Das Projekt Spätstarter der Arbeitsagentur hilft Ungelernten zwischen 25 und 35 Jahren

Manche haben keine Berufsausbildung und sind bereits 25 Jahre alt oder älter. Die Gründe für einen späten Einstieg in eine Ausbildung sind vielfältig. So wusste Sascha Lioe nach der mittleren Reife nicht, was er werden sollte, arbeitete zunächst bei einem IT-Helpdesk, wurde früh Vater. „Ich bekam keine Ausbildung in der IT-Branche. Später fehlte mir der Mut, meinen Job im Callcenter aufzugeben.“ Daraus wurden mehr als zwölf Jahre. Seit April macht der 34 Jahre alte Lioe, der von sich sagt, „ich habe eine Begabung, IT-Probleme zu erkennen", im Rahmen des Projekts Spätstarter der Arbeitsagentur eine 22 Monate dauernde Umschulung zum Informatikkaufmann.

Auch Jennifer Breitenbach nutzt das seit März geltende Angebot der Agentur für Arbeit. Die alleinerziehende Mutter macht seit September eine Ausbildung zur Gesundheits- und Pflegeassistentin bei der Grone-Schule. „Mit dieser Ausbildung stehen mir sämtliche Türen offen. Ich kann später mit Glück sogar eine Weiterbildung zur Altenpflegerin von drei auf zwei Jahre verkürzen“, sagt die 25-Jährige, die mit 17 Jahren ein Praktikum bei einem Pflegedienst machte. Später jobbte Jennifer Breitenbach als Aushilfe in einem Hotel und als Teilzeitkraft bei einem Bäcker. Aus dem Job in der Bäckerei wurde eine Vollzeitstelle. Da jedoch die Arbeitszeiten zwischen 5 und 20 Uhr mit Kind schwierig sind, bat die junge Frau schließlich ihren Chef um einen Aufhebungsvertrag und wurde arbeitslos.

Das Projekt Spätstarter, das zunächst auf drei Jahre angelegt ist und bundesweit 100.000 Fachkräfte hervorbringen soll, spricht junge Erwachsene an, die zwischen 25 und 35 Jahre alt sind, keine qualifizierte Berufsausbildung aufweisen und eine Umschulung absolvieren möchten. Von den 70.837 arbeitslosen Hamburgern haben 36.967 (52,2 Prozent) keine abgeschlossene Berufsausbildung, in der Arbeitsagentur (Sozialgesetzbuch III) sind von 21.229 insgesamt 5227 (24,6 Prozent) ohne Berufsausbildung, im Jobcenter team.arbeit.hamburg (Sozialgesetzbuch II) sind von 49.608 insgesamt 31.740 (64 Prozent) ohne Ausbildung.

„In Hamburg haben wir als Arbeitsagentur über 2700 Spätstarter kontaktiert, eingeladen, informiert und beraten, davon befinden sich nun rund 300 in einer abschlussbezogenen Umschulung, die sie auf Facharbeiter-Niveau hebt“, sagt Sprecher Knut Böhrnsen.

Arbeitsagentur-Chef Sönke Fock macht Interessierten Mut: „Spätstarter haben die Zeichen der Zeit für ihre berufliche Zukunft erkannt, denn als ungelernte Arbeitskraft ist das Risiko einer dauerhaften Arbeitslosigkeit praktisch immer präsent.“ Während der Umschulung seien hohes Engagement, familiäre Unterstützung und Zeiten intensiven Lernens notwendig. „Die Umschulung verlangt den Teilnehmern viel ab. Und trotzdem lohnt sich dieser befristete Zeitraum der ganz persönlichen Weiterbildung, weil er lebenslang für bessere berufliche Perspektiven sorgt, mehr Verdienst bedeutet und den Lebensstandard auf Jahrzehnte hebt.“

Wie die Beispiele von Jennifer Breitenbach und Sascha Lioe zeigen, verfügen Ungelernte häufig über gute und langjährige Berufserfahrung, aber über keinen Berufsabschluss. Ungelernte Mitarbeiter werden jedoch immer nur als Helfer eingestellt und verdienen damit auch deutlich unter Facharbeiter-Niveau. Die Verdienstlücke nimmt dabei im Laufe der Beschäftigung zu, das heißt, die Schere zwischen Ungelernten-Lohn und dem tariflich ansteigenden Facharbeiter-Entgelt geht mit den Jahren immer weiter auseinander. Zudem werden Ungelernte, sobald Arbeitsplatzabbau ansteht, immer zuerst entlassen und müssen sich immer wieder in der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter arbeitslos melden. Laut Sprecher Böhrnsen gelingt es selten, dass ein ungelernter Mitarbeiter über eine langen Zeitraum beschäftigt bleibt.

Wie schnell es klappen kann mit einer Ausbildung als Spätstarter, zeigt das Beispiel von Sascha Lioe. Er wurde zum 1. April arbeitslos, hatte am 16. April bereits das erste Gespräch in der Arbeitsagentur, machte zwei Tage später den Eignungstest beim Weiterbildungsträger, den er mit 96 Prozent bravourös bestand, und begann vier Tage darauf mit seiner Ausbildung. „Ich bin selbst mit der Idee zu meinem Arbeitsvermittler gegangen und habe den Bildungsgutschein sofort bekommen“, sagt der Vater eines zwölfjährigen Sohnes und einer sieben Jahre alten Tochter.

Über das Projekt Spätstarter informieren jeweils die persönlichen Arbeitsvermittler. Weiterer Informationen unter der kostenlosen Hotline 0800-455 55 00.