Husum. Nach Südamerika und Australien plant Freya Hoffmeister die Umrundung des dritten Kontinents. 50.000 Kilometer Abenteuer liegen vor ihr.

Von Kanada bis Panama! Das klingt erst mal wie ein lustiges Kinderbuch von Janosch, ist aber ein Projekt, das wohl härter wird als alle Projekte zuvor. Zumindest für eine Frau und ihr Paddelboot. Dafür sprechen allein die Zahlen: ein Kontinent, 50.000 Kilometer, acht bis zehn Jahre – von Kanada bis Panama eben. Das heißt: Freya Hoffmeister, Ex­trem-Paddlerin aus Husum (Schleswig-Holstein), will in diesem Jahr ein neues Kapitel in ihrer nicht gerade kapitelarmen Vita aufschlagen.

Die 52-Jährige plant die dritte Umrundung eines Kontinents. Nach Australien und Südamerika will sie nun mit ihrem Hochseekajak Nordamerika bezwingen – inklusive Nord-West-Passage und Hudson Bay im Norden sowie dem Golf von Mexiko und dem Panamakanal im Süden. Start wird Ende März in Seattle an der amerikanischen Westküste sein, die erste Etappe soll bis August dauern und nordwärts bis nach Anchorage (Alaska) führen.

Vom Polarkreis bis zu den Tropen

„Ich freue mich auf die Abwechslung“, sagt Hoffmeister. „Vom Polarkreis bis zu den Tropen ist ja diesmal alles dabei.“ Die reine Distanz, der offene Ozean, die mitunter klirrende Kälte und die lange Dauer ihres Trips beunruhigen die Sportlerin dabei aber nur halb so sehr wie die zu erwartende Tierwelt: Mit Schwarz-, Braun-, Grizzly- und Eisbären trifft sie an Land auf die Top-Raubtiere des Kontinents.

Freya Hoffmeister im Dezember 2009 in Melbourne nach ihrer Australien-Umrundung.
Freya Hoffmeister im Dezember 2009 in Melbourne nach ihrer Australien-Umrundung. © dpa | Philip Dyer - Handout

Und da sie wie bei ihren vorangegangenen Abenteuern beabsichtigt, auch in entlegenen Winkeln zu zelten, ist Muffensausen durchaus dabei. Auch vor den Orca-Familien auf See. „Ich werde mir wohl eine Waffe besorgen, vor allem für das Eisbärenrevier im Norden.“ Das hatte sie zuvor trotz einschlägiger Tierbegegnungen nie in Erwägung gezogen. Immerhin ist ihr Kajak in Australien schon von Haien attackiert worden, in Südamerika schlitzten Schildkröten bei der Eiablage ihr Zelt auf.

Expedition um Nordamerika

Eine große Herausforderung sei erneut die Vorbereitung. Wie so oft plane sie ihre neue Tour strategisch am Schreibtisch in Husum, mal wieder sind Genehmigungs- und Logistikfragen zu klären. Geändert hat sich nach einer Trainingsrunde“ um Irland allerdings ihr Körpergefühl: „Ich merke jetzt schon, dass ich nicht mehr die Jüngste bin“, sagt sie. Was Freya Hoffmeister nicht daran hindert, die Frage nach dem unumgänglichen „Warum?“ mit ihrer obligatorischen Gegenfrage zu beantworten: „Warum steigen Menschen auf Berge? Weil sie da sind.“

Diese Expedition um Nordamerika soll dennoch weniger generalstabsmäßig ablaufen als ihre zwei anderen Kontinentalumrundungen. Denn wenn sie die 23 000 Kilometer lange und vier Jahre dauernde Südamerika-Runde eines gelehrt habe, dann dies: Nicht alles ist planbar. Seinerzeit musste sie in Brasilien mit nicht heilen wollenden Wunden eine Zwangspause einlegen; statt drei benötigte sie am Ende vier Jahre für die Tour.

Kajak gegen Kälte auspolstern

„Deshalb nehme ich mir jetzt vor, in acht bis zehn Jahren Nordamerika umrundet zu haben.“ Das genau zu sagen, sei allerdings unmöglich. Mit 50 000 Kilometern ist diese Reise länger als beide zuvor absolvierten Kontinent-Umrundungen zusammen. Vorgesehen sind drei bis fünf Paddelmonate pro Jahr, dazwischen will sie ihre Geschäfte in Husum führen. Nur eines scheint schon jetzt klar: Sie wird mal wieder der erste (und vermutlich letzte) Mensch sein, der sich auf solch ein Wahnsinnswagnis einlässt.

Begleitet wird Freya Hoffmeister nur von ihrem 25 Kilogramm schweren Boot und weiteren 75 Kilogramm Gepäck. Ihre Ausrüstung besteht aus Küstenkarten, Verpflegung, Wasser, Klamotten, Zelt, einem GPS-Gerät, einem Satellitentelefon und einem Funksender für die Ortung im Notfall. Anders als sonst wird sie mit zwei Kajaks unterwegs sein, die an den jeweiligen Etappenzielen deponiert werden. Eines für den Norden („Das werde ich wohl auspolstern gegen die Kälte.“) und eines für den Süden. Ihre Losung für die Reise lautet: „Never stop starting – never start stopping!“