Die Befürworter von Winterspielen in München erleiden eine klare Niederlage. Neue Chance für Berlin?

Die Strahlkraft Olympias hat nicht gereicht. Es war kurz nach 19 Uhr, als die Befürworter olympischer Winterspiele 2022 in München ihren großen Traum bereits begraben mussten. Aus Garmisch-Partenkirchen wurde ein krachendes „Nein“ gemeldet, damit war besiegelt: Es wird keine Bewerbung geben. Von Beginn an war klar gewesen: Ein Negativ-Votum der Bürger bei nur einem der vier Partner bedeutet das Aus für die Anstrengungen. Am Ende wurde es dann sogar ein Debakel – 0:4 bei den Bürgerentscheiden in den vier betroffenen Kommunen. In Deutschland wird es damit aller Voraussicht nach keine zweiten Winterspiele nach 1936 geben – und mittelfristig höchstens eine Bewerbung um olympische Sommerspiele.

Der Münchner Oberbürger Christian Ude sprach sogleich Klartext. „Es ist eine klare Niederlage erlitten worden“, sagte er, „damit ist die Bewerbung gescheitert.“ Und er ergänzte, dies gelte „nicht nur für 2022, sondern nach meiner persönlichen Einschätzung dauerhaft.“ Die Stimmung in Deutschland sei gegen sportliche Großereignisse.

„Wir sind sehr enttäuscht, das hat uns sehr überrascht“, sagte DOSB-Generalsekratär Michael Vesper. Der designierte DOSB-Präsident Alfons Hörmann sagte, es sei nun Klarheit geschaffen, jetzt sei darüber zu diskutieren, „wie wir den deutschen Sport in eine erfolgreiche Zukunft führen können“. Zunächst werde der deutsche Sport „tendenziell“ in der Basisarbeit geschwächt.

Es sei „traurig. Eine große Niederlage für den Sport in Deutschland“, sagte eine geknickte Doppel-Olympiasiegerin Maria Höfl-Riesch beim Blick auf die Ergebnisse. „Das war unsere Chance, die wir leider vergeben haben. Die Tür zu den Winterspielen in München ist zu und bleibt wahrscheinlich verschlossen“, ergänzte Markus Wasmeier, Doppel-Olympiasieger von 1994. Beide hatten sich vehement für München eingesetzt.

Insgesamt waren in München, Garmisch-Partenkirchen sowie in den Landkreisen Berchtesgadener Land und Traunstein knapp 1,3 Millionen Wahlberechtigte aufgerufen, ihre Stimme zu einer zweiten Bewerbung unter Führung der bayerischen Landeshauptstadt nach 2018 zu geben. Bei jner hatte München klar gegen Pyeongchang/Südkorea verloren. Ob es nach dem Debakel beim jetzigen Bürgerentscheid in Zukunft eine Bewerbung um Sommerspiele gibt, wollte Vesper zunächst nicht beurteilen. Es sei „nicht die Zeit“ für derlei Gedanken. Allerdings steigen nun die Chancen, dass Berlin es nach der sang- und klanglos gescheiterten Bewerbung um die Spiele 2000 noch einmal probieren könnte.

Je später der Abend wurde, desto mehr wuchs sich die Niederlage zum Debakel aus. Erst meldete Garmisch-Partenkirchen 51,56 Prozent Nein-Stimmen – es war bereits der K.o. für eine Bewerbung. Aus dem Landkreis Traunstein kam nur wenig später die Meldung: 59,67 Prozent Nein-Stimmen. Und bereits vor den Ergebnissen aus München (52,1 Prozent) und dem Berchtesgadener Land (54 Prozent) wirkten Ude, Vesper und Hörmann entsprechend deprimiert.

„Gegen die Profitgier des IOC“

Ganz anders war wenig überraschend die Laune bei den Gegnern, die sich im Bündnis „NOlympia“ zusammengeschlossen hatten. „Unsere Argumente haben gezogen, die Leute haben sich gefragt: Wieder eine 17-tägige Sause, wofür brauchen wir das?“, sagte stolz Katharina Schulze, die Vorsitzende der Grünen in München. Sie hat schon reichlich Erfahrung im Kampf „David gegen Goliath“, wie sie es nennt und zuvor bereits klar gegen eine dritte Startbahn am Münchner Flughafen gekämpft.

„NOlympia“-Sprecher Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im bayerischen Landtag, betonte unterdessen: „Das ist kein Zeichen gegen den Sport, sondern ein deutliches Zeichen gegen die Profitgier und Intransparenz beim IOC.“ Die Olympiagegner hatten dies in einem kurzen, aber heftigen Wahlkampf immer wieder hervorgehoben, außerdem vor Schulden und Naturzerstörung gewarnt. Eine Mehrheit der Wahlberechtigten konnte ihnen da offensichtlich zustimmen.

Wie geht es jetzt weiter? „Wir müssen das in Ruhe analysieren“, sagte Vesper. München 2022 war der fünfte vergebliche deutsche Anlauf auf Olympia. Bei der Vergabe der Spiele 1992 schied Berchtesgaden in der ersten Runde aus, Berlin scheiterte bei der Abstimmung über den Olympia-Ausrichter 2000 in Runde zwei. Leipzig wurde beim Rennen um das Ringe-Fest 2012 gar nicht erst zur Endrunde zugelassen, und München verlor das Wahlfinale um Olympia 2018 klar gegen den südkoreanischen Favoriten Pyeongchang.Ob sich da Berlin wirklich noch einmal traut?