Mehr als 5000 Hamburger nutzten das Projekt Weiterbildungsbonus – Mittel von insgesamt 5,5 Millionen Euro. Zwei Kandidaten berichten

Peggi Oltyan ist bei jedem Wetter mit ihrem Klapprad unterwegs – beruflich. In ihrem Rucksack und der Tasche hat sie alles, was sie für ihre Arbeit bei den Kunden braucht. Die 37 Jahre alte Friseurmeisterin hat sich selbstständig gemacht und betreibt den mobilen Friseurservice Die Wanderschere. Im Durchschnitt frisiert sie zwei Kunden am Tag – hauptsächlich in den Bereichen Wandsbek und Berliner Tor.

Als alleinerziehende Mutter eines vierjährigen Kindes kann sie ihre Termine auf diese Weise flexibel planen. Vor dem Weg in die Selbstständigkeit besuchte die Kleinunternehmerin, die Teilzeit arbeitet, zwei Fortbildungen. Dabei lernte sie zum Beispiel, Hochsteckfrisuren für Hochzeiten oder den Laufsteg zu kreieren. Die Kosten der Maßnahmen betrugen 2797 Euro, das Projekt Weiterbildungsbonus übernahm in ihrem Fall zusammengerechnet 1874,25 Euro. Für Peggi Oltyan blieb ein Eigenanteil von 922,75 Euro.

Rafael Schneider war noch in der Ausbildung zum Außenhandelskaufmann, als die Aufhebung der Freihandelszone im Hamburger Hafen neue zollrechtliche Bestimmungen brachte, die auch Schneiders Lehrfirma, ein Importunternehmen für Trockenfrüchte, betrafen. So schlug der junge Mann seinem Chef eine Weiterbildung vor, die er schließlich an drei Tagen im vergangenen Jahr an der Akademie Hamburger Verkehrswirtschaft absolvierte. Für den Zertifikatslehrgang Zollsachbearbeiter erhielt er vom Weiterbildungsbonus die Hälfte der Kosten, insgesamt 750 Euro, erstattet.

„Ausbildung und Qualifizierung sollen so gestaltet werden, dass lebenslanges Lernen, der Einstieg in neue Berufswege und der berufliche Aufstieg in allen Lebensphasen möglich sind: für junge Menschen ebenso wie für Ältere. Hier ist – auch mit ESF-Mitteln – schon viel erreicht worden. So haben in den vergangenen anderthalb Jahren weit mehr als 5000 Hamburgerinnen und Hamburger aus kleinen und mittelständischen Unternehmen die Förderung aus dem Projekt Weiterbildungsbonus genutzt“, sagte Senator Detlef Scheele kürzlich auf einer Veranstaltung des Europäischen Sozialfonds ESF in Hamburg. Der Weiterbildungsbonus wird jeweils etwa zur Hälfte finanziert vom Europäischen Sozialfonds ESF und der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration. Aufgrund der erfolgreichen Arbeit wurde das Angebot sogar erweitert – und die finanzielle Ausstattung verbessert: Insgesamt stehen seit November 2009 Mittel in Höhe von 5,5 Millionen Euro für die Förderung zur Verfügung.

Sieben Mitarbeiter sind beim Projekt Weiterbildungsbonus beschäftigt. Sie kümmern sich um die Anträge, den Kontakt zu Unternehmen und Bildungsträgern sowie um die Abwicklung der Bildungsmaßnahmen. Eine Voraussetzung ist, dass die Fortbildung auch vom Arbeitgeber als wichtig anerkannt wird. „Damit hat sich der Weiterbildungsbonus als sinnvolles und flexibles Förderinstrument für Beschäftigte und auch für mittelständische Unternehmen etabliert“, sagt Nils Grudzinski, Projektleiter Weiterbildungsbonus. „Insbesondere Geringverdiener, die eine besser bezahlte Beschäftigung anstreben, können davon profitieren. Arbeitnehmer, die gleichzeitig Leistungen aus dem SGB II beziehen, erhalten sogar bis zu 1500 Euro für ihre Fortbildung.“

Das Förderangebot richtet sich an Hamburger, die in kleinen und mittleren Unternehmen der Hansestadt mit maximal 249 Mitarbeitern beschäftigt sind. Zielgruppen sind Beschäftigte und Auszubildende. Die Förderung beträgt 50 Prozent oder maximal 750 Euro.

Für Existenzgründer gilt eine andere Regelung: Sie werden mit bis zu 75 Prozent oder maximal 1125 Euro gefördert. Empfänger von Leistungen aus dem SGB II (Hartz-IV-Aufstocker) erhalten eine Förderung von bis zu 100 Prozent oder maximal 1500 Euro, während Teilnehmer aus dem Hamburger Modell (ehemals Langzeitarbeitslose und schwer vermittelbare junge Menschen) mit 2000 Euro gefördert werden. Und so geht es: Beschäftigte, deren Arbeitgeber in eine Qualifizierung eingewilligt haben, können beim Weiterbildungsbonus eine Förderung beantragen (www.weiterbildungsbonus.net).

Rafael Schneider, der nach absolvierter Ausbildung seit Februar eine Festanstellung als Zollsachbearbeiter bei seinem Lehrunternehmen hat, brachte die Weiterbildung auf seinem beruflichen Weg voran – und auch die Firma profitierte von seinem erworbenen Wissen. Doch der junge Mann hat weitere Pläne. Er möchte eine Beamtenlaufbahn beim Zoll einschlagen und wird deshalb ein Duales Studium in Bremen und Münster beginnen. Nach drei Jahren Studium ist er dann Zollinspektor und Beamter auf Probe.