Der Alltagsbegleiter deckt eine Lücke zwischen Pflege und Betreuung

Für Pflegekräfte ist die Zeit meist knapp bemessen - somit bleibt wenig für persönliche Zuwendung. Waschen, Blutzucker messen oder Medikamentengabe sind klassische Aufgaben der Pflegedienste. Für Spaziergänge, Unterstützung im Haushalt, beim Einkaufen und Kochen oder für Gespräche reicht die Zeit nicht. Hierbei können Alltagsbegleiter in der Altenhilfe ihre Dienste anbieten.

Diese ausgebildeten Kräfte kennen sich mit hilfsbedürftigen alten und dementen Menschen aus und wissen zudem, was in Notfällen zu tun ist. Petra Widera arbeitet als Alltagsbegleiterin in einem Hamburger Pflegeheim. Sie betreut dort demente Menschen. Ihnen Sicherheit zu geben und sie zu beruhigen, wenn sie die Orientierung verlieren, sei entscheidend.

Die 54-Jährige hat früher als Hauswirtschaftsleiterin und Fußpflegerin gearbeitet, bevor sie eine Qualifizierung beim TÜV Nord Schulungszentrum zum Alltagbegleiter absolvierte. "Wir haben in den vier Monaten viel gelernt, von Beschäftigungstherapien, Erster Hilfe, Ernährungslehre bis zum richtigen Umgang mit dementen und psychisch veränderten Menschen."

Besonders wertvoll für ihre tägliche Arbeit sei die Biografiearbeit, die Petra Widera in einem Praktikum erproben konnte. "Wenn ich weiß, dass ein Bewohner sein Leben lang immer Tee getrunken hat, verstehe ich besser, weshalb er nur wenig von seinem Frühstückskaffee trinkt." Dieses Wissen um die persönlichen Lebensumstände von Menschen, die sich nur schwer oder gar nicht mehr richtig artikulieren können, sei wertvoll.

Das TÜV Nord Schulungszentrum bietet diese Qualifizierung seit zwei Jahren an. "Voraussetzung sind Einfühlungsvermögen sowie Interesse an sozialer Arbeit", sagt Projektleiter Daniel Zurmühlen. Viele der Teilnehmer kommen aus sozialen Berufen. Andere haben ein pflegebedürftiges oder dementes Familienmitglied zu betreuen. Aber auch Unfallopfer können auf diese Unterstützung angewiesen sein.

Nach absolvierter Fortbildung bieten sich Beschäftigungen in der stationären Pflege, der Tages- und Kurzzeitpflege, in Altenheimen und ambulanten Wohngemeinschaften an. Zudem gehe es darum, Menschen das Leben in ihrem Zuhause zu erleichtern. "Viele arbeiten in Teilzeit, es gibt zudem die Möglichkeit, sich mit dieser Dienstleistung selbstständig zu machen", sagt Zurmühlen. Denn zu den Inhalten des Lehrgangs gehören Betriebswirtschaft und Rechtskunde. Die erlernten Kenntnisse werden im vierten Monat der Fortbildung in einem Praktikum erprobt. Plätze in Alten- und Pflegeheimen vermittelt das TÜV Nord Schulungszentrum.

"Viele unserer Teilnehmer machen bereits im Orientierungspraktikum einen so guten Eindruck, dass sogar Stellen für Alltagsbegleiter in den Pflegeeinrichtungen geschaffen werden", sagt Daniela Prozell vom Anbieter WBS-Training, der ebenfalls Kurse zum Alltagsbegleiter im Programm hat, jedoch bereits vor Lehrgangsbeginn den Nachweis über ein fünftägiges Orientierungspraktikum fordert.

"Wir erhalten von den unterschiedlichen Einrichtungen viele Anfragen nach Absolventen", sagt Zurmühlen. Da durch den Wegfall der Wehrpflicht Zivildienstleistende fehlen, die zur Betreuung hilfsbedürftiger, dementer und alter Menschen herangezogen wurden, könne der Alltagsbetreuer diese Lücke schließen helfen.

Die Arbeit als Betreuer ist anspruchsvoll und zuweilen auch körperlich schwer, denn das Heben alter und kranker Menschen gehört dazu. Eine spezielle Herausforderung liegt in der Begleitung sterbender Menschen. Ein Schwerpunkt des Lehrgangs ist deshalb die Sterbebegleitung.