Kostbar wie Gold entwickelt sich das exotische Oud zur It-Ingredienz von Düften. Trotz oder wegen seines animalischen Aromas. Es polarisiert.

Für die einen ist es der Himmel auf Erden, die anderen empfinden es als Teufelsgebräu aus der Mitte der olfaktorischen Hölle. Oud ist nichts für zarte Nasen. Oud (man spricht es „Uhd“) ist so eine Art Lady Gaga unter den Parfum-Ingredienzien, ein It-Girl, das Fans durch seine provokative Note entzückt und Gegner zurückzucken lässt – zu starker Tobak.

Agarholz, auch Adlerholz genannt, ist mit seiner animalischen Aura der Trend-Stoff de rigeur, der immer mehr Parfums beigemischt wird.

Wer komplexe, facettenreiche orientalische Düfte liebt, empfindet den ungeheuer kostbaren Rohstoff, der dem Goldpreis in nichts nachsteht, als balsamisch, cremig, karamellig-rauchig oder warm und holzig; er zieht sie magisch an. Menschen, deren limbisches System (steuert Gefühle und Erinnerungen unbeeinflusst vom Verstand) bei leichten, frischen Duft-Eindrücken Glückshormone ausschüttet, beschreiben Oud eher als eine Art Miau-Mix, kurz: Katzen-Pipi.

Oud polarisiert.

Das intensive, ebenso besänftigende wie provokante Aroma dient in der Golfregion seit mehr als 2000 Jahren als Räuchermittel und entwickelte sich zum Basis-Bestandteil reicher arabischer Duftkreationen. Der arabische Begriff el-oud bezieht sich auf den Zweig des Aquilaria-Baums, der jenes Harz produziert, um sich vor Schimmel zu schützen.

Westlichen Parfumeuren und deren Kunden zum Wohlgefallen feiern Oud-Aromen einen Siegeszug – nicht nur bei Nischen-Labels; auch große kommerzielle Marken setzen auf den Trend. Da der Inhaltsstoff teuer ist, kosten die Parfums gerne mal um 200 Euro.

Mit „New York Oud“ von Bond No.9 und „Incense Oud“ by Kilian kommen im April zwei Newcomer in Deutschland auf den Markt.

„New York Oud“ ist machtvoll – statt der üblichen Dosis von 20 Prozent in Eaux de Parfums enthält der Duft eine Konzentration von 30 Prozent. Herznote: ein üppiges Bouquet aus Rosen, das sich im Fond mit moschusgetränktem Teakholz und erdigem Vetiver zu einem lang anhaltendem Akkord mischt.

Parfum-Designer Kilian Hennessy (aus der gleichnamigen Pariser Luxus-Dynastie) präsentiert in seiner „Arabian Nights Collection“ eine dritte Variation des Themas:

„Incense Oud“ (nach „Rose Oud“ und „Pure Oud“) ist eine sinnlich-ausdrucksstarke Weihrauch-Kombination.

Zu den Trendsettern gehören außerdem: „Caron Secret Oud“ aus Paris, das auf einen Mix mit Rosen und Jasmin setzt, „Precious Oud Perfume for Women“ des amerikanischen Beauty-Labels Trish McEvoy, „Midnight Oud“ des Nischenlabels Juliette has a Gun (exklusiv bei Colette in Paris). Jo Malone (gehört zum Estée Lauder Konzern) offeriert in seiner „Intense“-Kollektion „Oud & Bergamotte“.

Der Parfumeur Pierre Montale ist Serientäter; er schuf gleich einen mehrköpfige Duftfamilie: „Oud Rose Pétales“, „Oud Lime“, „Royal Oud“, „Black Oud“, „White Oud“ und „Steam Oud“ (alle von „Montale“).

Auch die etablierten mischen mit im Orient-Express: Von Giorgio Armani gibt es „Oud Royal“. Dior entführt mit „Leather Oud“ in die Märchenwelt aus 1001 Nacht und Thierry Mugler liebt nicht nur Lady Gaga, sondern baut den Power-Wirkstoff auch in sein Parfum „Miroir des Voluptés“ ein – womit sich der Kreis zu It-Girls und It-Ingredienzien wieder schließt.

Der Tipp für Anfänger, die erst mal reinschnüffeln wollen: Die Duftkerze „Oud Wood“ aus der Private-Blend-Kollektion von Tom Ford. Rosenholz, Kardamom und chinesischer Pfeffer verbinden sich mit einem rauchigen Akkord aus Adlerholz, Sandelholz und Vetiver.

Wer genug hat: Einfach das Licht auspusten.