Durch eine Umschulung erhielt Michael Weisener nach 25 Jahren Tätigkeit in seinem erlernten Beruf eine neue Perspektive auf dem Arbeitsmarkt

Die Diskrepanz ist offensichtlich: Auf dem Hamburger Arbeitsmarkt fehlen qualifizierte Facharbeiter, zugleich suchen zahlreiche Menschen eine Arbeit. Eine Studie des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts HWWI geht zudem aufgrund des demografischen Wandels von einer langfristigen Abnahme des Erwerbspersonenpotenzials aus. Ebenso steige der Altersdurchschnitt der erwerbsfähigen Personen insgesamt. Laut einer Umfrage der Handelskammer sehen 25 Prozent der Hamburger Betriebe den Fachkräftemangel als Risiko. Betroffen sind vor allem Berufe, die sich durch technische Veränderungen ganzer Branchen wandeln. Überdies passen die Qualifizierungen von Arbeitsuchenden häufig nicht zum Angebot der offenen Stellen. Eine Möglichkeit, dies zu ändern, hat Oliver Franke von Franke + Pahl gefunden. Der Geschäftsführer des technischen Dienstleistungsunternehmens gewinnt durch Umschulungen seit einigen Jahren qualifizierte Mitarbeiter.

Michael Weisener ist einer dieser Mitarbeiter. Der 44-Jährige ist von Beruf Tief- und Offsetdrucker. Da jedoch immer weniger Printerzeugnisse produziert werden, musste sich Weisener nach 25 Jahren in seinem Job beruflich umorientieren. Mit Unterstützung der Arbeitsagentur, einem Weiterbildungsträger und Franke + Pahl begann Weisener eine zweite Ausbildung zum Mechatroniker, die er im Sommer vergangenen Jahres erfolgreich abschloss. Bereits vor Ausbildungsbeginn bekam Michael Weisener eine Einstellungszusage und ist seit August vergangenen Jahres Mitarbeiter von Franke + Pahl.

Maschinen einrichten, Kabel konfektionieren und Qualitätssicherung sind einige der Tätigkeiten, mit denen Michael Weisener sich als Mechatroniker heute in unterschiedlichen Firmen beschäftigt. Früher hat er als Drucker in drei Schichten gearbeitet. Bis die Firma insolvent wurde. Weisener hatte gerade ein Haus gebaut und war Vater geworden. „Das war ein Schock, denn wir haben unsere Zukunftsplanung aufgrund meines Druckergehalts gemacht. Ich musste für Sicherheit sorgen, wusste aber auch, dass ich als Drucker nur schwer etwas Neues finden würde.“ Von der Arbeitsagentur hätte er nur 60 Prozent seines Brutto-Lohns erhalten, mit Kind 67 Prozent. Der Familienvater schrieb 50 Bewerbungen, erhielt jedoch nur Absagen. Er ließ sich beraten und verfolgte die beruflichen Wege seiner ehemaligen Kollegen. „Dabei merkte ich, dass alle Elektriker und Mechaniker unter ihnen schnell einen neuen Job hatten.“ Als Michael Weisener mit 41 Jahren eine Umschulung zum Mechatroniker angeboten bekam, habe er das sofort als Chance erkannt. Allerdings, anstrengend sei die Lehrzeit schon gewesen, gibt Weisener zu. Er lernte die Bearbeitung von Metall, feilen und fräsen, musste sich mit Sicherheitsregeln im Umgang mit Stromspannung befassen und ein Berichtsheft führen. Schließlich machte er ein zwölfwöchiges Praktikum. „Das war eine sehr interessante Zeit, endlich konnte ich dabei mein neu erworbenes Wissen anwenden.“

Damit eine Umschulung erfolgreich verläuft, sind einige Voraussetzungen zu erfüllen. „Zunächst ist ein enges Zusammenspiel zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter notwendig“, sagt Franke. „Der Arbeitgeber muss einen Mangel erkennen und dem Mitarbeiter eine Zukunftsperspektive eröffnen. Dazu gehört auch die fachliche und psychische Unterstützung. Denn es ist nicht leicht, noch einmal als Erwachsener die Schulbank zu drücken.“ Außerdem müsse die Arbeitsagentur den Bedarf akzeptieren und unterstützen. Franke: „Allein können wir es nicht schaffen. Die Kosten für die Umschulungen wären zu hoch.“ Die Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit sei jedoch gut. Gemeinsam werde für jeden Umschulungskandidaten ein Hamburger Bildungsträger ausgesucht.

Das Umschulungsmodell habe sich für seine Firma gelohnt, sagt Oliver Franke. „Herr Weisener ist kein Einzelfall bei uns. Wir betreuen etwa 40 Umschüler.“ In den letzten fünf Jahren hat Franke + Pahl auf diesem Weg etwa 70 Mitarbeiter rekrutiert – im Alter zwischen 25 und 55 Jahren. Die Hälfte der Mitarbeiter ist über 50 Jahre alt. Viele von ihnen, die früher arbeitsuchend oder von Arbeitslosigkeit bedroht waren, sind heute in der Luftfahrt- und Elektroindustrie tätig.

Michael Weisener war zunächst für zwei Monate bei einem Hamburger Maschinenbauunternehmen eingesetzt und ist bereits im zweiten Unternehmen tätig. Er findet es spannend, bei seinen Einsätzen immer wieder neue Aufgaben, Kollegen und Kunden kennenzulernen. „Ich hatte zuvor keine Erfahrung mit Zeitarbeit. Außerdem erhalte ich viel Unterstützung von Franke + Pahl.“

Rückblickend betrachtet, habe die zweijährige Umschulung zum Mechatroniker viel Energie gekostet, der Einsatz habe sich jedoch gelohnt. „Man sollte sich sicher sein, dass man zwei Jahre lang seine ganze Kraft ins Lernen investieren will und kann. Denn nur mal eine Umschulung mitmachen, weil man diese angeboten bekommt, das reicht nicht“, rät Weisener anderen Betroffenen.