Die Auszeit lässt sich mit Teilzeit, Zeitwertkonto oder unbezahltem Urlaub umsetzen. Anspruch darauf hat aber niemand

Laut einer Forsa-Umfrage würden sich gern 38 Prozent aller Bundesbürger einmal für einige Zeit aus ihrem Job ausklinken. Unter Managern und Führungskräften beträgt die Quote sogar 69 Prozent, wie eine Studie der Personalberatung Heidrick & Struggles aufzeigt. Die Motive sind ganz unterschiedlich: Die Auszeit wird von Angestellten in der freien Wirtschaft zur Weiterbildung genutzt, Wissenschaftler konzentrieren sich auf ein bestimmtes Forschungsvorhaben, wer sich beruflich umorientieren will, geht während des Sabbaticals auf Reisen und hofft auf neue Anregungen. Aber auch um einem Burn-out vorzubeugen, gönnt sich so mancher ein Sabbatjahr.

Daniela Scholl kennt so ziemlich jede Motivation. Mit ihrer „Auszeitagentur“ will sie Beschäftigten Impulse für Veränderungen geben und versteht sich als Anlaufstelle für Arbeitnehmer, die ihren Job eine Weile hinter sich lassen wollen. „Jeder ist unterschiedlich gestrickt, deswegen kommen für ein Sabbatical auch ganz unterschiedliche Modelle infrage“, sagt Scholl. Wie die Auszeit letztlich organisiert wird, hängt auch vom Betrieb ab.

„Sabbaticals sind häufiger in großen Unternehmen üblich, dort ist die Personaldecke etwas dicker“, sagt Alexander Böhne, verantwortlich für betriebliche Personalpolitik bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. „Wenn jemand für zwei, drei Monate ausfällt, macht sich das in einem kleinen Unternehmen sofort bemerkbar.“ Die Arbeit muss dann entsprechend anders verteilt werden.

„Es ist immer hilfreich, sich in die Situation des Chefs hineinzuversetzen“, rät Daniela Scholl deshalb. „Wer für seine Auszeit bereits eine Vertretung präsentieren kann, hat die erste Hürde genommen.“ Eine kurze Auszeit lasse sich oft durch aufgesparten Resturlaub realisieren: „Die wenigsten wollen ein ganzes Jahr raus, meist geht es um drei bis sechs Monate.“ Erst wenn es mehr sein soll, müssen andere Lösungen her. Und die sehen zum Beispiel wie folgt aus.

Unbezahlter Urlaub: „Der einfachste Weg zum Sabbatical ist, unbezahlten Urlaub zu nehmen“, sagt Jörg Wiedemuth, Bereichsleiter für tarifpolitische Grundsatzfragen bei der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Das sei bei Weitem das häufigste Sabbatical-Modell, bestätigt Beraterin Daniela Scholl. „Wer unbezahlt Urlaub macht, muss sich allerdings freiwillig krankenversichern“, warnt sie. Von der Rentenversicherung und anderen Sozialabgaben können sich Arbeitnehmer befristet freistellen lassen.

Zeitwertkonten: „Als Gewerkschaft bevorzugen wir das Modell eines Lebensarbeitszeitkontos, auf dem Überstunden oder Entgeltzahlungen angespart werden“, sagt Ver.di-Mitarbeiter Wiedemuth. Darauf wird beispielsweise das Urlaubs- oder Weihnachtsgeld eingezahlt. Später kann das Guthaben für arbeitsfreie Zeiten ohne Einkommensverluste genutzt werden: „So ein insolvenzgeschütztes Zeitwertkonto ist steuerlich günstiger als ein Jahr voll und ein Jahr gar nicht bezahlt zu werden“, sagt Jörg Wiedemuth.

„Ursprünglich war diese Regelung für den Vorruhestand gedacht“, erklärt Daniela Scholl. Aber sie lasse sich auch für ein Sabbatical nutzen. Ob eine Firma ihren Mitarbeitern diese Möglichkeit bietet oder nicht, bleibt dem Unternehmen überlassen: „Es gibt keinen Rechtsanspruch auf ein Zeitwertkonto“, sagt Wiedemuth. Getroffen werden entsprechende Vereinbarungen meist auf Betriebsebene. „In einigen Branchen wie in der Chemieindustrie gibt es dazu auch tarifvertragliche Regelungen.“

Teilzeit: „Für ein Sabbatical lassen sich auch individuelle Lösungen finden“, sagt Personalexperte Alexander Böhne. Teilzeitarbeit kann so eine Lösung sein: Wer einen Vertrag über eine 30-Stunden-Woche hat, kann theoretisch auch 40 Stunden in der Woche arbeiten – und die freie Zeit am Stück nehmen. „Ein Arbeitgeber darf den Antrag eines Mitarbeiters auf Teilzeit nicht unbegründet ablehnen“, sagt Wiedemuth. Welches Modell dann gewählt wird, eine verkürzte Wochenarbeitszeit oder eine verkürzte Jahresarbeitszeit, müssen beide Seiten gemeinsam erörtern.

Kündigung: „Man sollte sich auch fragen, ob hinter dem Sabbatical nicht der Wunsch nach einem Jobwechsel steht“, sagt Daniela Scholl. Den alten Job an den Nagel hängen – auch das kann ein Weg in die Auszeit sein: „Wenn ich selbst kündige, lässt mich das Arbeitsamt wegen der Sperrfrist in den ersten drei Monaten in Ruhe – danach wird es schwierig.“ Allerdings besteht in dieser Zeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld. Unterm Strich rät Scholl von diesem Schritt eher ab, weil man so den Zweck des Sabbaticals leicht aus den Augen verliert: „Sich nicht gleich auf Jobsuche zu begeben erfordert sehr viel Mut“, sagt sie.

Bildungsurlaub: Eine weitere Möglichkeit, aus dem Jobtrott herauszukommen, ist Bildungsurlaub. „Ein Sabbatical lässt sich auch zur Weiterbildung nutzen, beispielsweise um einen Abschluss nachzuholen oder zu promovieren“, sagt Böhne. Dafür könne mit dem Betrieb eine unbezahlte Auszeit vereinbart werden. „Der Vorteil dabei ist, dass sich die Beschäftigten beruflich weiterentwickeln können und das Unternehmen bei der Rückkehr davon profitiert.“ Zum Teil wird die Fortbildung sogar finanziell gefördert.

Denn ob der Bildungsurlaub beim Chef ankommt, hängt immer auch vom Nutzen für den Arbeitgeber ab. Eine Firma sei schließlich nicht für die persönlichen Wünsche der Mitarbeiter zuständig, sagt Scholl. „Bei beruflicher Weiterbildung im Job ist der Arbeitgeber dagegen zur Mitwirkung verpflichtet“, ergänzt Wiedemuth. Alles andere sei Verhandlungssache: „Ob der Sprachurlaub auf Malta noch als Fortbildung zählt, ist dann eine Frage der Kulanz.“

Infos und Anregungen für die eigene Auszeit vom Job gibt es zum Beispiel unter www.sabbatjahr.org