Für Personaldienstleistungskaufleute stehen ein gutes Gespür hinsichtlich der Bewerber, ihrer Motivation und ihrer Talente an vorderster Stelle

Als Janette Hackbarth direkt nach ihrem Realschulabschluss in ihre Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten startete, erwarteten sie in der Kanzlei Schlarmann von Geyso abwechslungsreiche drei Jahre. „Die Kanzlei ist breit aufgestellt. Wir Azubis konnten mit jeder neuen Abteilung in ein anderes Fachgebiet hineinschnuppern. Das war sehr interessant“, sagt die 22-Jährige. Doch es zog sie ins Ausland. „Das war schon immer mein Traum, und als sich die Ausbildung dem Ende näherte, dachte ich ‚jetzt oder nie!‘“ Kenia sollte es sein, um komplett neue Erfahrungen zu machen und in eine ganz andere Welt einzutauchen. Sie arbeitete auf einer Ranch mit Löwen, Geparden, Büffeln und Kamelen, erfuhr aber auch was echte Armut bedeutet. „Ich habe sterbende Menschen gesehen, schlimme Verwundungen, wirkliches Elend. Aber ich habe auch eine überwältigende Herzlichkeit erlebt.“

Afrika hat sie verändert: Zurück in Deutschland, arbeitete sie wieder in ihrem gelernten Beruf, „aber der Umgang mit Menschen hat mir gefehlt“, sagt sie. Der Alltag als Rechtsanwaltsfachangestellte war ihr zu stark vom einsamen Abtippen der Bänder geprägt. Sie begann, sich umzuschauen, informierte sich über alternative Berufe und stieß auf die noch junge Ausbildung Personaldienstleistungskauffrau/mann, kurz PDK. Die Suche nach den optimalen Mitarbeitern für Unternehmen mit schwankendem Personalbedarf, die spezifische Fachkräfte brauchen für einen zeitlich befristeten Einsatz oder zur Festanstellung, reizte sie.

Dass sie bei der Bewerbung bei der Argo Aviation GmbH schon eine abgeschlossene Berufsausbildung mitbrachte, bedeutete in den Augen von Ausbilderin Anja Rausch einen klaren Pluspunkt. „Frisch von der Schule fehlt den Meisten schlicht die Lebenserfahrung, um einem vielleicht 50-Jährigen zu sagen, wie er den nächsten Schritt seiner Karriere gestalten kann.“ Zeitarbeit ist kein einfaches Geschäft, erklärt die erfahrene Recruiterin. „Wir müssen uns in relativ kurzer Zeit ein Bild von dem Menschen machen, der uns gegenübersitzt. Was bringt er mit – neben seinen fachlichen Qualifikationen? Ist er zuverlässig, hat er Durchhaltevermögen? Wie steht es mit seiner Motivation, seinen Wünschen? Und wo können wir ihn uns vorstellen?“ Ein eher schüchterner Typ gehe in einem Team von gestandenen Persönlichkeiten schnell unter, ein flippiger halte in einem zu konservativen Umfeld nicht lange durch.

Mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sich für Menschen zu interessieren, ist für Rausch daher eine Grundvoraussetzung für den Beruf, ebenso wie Kontaktfreude und Kommunikationsgeschick. Janette konnte ihren „Blick“ bereits bei ersten Vorstellungsgesprächen schulen. „Ich bin ja gerade erst in die Ausbildung gestartet und hab noch nicht viel Erfahrung. Aber es ist schon interessant, wie viel einem die Körpersprache über den Menschen verrät“, hat sie festgestellt. Bislang ist Janette als stille Beobachterin bei den Terminen dabei. Die Gesprächsführung mit den Kandidaten will gelernt sein. „Wir sind zwar auf die Luftfahrtbranche spezialisiert, vermitteln aber ein breites Spektrum von Berufen: von gewerblichen und kaufmännischen Fachkräften bis zu Technikern und Ingenieuren“, sagt Rausch. Und während eine Sachbearbeiterin meist bereitwillig Auskunft über ihre beruflichen Stationen gibt, kann das bei einem Lagerlogistiker schon ganz anders aussehen. Janette muss lernen, wie sich eine Ja/Nein-Antworten-Technik aufbrechen lässt, um festzustellen, ob dahinter Nervosität oder mangelnde Motivation steckt. Einsätze bei den Kunden bringen ihr das nötige Hintergrundwissen über die zu besetzende Position.

Neben der Mitarbeitersuche, dem Recruiting, gehört auch die Mitarbeiterbetreuung, die Disponenten-Tätigkeit zu Janettes Arbeitsalltag. „Ich bin jetzt in der Abteilung Personalsachbearbeitung. Ich lege die Personalakten für neue Mitarbeiter an, pflege sie und habe etwa die Lohnabrechnungen im Blick oder schreibe die AÜVs, die Arbeitnehmerüberlassungsverträge.“

Die Luftfahrtbranche bezeichnet Rausch als Königsklasse der Zeitarbeit, da seien die Kunden besonders anspruchsvoll. Das aber mache es nicht unbedingt leichter bei der Suche nach passenden Kandidaten. „Der Markt ist buchstäblich leergefegt. Und das gilt nicht nur für Ingenieure.“ Umso frustrierender ist es, wenn es mit vermeintlich vielversprechenden Bewerbern am Ende doch nicht klappt. So passiere es immer wieder, dass Kandidaten aus den unterschiedlichsten Gründen in letzter Minute absagen. „Und manchmal erleben wir dabei extrem Widersprüchliches“, sagt Rausch. „Da jubelt ein Bewerber, endlich habe er seinen Traumjob, um dann nie beim Kunden zu erscheinen.“

Für Rausch – und bald auch für Janette – heißt es in solchen Situationen wieder bei Null anzufangen, was manchmal nicht ganz einfach ist. Ein einigermaßen dickes Fell sollte sich die angehende Personaldienstleistungskauffrau im Umgang mit den Bewerbern also schon zulegen. „Aber das krieg ich hin“, ist Janette zuversichtlich. Sie weiß ja, warum sie sich gerade für diesen Beruf entschieden hat. „Menschen zu helfen, die für sie passende Arbeit zu finden, das ist doch etwas richtig Schönes, finde ich.“