Besuch beim Casting für das Broadway-Musical “Spring awakening“ im Theater Lüneburg. Enge Zusammenarbeit mit der Universität Leuphana.

Lüneburg. Der Sturm wütet draußen, Regen prasselt auf das Dach des Probenraumes im Theater Lüneburg: Nach Frühlingserwachen fühlt sich das Ganze noch nicht an. Das Wetter scheint aber nur Wenige abgehalten zu haben: Immer wieder finden sich vor allem junge Menschen an diesem Nachmittag im Theater ein, um sich um einen Platz im Team von Franziska Pohlmann (musikalische Leitung) und Oliver Hennes (Regisseur) zu sichern. Ab dem 5. März studieren sie die Musicalfassung des Bühnenstücks "Frühlingserwachen" von Frank Wedekind ein.

"Spring awakening" heißt das Stück als Musical, am Broadway hatte es beachtlichen Erfolg. Und dabei ist das Thema kein leichtes: Es geht um die Wirren der Pubertät, um Moral und sexuelles Begehren. Geschrieben wurde die Bühnenvorlage um die Jahrhundertwende, damals, zu Kaisers Zeiten, war die Themenwahl ein Skandal. "Wir bleiben eng an der Vorlage. Es wird ein modernes Bühnenbild geben, aber ansonsten halten wir uns an die Texte von Wedekind", sagt Regisseur Oliver Hennes.

Gern dabei sein würde Cornelius Dane. Er studierte im 7. Semester Lehramt an der Leuphana, Bühnenerfahrung hat er durch seine Auftritte mit dem Chor der Universität. Im Moment, das gibt er zu, ist er furchtbar aufgeregt. "Eine Hauptrolle spielen, das möchte ich gar nicht unbedingt", sagt er. Für ihn geht es einzig und allein um den Spaß an der Sache - sein Berufswunsch bleibt Lehrer, eine Bühnenkarriere, danach strebt er nicht.

Die meisten Mitbewerber haben an diesem Nachmittag aber größere Ambitionen. Janina Stange zum Beispiel, sie ist Erzieherin und lebt in Vögelsen. Ab August dieses Jahres wird sie die Stage School in Hamburg besuchen, um dort eine Ausbildung zur Musicaldarstellerin zu absolvieren. Als Profi auf der Bühne zu stehen, das ist ihr Traum, sagt sie - und eine ganz bestimmte Rolle, die sie spielen möchte, gibt es auch. "Als Jane in dem Musical "Tarzan" würde ich wirklich gerne einmal auf einer großen Bühne stehen", sagt sie. Sie kommt aus einer musikalischen Familie, ihr Bruder ist Mitglied in einer Amateur-Rockband. Zur Bühne gekommen ist sie durch eine Amateur-Theatergruppe.

Gleich darauf singt Janina die Kaiserin Elisabeth aus dem gleichnamigen Musical - "die Irrenhausballade" ist von ihr zu hören. Ihr Auftritt gelingt. "Hast du Morgen Zeit für uns?" fragt Regisseur Oliver Hennes im Anschluss - nach einem ganztägigen Workshop am Theater will er gemeinsam mit der musikalischen Leiterin Franziska Pohlmann entscheiden, wer die elf Rollen in "Spring awakening" singen und spielen wird.

Für Franziska Pohlmann ist es nicht die erste Zusammenarbeit mit dem Theater Lüneburg. Auch für das Musical "Von wegen" und die "Linie 1" arbeitete sie schon an der Lüneburger Bühne. Und eine andere bewährte Form der Zusammenarbeit mit dem Theater wird diesmal ebenfalls fortgeführt: Die Ideen für das Marketing von "Spring awakening" werden an der Leuphana ausgebrütet.

Franziska Pohlmann ist zufrieden mit dem Zulauf bei diesem Casting. "Für mich sind unter den Bewerbern einige bekannte Gesichter", sagt sie. Rund 50 Prozent derjenigen, die als Laiendarsteller beginnen, träumen von einer Karriere im Rampenlicht, schätzt sie. "Für Viele ist das hier der erste Schritt", sagt Pohlmann - schon mehrere ihrer ehemaligen Laiendarsteller haben den Weg in eine Schauspielschule gefunden.

Soweit gehen will Marthe Nehl vermutlich nicht, trotz ihrer beeindruckend klaren und kräftigen Stimme. Auch sie ist Studentin an der Leuphana und hat im Uni-Chor von dem Casting Termin gehört. "Ganz spontan" ist sie vorbei gekommen, um aus dem Musical "Elisabeth" vorzusingen. "Etwas rockiger noch" möchte Regisseur Oliver Hennes ihren Beitrag - auch sie wird zum Workshop eingeladen und kommt auf diese Weise in die engere Wahl für eine tragende Bühnenrolle.

Nur einer wird am 26. April, wenn die Premiere des Musicals auf der Jugendbühne T 3 zu sehen ist, nicht mitsingen. Dabei hat Oliver Mariak nicht nur eine schöne Stimme, sondern kann auch gut Gitarre spielen. Er ist Hobbymusiker und kennt ganz offensichtlich überhaupt kein Lampenfieber - falls doch, so merkt es keiner.

"Stimmlich überzeugend" findet denn auch Franziska Pohlmann seinen Beitrag - nur leider ist Oliver schon 40 Jahre alt und kommt damit für eine tragende Rolle in einem Musical über pubertierende Jugendliche als Darsteller nicht mehr wirklich in Frage. "Komm unbedingt zu unserem nächsten Casting wieder", ruft Franziska Pohlmann ihm hinterher - wäre schön, wen er den Ratschlag beherzigt.