Ein neues Kundenzentrum wird in der Behörde eingerichtet. Die Sachbearbeiterin bekommt eine völlig neue Funktion im direkten Kundenkontakt. Nun muss sie lieb gewonnene Gewohnheiten über Bord werfen und sich neu organisieren. Das bedeutet Stress pur und viele schlaflose Nächte für die Sachbearbeiterin, die sich schließlich an Cornelia Mertineit wendet.

Die Lehrerin für Gesundheitsberufe ist eine von sechs sogenannten Gesundheitscoaches in Hamburg. Im Erstgespräch mit der Klientin dreht sich noch alles um die Schlafstörungen und Kursangebote wie progressive Muskelentspannung oder Yoga. Aber schon im Folgetermin kommen Zeitmanagement und die Einstellung zu Stress auf den Tisch: "Es geht auch darum, die Sichtweise zu verändern, eingefahrene Bahnen zu verlassen und Chancen zu erkennen", so Mertineit, die dafür auch Ohrakupunkturen anbietet.

"Das Gesundheitscoaching ist ein völlig neuer Ansatz, der sich nicht auf die üblichen Appelle beschränkt", erklärt Michael Peschke, Leiter des Arbeitsmedizinischen Dienstes (AMD) in Hamburg. Das Pilotprojekt ist beim AMD angesiedelt und bietet seit Anfang dieses Jahres Beschäftigten der Stadt, die etwas für ihre Gesundheit tun wollen, eine kontinuierliche Betreuung an. Läuft es erfolgreich, wird es Ende 2010 verlängert und ausgebaut. "Das ist heute schon erfolgreich", ist Projektleiterin Brigitte Röpke überzeugt. Von 4000 Beschäftigten, die zunächst über das Angebot informiert wurden, haben es rund zehn Prozent bereits wahrgenommen. "Wir haben es hier mit einer älter werdenden Belegschaft zu tun, die ständigen Arbeitsveränderungen und Verdichtungen ausgesetzt ist." Das koste Ausfallzeiten, denen durch ein Projekt wie das Gesundheitscoaching begegnet werden könne. "Die freie Wirtschaft lebt es doch vor."

Insgesamt beschäftigt das Gesundheitscoaching acht Personen, alle Mitarbeiter des ehemaligen Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK), die nach der Privatisierung durch den Klinikbetreiber Asklepios zur Stadt zurückkehren wollten und sich von dem Gesundheitscoach Matthias Lauterbach ausbilden ließen. "Das ist ein toller Beruf, vielseitig und selbstständig organisiert", sagt Cornelia Mertineit, die hofft, dass sich das Angebot demnächst für alle Beschäftigten der Stadt öffnet und nicht nur für die Behörden, die von Krankmeldungen besonders betroffen sind, wie Feuerwehr oder Strafvollzug.

"Prävention wird immer wichtiger", bestätigt Michael Peschke. 50 Personen beschäftigt der AMD, der insgesamt für die Arbeitssicherheit und Gesundheit von 70 000 Mitarbeitern bei der Polizei, Stadtreinigung oder in Schulen zuständig ist. "Stress und psychische Belastungen haben die Krankmacher Staub und Lärm am Arbeitsplatz längst abgelöst", erklärt der AMD-Chef. Nur lassen sich Schadstoffe in der Luft besser messen als Stress am Arbeitsplatz.

Für die Vorsorgeuntersuchungen und Besichtigung von Arbeitsstätten sucht der AMD Fachärzte für Arbeitsmedizin, die auch behördenintern ausgebildet werden. Das Einstiegsgehalt liege bei 45 000 bis 50 000 Euro. "Das ist nicht so viel wie in den Krankenhäusern verdient wird, aber dafür haben die Mediziner bei uns geregelte Arbeitszeiten und einen sicheren Arbeitsplatz."

Dazu komme noch eine sehr dankbare Aufgabe, ergänzt Andreas Sammann, wissenschaftlicher Direktor am Institut für Hygiene und Umwelt. "Prophylaxe ist die eleganteste Methode, den Menschen so zu erhalten, wie er ist. Das ist ein grundlegender Unterschied zur Chirurgie." Der Mikrobiologe ist für die Krankenhaus- und Lebensmittelhygiene in Hamburg zuständig, aber auch für Servicestellen wir das Zeckentelefon oder das Impfzentrum. Hier arbeiten fünf Ärzte, die über Reiseschutzimpfungen und eine Grundimmunisierung beraten und auch selbst Impfungen durchführen.