Segelmacher haben nicht nur die Nähmaschine im Griff – außer Mathe gehört auch Kundenberatung dazu

Ratternde Nähmaschinen bilden die Geräuschkulisse am Arbeitsplatz von Jan Philipp Belter. Viel buntes Tuch bringt Farbe in den Raum. Der 20-Jährige wird Segelmacher und erlernt damit einen ebenso traditionsreichen wie seltenen Beruf.

Wie kommt man zu der ungewöhnlichen Berufswahl? Jan Philipp Belter erinnert sich: „Meine Mutter und meine Oma haben genäht, aber da bin ich noch nicht so eingestiegen. Ich habe mal versucht eine Hose zu kürzen und dabei die Hosenbeine zusammen genäht. Dabei habe ich es dann erstmal belassen.“ Jan Philipp schmunzelt. „In der Schule hatten wir dann ein Projekt, bei dem ging es um Modedesign – da war ich nicht ganz unbegabt.“ Nach dem Abi war die nächste Station dann zunächst ein Job als Segellehrer auf Föhr. Erst danach sei er über ein Praktikum zu Clownsails gekommen.

Jetzt ist Nähen sein Hauptjob. „Von Vorzelten bis zu Segeln und Bootsplanen machen wir alles. Vom Entwerfen bis zur Reparatur“, sagt der angehende Segelmacher. Hinzu kommen Arbeiten an Tauwerk, etwa das so genannte Spleißen von Augen in Tauen.

Seit Beginn der Ausbildung ist Jan Philipp ins Kundengeschäft eingebunden. „Es heißt schon mal, draußen steht ein Motorboot, dafür hätte der Kunde gern eine Plane. Dann gucken wir, wie man das lösen kann. Für Planen aller Segelbootsklassen haben wir Schablonen und Schnitte im Rechner. Die können wir dann nutzen. Für Sonderfälle muss man auch mal etwas entwerfen. Das ist bei Segeln ähnlich.“

Training und Übung sind wichtig, um zum Profi zu werden. „Ich hatte den Vorteil eines Langzeitpraktikums. Da habe ich die Präzision für das Zuschneiden gelernt. Zuerst übt man gerade Säume, anschließend näht man mal einen Sack mit rundem Boden zum Zuziehen. Über Reparaturen kommt man dann auch zu den großen Planen und Segeln“, erzählt Jan Philipp. „Segel machen die Gesellen. Eine Plane darf auch mal ein paar Zentimeter zu groß sein. Bei einem Segel geht das nicht, denn dann passt es nicht in die Vermessung.“

Um ein Segel zu produzieren, werde die Form aus dem Computer gedruckt, auf den Stoff gelegt, aufgezeichnet, ausgeschnitten und zu einem Profil zusammengeklebt. „Das sieht gewölbt aus wie ein Flugzeugflügel. Die Wölbung entsteht durch Abnäher“, erklärt Azubi Jan Philipp.

Ganz wichtig sei auch das Wissen um die verschiedenen Materialien und ihre Eigenschaften. „Das lernt man in der Berufsschule. Acrylstoff zur Abdeckung von Booten etwa, ist sehr steif aber auch lichtbeständig. Für die Segelhaut verwendet man dagegen Polyester. Dann kommen noch Laminate, die aus verschiedenen Gewebearten bestehen, zum Einsatz. Wir nennen das alles Tuch. Mit Stoffen und Baumwolle hat das nichts zu tun.“

Die jungen Bewerber sollten neben Lust auf Nähen auch ein Auge für Formen haben und sich auf Geometrie verstehen. „Segelmachen ist angewandte Mathematik. Mit Kreis- und Flächenberechnungen sollte man sich auskennen“, sagt Jan Philipp. Auch eine Affinität zum Segeln schadet nicht. „Ich segle in der Freizeit. Es ist von Vorteil, wenn man sich ein bisschen mit Wassersport auseinandergesetzt hat und weiß, was die Fock vom Großsegel und Backbord von Steuerbord unterscheidet.“ Einen wichtigen Tipp für seinen Nachfolger hat er auch: „Am besten macht man vor der Ausbildung ein Praktikum – dann kann man schon einmal sehen, wie der Beruf wirklich ist.“

Einem ausgelernten Segelmacher stehen dann viele Türen offen. Neben einer Übernahme ist auch ein Quereinstieg wie in die Raumausstattung möglich. Auch das verwandte Berufsfeld des technischen Konfektionärs – hier werden Folien und Abdeckungen für Sonnenschutz, Umweltschutz, Bautechnik, Transport- und Schutztechnik hergestellt – bietet weitere Möglichkeiten.

Ausbildungsdauer: drei Jahre

Voraussetzungen: Hauptschulabschluss. Räumliches Vorstellungsvermögen und Kenntnisse in Geometrie sind von Vorteil.

Ausbildungsvergütung:

1. Ausbildungsjahr: 290 Euro

2. Ausbildungsjahr: 325 Euro

3. Ausbildungsjahr: 450 Euro

Weitere Infos: www.berufenet.arbeitsagentur.de