Gefragt: Fachkraft für Arbeitsmarktdienstleistung

Keine Frage, um Arbeit geht es ständig bei der Agentur für Arbeit. Häufig allerdings hat man mit ihr zu tun, wenn man arbeitslos ist. Nicht weiter verwunderlich also, dass Jenny Tessmann im ersten Anlauf nicht bei der Bundesagentur vorstellig wurde. Vielmehr unterschrieb sie bei einer Zeitarbeitsfirma einen Ausbildungsvertrag zur Personaldienstleistungskauffrau. „Ich wollte mit Menschen zu tun haben, aber auch meine Wirtschaftskenntnisse einbringen“, sagt die 26-Jährige, die ihr BWL-Studium nach drei Semestern abgebrochen hat: „Das Studium war mir zu praxisfremd.“ Dann wurde sie auf die neue Ausbildung zur „Fachangestellten für Arbeitsmarktdienstleistungen“ in der Bundesagentur aufmerksam. „Arbeitnehmerfreundlich, abwechslungsreich und zudem noch rechtswissenschaftlich. Das war genau mein Ding.“

„Ich will für Menschen tätig sein – ohne Gewinnorientierung“, erklärt sie. Und mit Menschen hat die junge Frau jetzt zu tun. Sie kommen in die Arbeitsagentur. Meistens unfreiwillig, manchmal verzweifelt, weil sie gerade ihren Job verloren haben: „Es ist auch schon vorgekommen, dass die Kunden beim ersten Anliegen in Tränen ausbrechen.“

Wie die angehenden Fachangestellten damit umgehen? „Wir verdeutlichen, dass dies nicht das Ende ist, dass man auch mit 40plus wieder in Arbeit findet, dass jeder viel mehr ist als der Job und sich niemand schämen muss, Hilfe in Anspruch zu nehmen, die ihm zusteht“, sprudelt es aus Jenny Tessmann hervor. Die Arbeit versteht sie als Bindeglied zwischen Kunde und Arbeitsvermittlung.

20 bis 25 Fachangestellte bildet die Bundesagentur für Arbeit allein in Hamburg jährlich aus. Tendenz steigend. „Die demografische Entwicklung geht auch nicht an uns vorbei“, sagt Sprecher Knut Böhrnsen. Will heißen: Die geburtenstarken Jahrgänge wachsen bald raus, und Nachwuchskräfte wie Jenny Tessmann sind gefragt. Für viele von ihnen ist die Behörde ein attraktiver Arbeitgeber. „Das ist hier absolut familienfreundlich“, sagt die Auszubildende. Vor allem gibt es Sicherheit: „Eine Übernahme erfolgt grundsätzlich befristet auf zwei Jahre“, sagt Böhrnsen. Mit dem Ziel, die Stellen anschließend zu entfristen. Allerdings kann der Einsatzort bundesweit sein.

Bis es so weit ist, muss Jenny Tessmann allerdings noch zwei Ausbildungsjahre überstehen. Im ersten Jahr war sie hauptsächlich in der Arbeitsagentur im Einsatz, meist in der Eingangszone, hat aber auch schon die Bereiche Servicecenter, wo die telefonischen Anfragen eingehen, und Leistungsgewährung kennengelernt. „Hier werden die Ansprüche auf Arbeitslosengeld ausgerechnet. Das finde ich ebenso spannend wie den direkten Kundenkontakt.“ Im zweiten Jahr sind jetzt die Abteilungen im Jobcenter dran – und damit bisweilen ein anderes Klientel als bei der Agentur, teilweise schwer vermittelbar bis arbeitsmarktfern. „Das war überhaupt nicht unangenehm, und es ist wichtig, diese Einstellung zu haben.“ Die meisten Bezieher von Arbeitslosengeld II seien dankbar, sagt die 26-Jährige: „Arbeitslosigkeit kann jeden treffen.“

Die Mehrheit der Auszubildenden kommt übrigens so wie Jenny Tessmann nicht direkt von der Schule. Eine gewisse Lebenserfahrung sei gefragt, so Böhrnsen. „Ich glaube jedoch, der Beruf entspricht nicht so typisch männlichen Idealen“, versucht Tessmann zu erklären, warum in ihrem Ausbildungsjahrgang mit 24 Teilnehmern nur vier Männer vertreten sind: „Es geht ja auch viel um Empathie und Kommunikation.“