Über eine Qualifizierung finden Umschüler wieder zurück in den Arbeitsmarkt

Hamburg. Die komplizierten Regularien der Zollabwicklung und Telefonate auf Englisch sind für Stefan Häußler täglich Brot im Job. Der 42-Jährige ist Büroleiter bei SSL Internationale Spedition, einem chinesischen Logistik- und Frachtunternehmen. Bereits während seiner Umschulung zum Kaufmann für Spedition und Logistikdienstleistung beim Berufsfortbildungswerk (bfw) entstand der Kontakt zu der Spedition in einem Praktikum. Häußler machte sich so gut, dass er ein Arbeitsplatzangebot erhielt.

Auch Silke Hahn und Michel Dicko haben die 21-monatige Umschulung erfolgreich abgeschlossen. "Zwar ist es eine Umstellung, wieder die Schulbank zu drücken, doch geht man anders ran, als bei der ersten Ausbildung", sagt Silke Hahn. Die gelernte Bäckerin, die zwei Kinder hat, konnte nicht in ihren alten Beruf zurückkehren. "Ich hätte nur Vollzeit und nachts arbeiten können, dies jedoch wegen der Familiensituation nicht geschafft", sagt die 36-Jährige. Im Internet fand sie Informationen zur Kauffrau für Spedition und Logistikdienstleistungen und bewarb sich für die Umschulung beim bfw.

Der Weg bis zur Prüfung vor der Handelskammer ist nicht einfach. Die 21 Monate enthalten so viel Stoff wie die konventionelle 3,5-jährige Ausbildung. Die Schüler haben acht Stunden Unterricht am Tag. Finanziert wird die Umschulung über einen Bildungsgutschein der Arbeitsagentur für Arbeit. "Ich habe ihn bekommen, weil die Mitarbeiter vom bfw sich sehr für mich eingesetzt haben", sagt Michel Dicko. Der 27Jährige war jahrelang in Deutschland nur geduldet und hat sich bis zum Fachabitur durchgekämpft. Mittlerweile hat er eine Aufenthaltsgenehmigung.

Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistungen sind für die Organisation des Güterversands, den Umschlag der Waren und deren Lagerung zuständig. Sie erarbeiten geeignete Fahrstrecken, suchen das optimale Transportmittel aus, erstellen Terminpläne und korrespondieren mit ihren Geschäftspartnern auf Deutsch oder Englisch.

In der Qualifizierung stehen Volks- und Betriebswirtschaftslehre, Speditionsbetriebslehre, Buchführung und Organisationslehre auf dem Lehrplan. "Die Umschüler lernen Verkehrsgeografie, Kommunikation, Datenverarbeitung sowie alles über Zollvorschriften und die Zollabwicklung", sagt der bfw-Lehrbeauftragte Rainer Grothusen. In einem einjährigen Betriebspraktikum wenden die Schüler das Gelernte an.

Das bfw will mit der Umschulungsmaßnahme vor allem Menschen erreichen, die zurzeit arbeitslos oder unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht sind. Wer sich bewerben möchte, muss über gute Deutschkenntnisse verfügen, Englischkenntnisse sind von Vorteil. "Alle Bewerber müssen zunächst einen Eingangstest bestehen", erläutert der Dozent. Darin werden Grammatik, Rechtschreibung, Grundrechenarten sowie Geografie abgefragt. Da die Unternehmen qualifizierte Leute bekommen sollen, lernen die Umschüler auch einiges über Groß- und Außenhandel. Grothusen: "Der Theorieblock zu diesen Themen ist deshalb umfangreicher als der bei den Azubis."

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit ist der Fachkräftemangel in der Logistik ein gesamtdeutscher Trend. Renate Göben, Teamleiterin der Agentur in Hamburg mit Schwerpunkt Logistik, sieht den Hamburger Logistikmarkt in einer prekären Situation. Hamburg sei besonders betroffen, denn der Zustrom qualifizierter Arbeitnehmer aus den neuen Bundesländern versiege. "Unser Umschulungsangebot soll diesem Mangel mit qualifizierten Nachwuchskräften entgegenwirken", sagt Rainer Grothusen.