreten und haben alles herausgeholt.“ Diese mannschaftliche Geschlossenheit ist das, was das HJT auszeichnet, und sie soll im kommenden Jahr noch ausgebaut werden. „Wir werden alle Spitzenkämpfer halten und uns punktuell noch weiter verstärken“, sagt Tekic. Bis Januar wird nun aber pausiert, ehe es ins Trainingslager nach Österreich geht.

2018 darf das HJT in der Golden League antreten

Arbeit gibt es für Tekic, Schynol und HJT-Präsident Rainer Ganschow bis dahin genug. „Wir wollen uns weiterentwickeln. Diese Saison ist zwar kaum zu toppen, aber wir können noch besser werden“, sagt Ganschow. Vor allem die Strukturen müssen optimiert werden. Die neue Judohalle, die am Olympiastützpunkt in Dulsberg geplant ist, soll ein Meilenstein werden, am 18. Dezember ist der Spatenstich geplant. Mit dem Uhrenhersteller Tag Heuer konnte ein neuer, potenter Sponsor gewonnen werden, der dabei helfen wird, den Kader zu verstärken.

Dimitri Peters freut sich darüber. 2018 darf das HJT als Medaillengewinner bei der Club-EM in der eine Kategorie höher angesiedelten Golden League antreten, zudem muss die Ausnahmestellung in Deutschland behauptet werden. „Wir brauchen Verstärkung“, sagt der Bronze-Retter, „aber wenn wir weiter so zusammenhalten, werden wir noch viel zu feiern haben.“