Warum Selbstüberschätzung beruflichen Erfolg verhindert, diskutierten die Teilnehmer beim 13. Pawlik Sales Congress

Läuft es gut in unserem Leben, ist es unser eigenes Verdienst. Scheitern wir, egal ob im Job oder privat, schreiben wir die Schuld gern anderen Menschen oder widrigen Umständen zu. Ursächlich dafür ist der weit verbreitete Hang zur Selbstüberschätzung. „Diese Neigung steht uns im Weg, wenn es darum geht, Verantwortlichkeiten zu klären“, sagte Gastgeber Joachim Pawlik bei der Eröffnung des 13. Sales Congresses am vergangenen Dienstag im Hamburger Hotel Gastwerk.

Der Kongress stand unter dem Motto „Verantwortlich sind immer die anderen“. Schlaglichter auf dieses Thema warfen Hessens Ex-Ministerpräsident Roland Koch, der Sozialpsychologe Harald Welzer, Wissenschaftsastronaut Ulrich Walter, die britische Hirnforscherin Susan Greenfield, FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki und TV-Moderatorin Barbara Schöneberger.

Joachim Pawlik verwies einleitend auf wissenschaftliche Experimente, die belegen, dass sich die Mehrheit der Menschen als überdurchschnittlich einstufe. Die meisten sehen sich selbst als hervorragende Autofahrer, Manager oder Studenten. 40 Prozent der Ingenieure etwa würden sich selbst zu den besten fünf Prozent ihrer Berufsgruppe zählen. Aus diesem überzogenen Vertrauen in die eigene Kompetenz entstehe auch der getrübte Blick auf Ergebnisse, erläuterte Pawlik: „Unser Gehirn ist nicht darauf programmiert, sich mit der eigenen Verantwortung bei Misserfolgen auseinanderzusetzen.“

Tiefer ins Gehirn leuchtete die britische Hirnforscherin Susan Greenfield. Sie warnte vor Verlust von Empathie und Fantasie durch ausufernde Internetnutzung bereits im Kindesalter. „Starke Internetnutzer weisen ein ähnliches Muster im Gehirn auf wie autistische Menschen.“ Das lasse darauf schließen, dass digitale Medien zwischenmenschliche Probleme hervorrufen könnten. „Digitale Medien ersetzen unsere Fantasie durch fremde Bilder und verringern unser Mitgefühl.“

Für Personalverantwortliche bedeute dies, bei Mitarbeitern künftig noch genauer hinzuschauen, sagte Greenfield. „Menschen mit einer geringen Empathie-Fähigkeit und einer schwachen Identität benötigen etwa ständiges Feedback.“ Und ihnen müssten ein Sinn für Identität und der Zusammenhang ihrer Arbeit und deren Folgen für das ganze Unternehmen immer wieder deutlich gemacht werden.

Die Hirnforscherin plädierte für einen aktiven Umgang mit Überforderung. „Bis zu einem gewissen Punkt ist Stress ein Teil dessen, was uns als menschliche erwachsene Wesen ausmacht. Wir können nicht so tun, als gäbe es das nicht.“ Deshalb gehe es am Arbeitsplatz darum, den Beschäftigten bei der Bewältigung schwieriger Situationen zu helfen. Betriebe könnten Trainings anbieten, etwa zu Achtsamkeit und Meditation. Aber eine Zauberformel, die für alle Menschen funktioniere, gebe es nicht. Greenfield: „Unternehmen müssen Menschen erlauben, sie selbst zu sein und ihre Talente zu entwickeln, wo auch immer diese liegen.“

Einen beklemmenden Blick auf das Thema Verantwortung warf Sozialpsychologe Harald Welzer. Er beantwortete die Frage, wie aus normalen Menschen Massenmörder werden. Anhand des Holocaust und anderer Genozide zeigte Welzer, wie das Töten in wenigen Wochen für brave Familienväter zur Routine werden kann. Die beunruhigende Botschaft: Moralischen Überzeugungen und unserem Verantwortungsgefühl sei in extremen sozialen Situationen nicht zu trauen. Es sei daher auch ein Ausdruck der Selbstüberschätzung, sich auf die Stabilität von Verhältnissen zu verlassen, ob in der Gesellschaft oder Firmen. „Das ist eine Illusion. Verhältnisse sind niemals stabil.“