Endlich einen Film drehen. Endlich die Webseite starten. Endlich die Geschäftsidee umsetzen und das Start-up gründen. Träume wie diese haben viele Menschen. Doch das Geld, die Träume wahr zu machen, wächst nicht auf Bäumen. Und Unterstützung durch Stipendien, Kredite und andere Fördermittel ist oft schwierig aufzutreiben. Viele Kreative und Gründer lassen sich Projekte daher von Menschen finanzieren, die ihre Idee spannend finden und sie unterstützen möchten – Crowdfunding oder auf Deutsch Schwarmfinanzierung genannt.
Von Startnext über Kickstarter bis Indiegogo gibt es zahlreiche Webseiten, auf denen sich Geld für kleine und große Träume sammeln lässt. Alle haben eigene Spielregeln und Zielgruppen. Auch Start-ups oder Regisseure aus Hollywood suchen dort nach Unterstützern. Gleichzeitig gibt es viele kleine Kreativprojekte – vom Dokumentarfilm bis zum Heavy-Metal-Album.
Autor Benjamin Spang hat mit Hilfe von Startnext die Fertigstellung seines Fantasyromans „Blut gegen Blut“ finanziert. Beim Start der Kampagne war das Buch fast fertig, es fehlte nur ein professionelles Lektorat. „Das war zu teuer, um es selbst zu bezahlen“, sagt Spang. Gleichzeitig wollte er sich aber nicht an einen Verlag binden. „Ich fand es abschreckend, mich da erst mit einer Idee zu bewerben“, erzählt er. „Ich wollte schreiben, was mir gefällt.“
Unterstützer erhalten für ihr Geld eine entsprechende Gegenleistung
Auf den Crowdfunding-Seiten erstellen Kreative ein Profil, in dem sie ihr Projekt so ausführlich wie möglich vorstellen, zum Beispiel mit Arbeits- und Hörproben, Videos, Text. Dazu müssen Crowdfunder bei den meisten Portalen ein Finanzierungsziel angeben. Unterstützer können dann Geld versprechen, von Kleinstbeträgen bis zu drei- oder vierstelligen Summen. Für die Hilfe gibt es in den meisten Fällen eine Gegenleistung, zum Beispiel das fertige Produkt oder eine namentliche Erwähnung im Abspann des Films.
Experten sprechen dabei von Reward-Crowdfunding oder Crowdsupporting. Tatsächlich gibt es beim Thema Geldgeben aus der Masse einige Feinheiten. Beim Crowddonating, beispielsweise bei einem Hilfsprojekt für gute Zwecke, gibt es keine Gegenleistung. Das Crowdinvesting verspricht dagegen eine finanzielle Belohnung. „Das ist eine Finanzierungsform, die vor allem in Start-ups zum Einsatz kommt“, sagt Stephan-Nicolas Kirschner von der Industrie- und Handelskammer Berlin. „Wie beim klassischen Investment werden Anteile verkauft – allerdings nicht an einzelne Investoren, sondern an eine Masse“, erklärt Kirschner das Prinzip. Ein Stimmrecht haben die Unterstützer meistens nicht, auch das Verlustrisiko ist relativ hoch. Hat das Start-up aber Erfolg, profitieren davon auch die Investoren.
Schließlich gibt es noch das Crowdlending: Hier geht das gesammelte Geld nach einiger Zeit und mit einem bestimmten Zinssatz an die Unterstützer zurück – wie beim klassischen Kredit. „Allerdings sind die Einstiegshürden niedriger“, sagt Kirschner. Deshalb lohnt sich diese Finanzierungsart vor allem für junge Unternehmen oder Gründer, die von der Bank kein Geld bekommen. Gleichwohl geht es bei Crowdlending und –investing meistens um recht viel Geld – mittlere fünfstellige Beträge oder noch mehr sind dort eher Regel als Ausnahme. Benjamin Spang wollte für „Blut gegen Blut“ nur 3300 Euro haben. Mit 3342 Euro schaffte es das Projekt nach etwas mehr als einem Monat so gerade über die Ziellinie – zum Glück. Denn wird die angepeilte Summe nicht erreicht, gibt es bei vielen Crowdfunding-Plattformen gar kein Geld.
Damit das nicht passiert, brauchen Crowdfunder ein gutes Konzept. „Wichtig ist eine systematische Planung“, sagt Patrick Klütsch von der Beratungsfirma Crowdconsult. „Es gibt keine Erfolgsgarantie, man kann aber die Voraussetzungen für Erfolg schaffen.“ Ein sauberer Businessplan ist also das Mindeste. Am wichtigsten ist jedoch die Qualität der Idee, sie muss Hand und Fuß haben. Der Mensch dahinter spielt ebenfalls eine Rolle, sagt der Berater: „Es kommt auch darauf an, dass man sein Vorhaben in eine gute Geschichte packen kann.“
Mit einer überzeugenden Idee und genauer Planung ist die Arbeit aber nicht getan – im Gegenteil. Mit dem Start der Kampagne geht die Arbeit erst richtig los. Denn nun beginnt die Trommelei. „Man muss die Multiplikatoren finden und ansprechen, die dann andere Unterstützer für das Projekt begeistern können“, sagt Klütsch.
Spang hatte für seine Kampagne schon ein etabliertes Netzwerk – darunter Leser seiner Kurzgeschichten und andere Autoren. Dazu hat er während der Kampagne regelmäßig über das Projekt gebloggt und exklusive Kurzgeschichten für Unterstützer ins Netz gestellt. „Das war ein Vollzeitjob neben dem Vollzeitjob“, erinnert sich Spang. Hauptberuflich arbeitet der Fantasyautor als Mediengestalter.
Die Plattform behält einen Teil der Geldsumme, die auch steuerpflichtig ist
„Einnahmen aus Crowdfunding sind kein leicht verdientes Geld, man muss dafür seine Hausaufgaben machen“, sagt Kirschner. Hinzu kommt, dass im Erfolgsfall nicht die ganze Summe auf dem Konto landet. Ein paar Prozent behält oft die Crowdfunding-Plattform ein, steuerpflichtig sind solche Einnahmen in der Regel auch.
Und die Verpflichtungen gegenüber den Unterstützern bestehen nach dem Ende der Kampagne weiter. „Die Leute haben einen berechtigten Anspruch, fortlaufend involviert und informiert zu werden“, sagt Klütsch. „Und sie müssen auch kritische Nachfragen stellen dürfen, die dann zeitnah und offen beantwortet werden.“ Grund dafür ist nicht nur bloße Freundlichkeit, sagt der Experte. „Man sollte beim ersten Projekt schon an mögliche Folgeprojekte denken.“ Schließlich kann so auch eine nächste Idee finanziert werden. „Es war echt viel Arbeit“, sagt Benjamin Spang rückblickend. „Ich würde es aber nochmal machen.“
Übersicht über Crowdfunding-Plattformen: www.crowdfunding.de/plattformen
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Karriere