Versichern gegen den Notfall: Auf diese Punkte sollten Sie besonders achten, bevor Sie einen Vertrag abschließen

Versicherungen gibt es viele. Doch während zum Beispiel eine Brillen- oder Kreditversicherung eher unnötig ist, sind manche Policen wirklich wichtig. Zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsversicherung – kurz BU-Versicherung. „Sie ist ein Muss wie die Haftpflichtversicherung“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Wer wegen einer Krankheit oder aufgrund eines Unfalls dauerhaft nicht mehr arbeiten kann, muss mit herben finanziellen Einbußen rechnen. So erhalten etwa alle, die nach dem 1. Januar 1961 geboren sind, bei Berufsunfähigkeit nur noch eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von maximal 32 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Bei den wenigsten dürfte das für den Lebensunterhalt ausreichen. Eine BU-Versicherung kann diese Lücke in der gesetzlichen Rentenversicherung auffüllen. Monatlich wird eine vorab vereinbarte Rente ausgezahlt. Ein paar Tipps für die Suche nach einem guten Vertrag:

Konditionen vergleichen: Die Höhe des monatlichen Beitrags richtet sich unter anderem nach der Höhe der Rente, der Vertragslaufzeit, dem Eintrittsalter und dem Gesundheitszustand. Am besten, man schließt die BU-Versicherung in möglichst jungen, gesunden Jahren ab, weil dann die Beiträge noch relativ niedrig sind.

Kerstin Becker-Eiselen gibt ein Beispiel: „Ein 30-jähriger Diplom-Kaufmann, der sich mit einer Rente in Höhe von 2000 Euro monatlich absichern will, zahlt laut Finanztest im günstigsten Fall 700 Euro im Jahr.“ Wer beim Abschluss 50 ist, liegt schnell mal 80 Prozent darüber. Wenn er überhaupt noch einen Vertrag bekommt. Oft scheitert es an Krankheiten. „Unfälle verursachen nur in sieben bis acht Prozent der Fälle die Berufsunfähigkeit“, erklärt Becker-Eiselen. „Der häufigste Grund sind heute psychische Erkrankungen mit über 40 Prozent.“ Die Höhe der BU-Rente sollte 70 bis 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens betragen. Der Vertrag läuft am besten bis zum Renteneintritt.

Wichtig für die Beitragshöhe ist auch der Beruf. Die Versicherer stufen unterschiedliche Berufe in verschiedene Risikogruppen ein. Ein reiner Büroarbeiter zum Beispiel fährt günstiger als ein Ingenieur, der zwar auch viel am Rechner sitzt, sich aber zusätzlich auf Baustellen bewegt. Besonders teuer kommt die Versicherung Menschen mit einem risikoreichen Beruf – etwa Fassadenkletterer.

Nicht empfehlenswert sind aus Sicht von Verbraucherschützern gekoppelte Verträge, also zum Beispiel eine kapitalbildende Lebensversicherung mit BU-Versicherung. Bei diesen Kombinationen ist der Berufsunfähigkeitsschutz oft zu gering und der Beitrag teuer, weil ein Teil in den Sparvertrag fließt. Günstiger sind Einzelverträge.

Geringe Differenz zwischen Netto- und Brutto-Beitrag: Bei der Wahl des Anbieters achten Verbraucher am besten auf den Brutto-Beitrag. Er gibt an, wie hoch die monatliche Zahlung maximal steigen kann, wenn keine Überschüsse mehr erzielt werden. Die Differenz zwischen dem aktuellen Zahlbeitrag, dem Netto-Beitrag, und dem maximalen Brutto-Beitrag sollte nicht zu groß sein, empfiehlt Becker-Eiselen.

Gesundheitsprüfung ehrlich beantworten: Da Krankheiten die häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit sind, prüfen die Anbieter genau, welche Vorerkrankungen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt sind. Wer den Fragebogen zur Gesundheitsprüfung nicht wahrheitsgemäß beantwortet und zum Beispiel verschweigt, dass er raucht, eine Extremsportart betreibt oder unter Rückenschmerzen leidet, verwirke möglicherweise seinen Versicherungsschutz, warnt Una Großmann vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.

Verbraucher sollten sich mit der Beantwortung der Fragen darum Zeit lassen. Beim Ausfüllen könne auch der Haus- oder Facharzt helfen, der gemeinsam mit dem Patienten die Krankenakte durchgeht. Wichtig zu beachten: Wer schon Vorerkrankungen hat, sollte besser eine unverbindliche anonymisierte Risikovoranfrage stellen. Denn die Versicherung speichert jede Ablehnung im Hinweis- und Informationssystem der deutschen Versicherungswirtschaft (HIS), auf die auch andere Versicherungsunternehmen Zugriff haben.

Risikozuschläge besser als Ausschlüsse: Menschen mit Vorerkrankungen empfiehlt Bianca Boss vom Bund der Versicherten (BdV), lieber einen Risikozuschlag in Kauf zu nehmen als einen Teil von der BU-Versicherung auszuklammern. Der Beitrag sei dann zwar höher, dafür seien alle Risiken eingeschlossen. Ausschlüsse sollten außerdem verhältnismäßig sein. So könne nach einem Bruch nicht das gesamte Skelett ausgeschlossen werden.

Auf abstrakte Verweisung verzichten: Verbraucher sollten nachteilige Verweisungsklauseln ausschließen, die festlegen, dass die BU-Rente nicht gezahlt wird, wenn der Versicherte eine ähnliche Tätigkeit ausüben kann. Eine abstrakte Verweisung ist etwa der Fall, wenn ein Zimmermann theoretisch als Berater in einem Baumarkt arbeiten könnte, erklärt Boss. Außerdem sollten Anbieter auch bei der Nachprüfung im Schadensfall auf Verweisungsklauseln verzichten.

Kurzer Prognosezeitraum: Ist ein Versicherter länger krankgeschrieben und möglicherweise berufsunfähig, muss der Arzt eine Prognose abgeben, wie lange der Patient voraussichtlich nicht mehr in seinem Beruf arbeiten kann. Im Vertrag sollte dieser Prognosezeitraum maximal sechs Monate betragen, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzentrale Hamburg. Zudem sollten Leistungen auch rückwirkend gezahlt werden.

Auf Nachversicherungsgarantie achten: Oft wählen junge Versicherte bei Vertragsabschluss eine eher niedrige BU-Rente, um die Beiträge gering zu halten. Ratsam ist es in diesem Fall, auf eine Nachversicherungsgarantie zu achten. Wenn der Absicherungsbedarf etwa nach der Geburt eines Kindes steigt, kann die Rente ohne eine erneute Gesundheitsprüfung aufgestockt werden, erklärt Bianca Boss vom BdV.