Ein Kommentar von Jon Christoph Berndt

Wer aus seinem Beruf seine Berufung machen möchte, sollte sich zuerst auf die Suche nach dem machen, was er jeden Tag zum Gelingen des Miteinanders beizutragen bereit ist. Was gebe ich der Gesellschaft zurück, womit sorge ich dafür, dass es ihr besser geht? Campino fragt sich Derartiges, und mit den Toten Hosen gibt er seine Antworten öffentlich. Als er jetzt mit Musikerkollegen die deutsche Version von „Band Aid 30“ für Spenden gegen Ebola produzierte, gab es viel Kritik: Warum so viele der Künstler gerade jetzt ihr neues Album promoten und Werbung für eine Tournee brauchen? Und dann sind sie auch noch bei der Plattenfirma unter Vertrag, die hinter dem Projekt steckt … Man kann doch direkt für Ebola spenden! Campino: „Es ist zynisch, dass wir uns jetzt derart rechtfertigen müssen, weil wir ein Lied aufgenommen haben, mit dessen Einnahmen wir angesichts der wachsenden Ebola-Bedrohung etwas unternehmen wollen.“

Wer etwas tut, muss sich – anders als vor 30 Jahren bei der ersten Band Aid – viel anhören, das ganz anders als gedacht unter die Haut geht: „Ich bin todtraurig, dass die ganze Diskussion zu einem Personality-Bashing von Bob Geldof und mir wird. Von mir aus stelle ich mich hier nackt auf den Domplatz und lasse mich da beschimpfen und beschmeißen, aber dann wird gefälligst gezahlt für Afrika.“ Klare Kante.

Alte Regel: Wer nichts macht, macht nichts verkehrt. Neue Situation: In Zeiten, in denen nichts argwöhnisch unbeäugt und polemisch unkommentiert bleibt, macht derjenige, der sich aus der Deckung wagt, alles verkehrt. Wer dann trotzdem loslegt mit seinem Gesellschaftsbeitrag, wird immer Neider und Missgünstlinge haben; auf der anderen Seite allerdings auch echte Bewunderer und Fans. Und er wird seiner wahren Berufung immer ein Stückchen näher kommen. Wenn es auf dem Weg dorthin dann mal wieder eng wird, hören sogar die Toten Hosen den Ärzten zu: „Lass die Leute reden, denn wie das immer ist: Solang die Leute reden, machen sie nichts Schlimmeres.“

Jon Christoph Berndt ist Markenexperte, Management-Trainer und Keynote-Speaker. Im Internet unter www.human-branding.de