Holz, Metall, Kunststoff oder Faserverbundstoffe – Bootsbauer arbeiten mit unterschiedlichen Materialien. Stundenlanges Schleifen gehört ebenfalls zum Alltag

„Das ist die ,Riva‘, ein Rennboot. Die haben wir in den letzten fünf Monaten komplett renoviert“, sagt Phillip Batram nicht ohne Stolz. Und Johann Birle ergänzt: „Alles zerlegt, abgeschliffen und gestrichen, alle Beschläge neu verchromt, die ganzen Klampen. Bis in die vorderste Luke wurde alles neu gemacht.“Das ist Bootsbau, wie ihn die beiden Azubis derzeit auf der Yachtwerft Lütje erleben.

„Ich wollte nach dem Abi eigentlich Schiffbau studieren, aber nach einem Semester habe ich gemerkt, dass mir das zu theoretisch war“, sagt Phillip. „In den Semesterferien habe ich hier als Student gejobbt und direkt die Ausbildung angefangen, weil mir das Handwerk Spaß macht und so eine coole Stimmung im Betrieb ist. Das hat gepasst.“ Johann, ebenfalls Abiturient, ist noch ein anderer Aspekt wichtig: „Im Bootsbau hat man eine große Vielfalt, wie sonst in kaum einem Handwerk. Man arbeitet mit Holz, Metall, Kunststoff und sogar mit neuesten Faserverbundmaterialien.“

Sechs Festangestellte beschäftigt die kleine Hamburger Werft. Hierarchie-Denken ist dem Team fremd. Davon profitiert das Arbeitsklima. „Selbst die ungeliebten Arbeiten, und davon gibt es beim Bootsbau reichlich, etwa das Schleifen, erträgt man so besser“, sagt Johann. „Wenn du 13 Jahre in der Schule gesessen hast, dann hast du auch Lust auf so etwas. Hauptsache, die Stimmung passt.“

Die Ausbildung zum Bootsbauer dauert dreieinhalb Jahre. Mit Abitur verkürzt man auf drei Jahre. Fällt die Zwischenprüfung entsprechend aus, ist eine weitere Reduzierung auf zweieinhalb Jahre möglich. Bootsbauer bauen, warten und reparieren Sportboote und Nutzfahrzeuge. Die Ausbildung findet in den Fachrichtungen Neu-, Aus-, Umbau oder Technik statt.

Für die beiden 21-jährigen Azubis aus Süddeutschland ging es gleich von Anfang an voll los. „Wir kamen sofort ins Projekt. Am Anfang wird man einem Gesellen zugeteilt, begleitet ihn, schaut ihm über die Schulter und lernt viel“, sagt Johann. „Die erste Erkenntnis war: Bootsbau besteht hauptsächlich aus Schleifen. Und da bist du dann am Schleifen, Stunde um Stunde. Wenn das Boot geschliffen ist, muss man es komplett sauber machen, damit man es lackieren kann. So ging das los.“ In der Berufsschule in Travemünde erfahren alle bundesdeutschen Azubis die theoretischen Grundlagen der Materialbearbeitung. „Im ersten Block hatten wir einen Metall-, dann einen Holz- und einen Maschinenlehrgang. Damit dürfen wir jetzt auch offiziell an die Maschinen“, sagt Phillip. Während der Zeit des Blockunterrichts, die die Azubis jeweils im Internat verbringen, können Bootsführerscheine erworben werden.

Unter den angehenden Bootsbauern sind Frauen mit drei von 24 unterrepräsentiert. Phillip wundert das nicht: „Das ist auch eher ein Männer-Beruf. Man muss oft schwer tragen, etwa, wenn man die Boote im Winter aus dem Wasser holt.“ Dafür ist das Altersspektrum gewaltig. „Ich habe in meiner Klasse 15- bis 35-Jährige, von Hauptschulabschluss bis Abitur. Ein Mitschüler hat sich nach 24 Semestern für eine Ausbildung zum Bootsbauer entschieden“, sagt Johann. Dafür, dass den beiden Azubis auch zukünftig die Zeit nicht lang wird, sorgt das Portfolio der Lütje-Werft. „Wir haben keine Serienproduktion und bauen sowohl Motor- wie Segelyachten. Keine zwei Boote, werden genau gleich“, sagt Phillip. „Was wir hier lernen, ist hochmodern. Wir arbeiten mit Materialien in Sandwich-Bauweise wie im Flugzeugbau. Weicher, leichter Kern, der von beiden Seiten laminiert wird. Das ist sehr stabil und wiegt fast nichts. Und traditionelle Arbeitsweisen mit Holzbeplankungen.“

Was sollten angehende Bootsbauer mitbringen? Eine Affinität zum Handwerk und geometrisch-mathematisches Grundwissen, empfehlen Phillip und Johann. Die Entscheidung für die Ausbildung und vielleicht ein Studium danach würden beide nach gut einem Jahr Lehrzeit genau so noch einmal treffen. Phillip bringt es auf den Punkt: „Das ist anders als bei Jobs, zu denen man sich hinquälen muss. Ich wache morgens auf, gehe zur Arbeit und freue mich, dass ich hier bin.“

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