Zahlreiche Initiativen und Unternehmen in Hamburg bieten Schülern die Möglichkeit, Naturwissenschaften in der Praxis kennenzulernen

„Ich will Pilot werden!“ Wenn Kinder so etwas sagen, freut sich in Hamburg eine ganze Reihe von Leuten. Denn immer mehr Einrichtungen, Vereine und angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels auch Unternehmen versuchen, Kinder und Jugendliche mit vielen Mitmach-Angeboten für Technik zu begeistern.

Die Initiative Naturwissenschaft & Technik zum Beispiel, kurz NAT, ist ein Netzwerk aus gut 30 Schulen, den fünf großen Hamburger Hochschulen sowie rund 40 technikorientierten Unternehmen, Stiftungen und Organisationen. NAT wurde 2007 von der heutigen Geschäftsführerin Sabine Fernau gegründet. Sie sagt: „Wir können Naturwissenschaften nicht leichter machen. Aber wir können den Jugendlichen zeigen, wozu sie lernen und wie sich das Gelernte schließlich in einem Studium oder Beruf anwenden lässt.“ Die Initiative NAT organisiert gemeinsam mit ihren Kooperationspartnern Praktika und Programme für den Nachwuchs. In diesem Rahmen besuchen etwa Oberstufenschüler das Institut für Laserphysik der Uni Hamburg, das Desy-Schülerlabor „physik.begreifen“ oder Einrichtungen der Lufthansa Technik.

Mit mint:pink sollen gerade Mädchen für Technikfächer begeistert werden

Eines der NAT-Programme ist mint:pink. Es soll „den Mädchenanteil in den naturwissenschaftlich-technischen Oberstufenprofilen steigern und damit den Anteil junger Frauen in den entsprechenden Studiengängen und Berufen erhöhen“, sagt Fernau. Auch der Chiphersteller NXP ist bei mint:pink dabei. „Im September haben wir Mittelstufenschülerinnen durch unsere Produktion geführt“, erzählt Lars Reger, Leiter Forschung und Entwicklung. „Sie haben Versuche zu elektrostatischer Aufladung gemacht und erlebt, wie Chips eigentlich funktionieren.“ So schließt sich der Bogen zum Alltag der Jugendlichen, denn sie gehen quasi dauernd mit solchen Chips um: NXP-Technologie findet sich in Smartphones, Tablets und Notebooks, Kreditkarten und Personalausweisen.

Über seine Angebote im Rahmen von mint:pink hinaus fördert NXP eine Juniorprofessur für IT-Sicherheit an der TU Hamburg-Harburg. Damit baue das Unternehmen seine Kooperation mit der Hochschule weiter aus, betont Reger: Das Unternehmen ist bereits Hauptsponsor des Projekts „e-gnition Hamburg“, bei dem Studenten der TUHH einen Rennwagen mit Elektroantrieb entwickeln und dabei mit Partnern aus Wissenschaft und Industrie zusammenarbeiten.

Um Schwellenängste abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen, tritt seit zehn Jahren der „Faszination Technik Klub für Kinder und Jugendliche“ an. Er agiert unter dem Dach der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung (HWF). In Veranstaltungen für die Altersgruppen acht bis zwölf und 13 plus öffnen Unternehmen, Verbände oder Hochschulen ihre Pforten. Die Klubmitglieder schauen Azubis über die Schulter und probieren sich in Lehrwerkstätten aus. Oder sie schnuppern Campus-Luft bei Praxistagen in Laboren von Hoch- und Fachschulen. Initiator des Klubs war die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. Projektleiterin Heike Blume ist es wichtig, den Nachwuchs möglichst früh zu erreichen: „Wenn Kinder erst der Meinung sind, Mathe ist öde, Technik ist schwierig, ist es zu spät.“

Auch viele Stiftungen engagieren sich für Kinder und Technik, wie etwa die Körber-Stiftung, die das Thema seit Anfang 2011 mit dem Projekt „Lust auf MINT“ fördert. Mit Veranstaltungen wie „Handy ja, Physik nein danke – warum sind die MINT-Fächer so uncool?“ trifft die Stiftung offenbar einen Nerv: „An solchen Abenden kommen ganze Oberstufenklassen zu uns“, sagt Matthias Mayer, Leiter des Bereichs Wissenschaft.

Das MINTforum ermöglicht Schülern Zugang zu 40 sogenannten Lernorten

Darüber hinaus gehört die Körber-Stiftung mit der Joachim Herz Stiftung, Nordmetall-Stiftung und der Behörde für Schule und Berufsbildung Hamburg zu den Initiatoren des MINTforums, eines Bündnisses von mehr als 40 außerschulischen Lernorten und Initiativen, wie etwa der Akademie der Wissenschaften oder der Astronomie-Werkstatt an der Sternwarte. „Im MINTforum kommen die Akteure zusammen, stimmen sich ab und bauen ihre Angebote aufeinander auf“, erklärt Mayer.

Alle zwei Jahre organisiert das MINTforum zudem den MINT-Tag Hamburg. Am 18. November ist es wieder so weit. „An diesem Tag soll die Stadt unter dem Zeichen MINT stehen“, sagt Mayer. „Dabei soll deutlich werden, dass es sich bei MINT nicht um einen Kaugummigeschmack oder eine Modefarbe handelt, sondern um die Fächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.“

Das dürfte funktionieren. Bei 775 teilnehmenden Schulklassen und mehr als 100 Veranstaltungen wird der MINT-Tag kaum zu übersehen sein – etwa wenn bei der Abschlussveranstaltung ab 17 Uhr auf Kampnagel unzählige Schüler zusammenkommen. Unter anderem werden dabei die Gewinner eines Konstruktionswettbewerbs, der den Tag über gelaufen ist, von Schulsenator Ties Rabe ausgezeichnet.