Über Jahre hinweg war der irische Rocksänger Rea Garvey Teil der Jury von „The Voice“. Jetzt spricht er über seinen Ausstieg aus der Sendung, neue Pläne und den harten Weg ins Showbusiness.

Es ist der Morgen nach dem Echo. Rea Garvey hat in diesem Jahr beim Musikpreis die Laudatio auf The BossHoss in der Kategorie „Gruppe Rock/Pop National“ gehalten – und danach ausgiebig gefeiert. „Die Uhrzeit auf einer Party ist wie mein Gewicht: Ich möchte es einfach nicht wissen“, sagt Garvey, als wir ihn in Berlin treffen.

Vor 14 Jahren veröffentlichte der 40-Jährige mit seiner Band Reamonn „Tuesday“ mit dem Hit „Supergirl“, er arbeitete mit Künstlern wie Xavier Naidoo, Nelly Furtado, Mary J. Blige und Paul van Dyk zusammen und war von 2011 bis 2012 Juror der Castingshow „The Voice of Germany“. Beweisen will sich der gebürtige Ire bei seinen Fans nun noch einmal neu. Mit seinem Album „Pride“, das in der vergangenen Woche erschienen ist.

Zum ersten Mal in seiner Karriere hat sich der Sänger dabei auf seine Wurzeln besonnen und sich von der Musik seiner Heimat inspirieren lassen. Der Weg dorthin sei kein leichter gewesen, wie Garvey sagt. Auch, weil er sich bisweilen selbst im Weg gestanden habe. „Wenn man sagt, Musik klingt irisch, haben die Leute sofort ein bestimmtes Bild im Kopf. Sie denken an irische Volksmusik. Und diesen Stempel wollte ich bisher immer vermeiden“, erklärt er. „So habe ich mich selber nicht gesehen. Als ich nach Deutschland kam, war ich kein irischer Musiker, sondern ein Rocksänger.“

Für das Album an Kneipenabende erinnert

Auch als er sich dieses Mal ins Studio begeben habe, habe er sich zunächst noch gegen die Musik seiner Väter gewehrt. Doch dann habe ihn eine Schaffenskrise auf den richtigen Weg geführt. „Ich hatte vergessen, dass Musik schreiben bedeutet, immer wieder eine andere Straße zu nehmen“, sagt er. „Ich bin ins Studio gegangen und habe gemerkt, dass ich das machen muss. Alles andere wäre in diesem Moment nicht echt gewesen. Und plötzlich habe ich es geliebt.“

Für das Album habe er sich an irische Kneipenabende erinnert, bei denen Musiker bis in den Morgen illegale Konzerte spielten. Auch habe er sich an Momente erinnert, die ihn geprägt hätten. Wie an diesen: „Ich war mit 13 sehr krank, meine Eltern dachten, ich sterbe. Mein Vater hatte acht Kinder, der hatte keine Zeit für Liebe. Er war genug damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass jeder in die Schule geht, und Geld für die Familie zu verdienen. Aber auf einmal hatten wir eine Beziehung zueinander“, sagt Garvey.

Prodzieren Castingshows noch echte Stars?

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg sei für ihn außerdem der Ausstieg bei „The Voice“ gewesen. „Ich habe gemerkt, wenn ich noch eine Show mache, brauchte ich noch mal drei Jahre, bis ich ein neues Album schreiben kann“, sagt er. Und obwohl ihm der Job sehr viel Spaß gemacht habe, habe er erschreckend viel über Fernsehen gelernt. „Das ist nicht immer schön”, sagt Rea Garvey. „Es ist eine Riesenmaschine, die in erster Linie von Quoten gesteuert wird – und darunter leidet manchmal die Qualität.“

Dass Castingshows echte Stars produzieren, glaubt er nicht. „Castingshow-Teilnehmer sind heute das, was früher Soap-Stars waren. Sie stehen auf Partys rum, und ich frage mich, wer das ist. Irgendwann sind sie dann alle im Dschungel und später mit irgendwem verheiratet“, sagt er. Nur wahre Musiker könnten eine Castingshow zu ihrem Vorteil nutzen: „Wenn man denkt, dass diese Shows einen zum Star machen, hat man das Prinzip nicht verstanden. Es ist eine Fernsehshow, die man ein- und wieder ausschaltet. Man kriegt davon etwas. Aber man darf sich nicht nur darauf verlassen.“