Schleswig-Holsteins Fraktionschef Wolfgang Kubicki kritisiert mit harschen Worten den Zustand der FDP - Guido Westerwelle wehrt sich.

Berlin. Wolfgang Kubicki ist in seiner Partei dafür bekannt, dass er gerne mal zündelt. Immer wieder äußert er sich kritisch, oft polemisch. Meist greift der Fraktionschef der FDP in Schleswig-Holstein die Parteispitze in Berlin an. "Das Problem ist, dass Guido Westerwelle im Augenblick gar nicht stattfindet", hatte er im Sommer im Abendblatt-Interview gesagt.

Erneut fand Kubicki deutliche Worte, um die Situation der Partei zu thematisieren - und er spricht damit an, was wohl viele in der Partei denken. Kubicki hatte im "Spiegel" die Lage der Liberalen "fast aussichtslos" genannt: "An der Basis hat die Auflösung schon begonnen." Die FDP ist nach einem Regierungsjahr weit entfernt von dem Rekordergebnis der Bundestagswahl von knapp 15 Prozent. Seit einem halben Jahr hangelt sie sich in Umfragen an der Fünf-Prozent-Marke entlang.

Kubicki sieht die Schuld dafür vor allem bei der Spitze der Bundespartei. Die FDP-Minister in Berlin nähmen den Zustand ihrer Partei aber kaum wahr, bemängelte er. FDP-Chef Guido Westerwelle kapsele sich ab. Bundestags-Fraktionschefin Birgit Homburger "markiert für die FDP wahrnehmbar keine Punkte". Ihn wundere nicht, dass Homburger als unbekannteste Fraktionschefin im Bundestag gelte.

"Die Situation, in der wir uns befinden, erinnert mich fatal an die Spätphase der DDR. Die ist irgendwann implodiert", sagte Kubicki. "Die Führung konnte das bis zum Schluss nicht begreifen. Es kann passieren, dass auch die FDP in sich selbst zusammenfällt." Dennoch gebe es zu Westerwelle keine Alternative: Weder einer der anderen Minister noch Generalsekretär Lindner drängten sich als Parteichefs auf. Kubicki sagte, bei wirklich dramatischen Niederlagen der FDP bei den Landtagswahlen 2011 würde Westerwelle selbst die Frage des Verbleibens im Amt beantworten. "Er würde nach meiner Einschätzung auf dem Bundesparteitag im Mai nicht erneut kandidieren."

Im kommenden Jahr stehen sieben Landtagswahlen an. Gleich im Februar in Hamburg sind die Aussichten für die Freidemokraten traditionell nicht sonderlich rosig. Doch wenn im März in der Liberalen-Hochburg Baden-Württemberg die Regierungsbeteiligung verloren geht, wird die Lage auch für Guido Westerwelle ernst. Der FDP-Chef wies die Kritik am Zustand seiner Partei gestern Abend zurück. Das zurückliegende Jahr sei "ein sehr gutes Jahr für Deutschland" gewesen, "auch weil wir als FDP einige Entscheidungen durchgesetzt haben", sagte Westerwelle im ZDF. Als Beispiele nannte er die Steuer- und Mittelstandspolitik seiner Partei, Letztere habe Arbeitsplätze geschaffen. Bei den Landtagswahlen im kommenden Jahr werde die FDP für diese "mutige Politik, die nicht sehr populär in allem gewesen ist", belohnt werden, zeigte sich Westerwelle zuversichtlich.

Die FDP werde bei der wichtigen Landtagswahl in Baden-Württemberg Ende März zu den Gewinnern gehören. Zugleich räumte er ein, dass das zurückliegende Jahr ein "hartes Jahr für die FDP" und auch "ein hartes Jahr für mich selbst" gewesen sei. Zur Kritik an seinem Führungsstil sagte Westerwelle, er sei "keiner, der bei Sturm von Deck geht". Auch bei anderen Spitzenpolitikern der FDP stießen Kubickis Äußerungen auf Verärgerung und Widerspruch. "Nur meckern und selbst keine konkreten inhaltlichen Lösungsvorschläge machen, ist immer der einfachste Weg", konterte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle im "Handelsblatt". "Kubickis Art der Zuspitzung ist völlig überzogen", sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Jörg Bode dem Abendblatt. Hamburgs FDP-Landesvorsitzender Rolf Salo ergänzte: "Eine solche Reaktion in der Öffentlichkeit ist schädlich für die gesamte FDP.

Der FDP-Landesvorsitzende von Schleswig-Holstein, Jürgen Koppelin, wollte das Thema nicht kommentieren. Nur eines sagte er auf Nachfrage des Abendblatts: "Die Weihnachtzeit ist eine friedliche Zeit, da hole ich keine Rute raus." Diese Besinnlichkeit wird aber auch weiterhin durch die veröffentlichten geheimen US-Depeschen der Internet-Plattform WikiLeaks gestört.

So soll der inzwischen entlassene FDP-Mitarbeiter Helmut Metzner offenbar auch Zugang zu geheimen Regierungsunterlagen gehabt haben. Laut der "Leipziger Volkszeitung" handelte es sich dabei um "mindestens fünf vertrauliche Regierungsunterlagen, die dem Geheimschutz unterlagen". Ob neben der US-Botschaft noch andere ausländische Diplomaten von Metzner informiert wurden, habe das Auswärtige Amt bislang nicht klären können.