Pünktlich zum Asien-Besuch des US-Präsidenten plant Nordkorea einen neuen Atomtest

Für Nordkorea gibt es keinen größeren Erzfeind als die USA. Und so bereitet Pjöngjang sich – so scheint es – mit einer ganz besonderen Überraschung auf den anstehenden Besuch von US-Präsident Obama in Asien vor: Kim Jong-un plant offenbar einen neuen Atomtest.

Das vermuten zumindest Südkoreas und Amerikas Geheimdienste. Seit ein paar Tagen beobachten sie verstärkte Aktivitäten rund um ein unterirdisches Nukleartestgelände in Nordkorea. „Es gab sehr rege Bewegungen von Fahrzeugen und Personen in und um die Atomtestanlage in Punggye-ri“, sagte ein Informant aus Regierungskreisen der südkoreanischen Zeitung „Chosun Ilbo“.

Der südliche Tunnel scheine bereit für einen Test in naher Zukunft. Die letzte nukleare Probesprengung war im westlichen Tunnel von Punggye-ri durchgeführt worden. Doch anders als damals scheine zumindest bisher noch kein Tunnel mit der Sprengladung versiegelt. Es dürfte also noch einige Tage dauern, bis die Bombe gezündet werden kann. Anderen Quellen zufolge wurde nun, genau wie beim letzten Atomtest vor einem Jahr, ein großer Schirm am Eingang der Tunnel aufgestellt – möglicherweise eine Maßnahme, um ausländische Satelliten davon abzuhalten, Genaueres zu erkunden.

Allerdings sind die Nordkoreaner auch dafür berüchtigt, solche Aktivitäten nur zum Schein zu starten. Damit wollten sie in der Vergangenheit ihre Feinde an den Verhandlungstisch zwingen.

Am Freitag soll Barack Obama in Seoul landen und dort die ersten zwei Tage seiner oft verschobenen Asientour verbringen. Südkorea und die USA sind seit dem Koreakrieg Verbündete – eine Allianz, die Nordkoreas Regime über die Maßen ärgert und zu Hass- und Drohtiraden animiert. Der Besuch Obamas wäre die perfekte Gelegenheit, mit dem Atomsäbel zu rasseln. Ein neuer, vierter nordkoreanischer Atomtest wäre auch eher „politisch als technisch“ motiviert, erklärte das südkoreanische Verteidigungsministerium.

Der kommende Freitag wäre aus der Sicht des bis an die Zähne bewaffneten stalinistischen Staates auch deshalb passend, weil er just auf das Gründungsdatum seiner Armee fällt. Ein Test an diesem Tag wäre also gleich zweifach symbolisch – eine deutliche Botschaft ans eigene Volk wie nach außen.

Die atomare Bedrohung durch Pjöngjang ist eines der geplanten Hauptthemen bei den Gesprächen Obamas mit seinen südkoreanischen und japanischen Gesprächspartnern. Da könnte Kim Jong-un besonders geneigt sein, diese Bedrohung noch einmal anschaulich zu präsentieren und sein Land in aller Welt als das zu demonstrieren, was sich schon sein Vater gewünscht hat: als gleichberechtigte Atommacht.

Für die USA kommt aber genau das nicht infrage. Ein Test würde harte Sanktionen nach sich ziehen. Die Sechs-Parteien-Gespräche zur Denuklearisierung Nordkoreas waren 2009 ins Leere gelaufen und ausgesetzt worden. Seitdem scheiterten Versuche, sie neu zu beleben, an Streitpunkten zwischen Washington und Pjöngjang über die Voraussetzungen, die Nordkorea liefern müsse, um neue Verhandlungen zu starten.

Ob Kim Jong-un am Freitag wirklich eine neue Bombe testen wird oder nur blufft, darüber sind die zahlreichen Experten nicht ganz einig. Eines aber steht fest: Er will – wieder einmal – die Aufmerksamkeit der Welt auf sein kleines, marodes Land lenken: Seht her – und nehmt uns ernst.