Für Archäologen gilt es, viel zu entdecken – und ein Betätigungsfeld vom Museum bis zur Forschung

Rund 1800 Jahre alt ist die Siedlung. Über gut fünf Hektar zieht sich das Gelände in der Nähe von Buchholz in der Nordheide, unter dem sie verborgen ist, und das doch eigentlich ein Gewerbegebiet werden soll. Archäologen führen hier derzeit eine sogenannte Rettungsgrabung durch, um sich einen Überblick zu verschaffen und einen Einblick in die Lebensweise unserer Vorfahren zu nehmen. Für Torsten Becker, Masterstudent der Vor- und frühgeschichtlichen Archäologie an der Uni Hamburg eine gute Gelegenheit, sein zukünftiges Arbeitsfeld kennenzulernen.

„Ich hatte Geschichte und Biologie als Leistungskurse in der Schule“, sagt der 27-Jährige. Während des Zivildienstes entstand die Idee zu dem ungewöhnlichen Berufswunsch durch Gespräche im Freundeskreis. Dann folgten ein Bachelor- und das Masterstudium, in dem sich Torsten Becker nun befindet. „Das Fach ist extrem breit gefächert. Man ist der Verknüpfungspunkt zwischen allen anderen Wissenschaften“, erklärt der angehende Archäologe. Selbst Hightech-Technologien wie 3-D-Laserscanner, Geomagnetik und -radar, die zukünftig eine Rolle spielen werden, würden an der Uni gelehrt.

Das Studium ist sehr abwechslungsreich. Außer der Theorie werden im Sommer bis zu fünf verschiedene Grabungen angeboten, um praktische Erfahrungen sammeln zu können. Zudem gibt es zahlreiche Exkursionen zu Grabungsstätten und Museen, bei denen man viel von Experten erklärt bekomme und andere Methodiken kennenlerne, sagt Torsten Becker: „Es ist faszinierend, was man alles findet, wenn man den Boden öffnet.“

Gerade die Kombination aus Büro- und Freilufttätigkeiten soll auch nach dem Studium die Arbeit von Torsten Becker bestimmen: „Ich würde gerne in die Forschung gehen.“ Der Weg zum Job läuft aber selten gradlinig. Oft seien es Kontakte bei Tagungen, bei denen man erfahre, wo gerade jemand gebraucht wird. „Vor dem Arbeitsleben möchte ich aber erst einmal promovieren. Ein Master-Abschluss ist lediglich das Minimum, um sich im engen Arbeitsmarkt durchzusetzen.“

Faszinierendes Arbeitsfeld bei schwierigen Berufsaussichten – so lässt sich die Perspektive für Archäologen umschreiben. Grabungen, die sogenannte Feldforschung, ist dabei nur ein Ausschnitt des Berufsbildes. „Das ist das, was man sich gemeinhin unter Archäologie vorstellt“, sagt Britta Ramminger, Professorin am Archäologischen Institut der Universität Hamburg. Man studiere dafür entweder klassische Archäologie oder Vor- und Frühgeschichte.

Als Voraussetzung sollten Interessierte außer historischem Interesse eine gute Allgemeinbildung mitbringen. „Kenntnisse in Informatik sind ebenso hilfreich wie in Biologie oder Fremdsprachen. Zudem arbeiten wir viel mit geografischen Informationssystemen, um Ausgrabungsstätten in eine historische Karte einzugliedern“, so Ramminger weiter. Bei 25 Bachelor- und zehn bis zwölf Master-Studierenden pro Jahr gebe es einen guten persönlichen Kontakt zu den Studierenden. So könne man gemeinsam festlegen, zu welchem Schwerpunkt es später gehen solle.

Ein großer Arbeitgeber sind Forschungseinrichtungen und Universitäten. Dazu kommen Museen. Doch es gibt auch Alternativen, zum Beispiel in Grabungsfirmen. So arbeitet die Archäologin Susanne Drobny als Grabungsleiterin für die Firma A&S Archäologie auf der Buchholzer Fundstätte: „Ich habe als Grabungshelferin hier angefangen. Mittlerweile werde ich als Grabungsleiterin bundesweit zu Aufträgen geschickt. Man ist quasi auf Montage.“

Jochen Brandt, Kreisarchäologe des Landkreises Harburg hat dagegen eine stetigere Beschäftigung gefunden. Zahlreiche Stellen für Archäologen finden sich nämlich in der Denkmalpflege auf Kreis- oder Landesebene. „Mein Aufgabengebiet ist extrem vielseitig. Man muss neben Grabungserfahrung auch Verwaltungswissen haben. Ich hatte während des Studiums nichts über Baurecht und Bauleitplanung gelernt. Da war viel Learning by Doing nötig“, sagt Brandt, der sein Glück über seinen Archäologie-Traumjob noch immer nicht fassen kann. So eine Stelle zu bekommen, das sei schon wie ein Sechser im Lotto.