Mailina Lohmann macht „Zwei in Eins“ und kombiniert Ausbildung und Studium

Mailina Lohmanns erster Außeneinsatz führte sie nach Italien. Der Leitrechner für die Schiffssicherheitstechnik eines Kreuzfahrtschiffes arbeitete nicht wirklich ordnungsgemäß. Als das Schiff den nächsten Hafen ansteuerte, ging Mailina mit ihren Kollegen vom Siemens Customer Services an Bord des Schiffes, checkte das System, identifizierte die Fehlerquelle und behob das Problem. Der Kapitän war mit dem schnellen und kompetenten Serviceeinsatz höchst zufrieden und fragte, der wievielte Einsatz dies für Mailina sei. „Als ich ihm erklärte, das sei mein erster Einsatz, wollte er das gar nicht glauben. Er meinte, ich hätte sehr professionell gearbeitet“, erzählt die 22-Jährige.

Mailina ist zu Recht stolz, immerhin steckt sie noch mitten in ihrer Ausbildung. Sie hat sich für den dualen Studiengang „Elektrotechnik und Informationstechnik“ an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg entschieden – und zwar in der ausbildungsintegrierenden Variante. Statt in sieben steuert sie nach neun Semester auf den Bachelor of Engineering zu, kombiniert währenddessen aber ihr Hochschulstudium mit einer Berufsausbildung und hat nun, nach drei Jahren, bereits ihren Facharbeiterbrief als Elektrotechnikerin in der Fachrichtung Automatisierungstechnik in der Tasche.

„Gerade in der Phase vor meiner Prüfung an der Handelskammer war die Doppelbelastung schon anstrengend“, sagt Mailina. Doch es bleibe auch im dualen Studium noch genügend Zeit für Privatleben und Hobbys. „Allerdings muss man flexibel sein. Ich reite, und im Winter heißt das für mich dann eben: Ausreiten in totaler Finsternis. Aber wozu gibt es die entsprechende LED-Ausrüstung fürs Pferd“, sagt sie lachend.

Ihre Sonderstellung als eine der wenigen Frauen in einem technischen Beruf fand sie dagegen nie anstrengend. „Ich bin die einzige Frau in meiner Abteilung, aber sobald die Kollegen sahen, dass ich meine Arbeit verstehe, war das nie ein Thema. Außerdem werden wir immer mehr“, sagt sie. Tatsächlich wächst die Zahl der „Mailinas“: Aktuell studieren 142 „Dual-Frauen" an der HAW – ein Anteil von 17 Prozent.

An der Hochschule stehen Module wie Mathematik, Physik, Elektrotechnik und Elektronik sowie die Grundlagen des Programmierens auf dem Stundenplan, im Unternehmen folgt die praktische Umsetzung des Gelernten. Für Mailina, die bei Siemens im Bereich Schiffsautomation tätig ist, heißt das, ein komplexes System zur Überwachung, Steuerung, Regelung, Alarmierung und Dokumentation von unterschiedlichen schiffstechnischen Prozessen im Blick zu haben: „Vom Schwimmdock über Kreuzfahrtschiffe bis zu U-Booten, alles wo Automatisierungsanlagen eingesetzt werden, ist ein potenzielles Arbeitsfeld für uns.“ Während sie jetzt im Serviceteam tätig ist und bei Bedarf in den Flieger springt, um weltweit etwaige Probleme zu beheben, hat sie zu Beginn ihrer Ausbildung ganz handfest Löten, Hämmern und den Aufbau der verschiedenen Anlagen gelernt. Für alles Technische habe sie immer schon ein Händchen gehabt: „Bei jedem Gerät habe ich mich als Erstes gefragt: Wie funktioniert das? Und als Zweites: Wie würde ich mir wünschen, dass es funktioniert?“ Dieses Interesse hat sie auf ein technisches Gymnasium geführt. „Und als uns dort duale Ingenieur-Studiengänge vorgestellt wurden, wusste ich: Das ist das Richtige für mich.“

Um einen der begehrten Studienplätze zu ergattern, hat Mailina ein Jahr vor Ausbildungsbeginn mit ihren Recherchen für das passende Unternehmen begonnen. „Das ist auch richtig so“, bestätigt Siemens-Personalberaterin Ann-Kathrin Maahs: „Wir vergeben jetzt bereits die Ausbildungsplätze für 2015.“ Das Bewerbungsverfahren bei Siemens besteht aus einen Online-Test und einem Tag Assessment Center. „Wobei dieser Tag im Grunde dem gegenseitigen Kennenlernen auf Augenhöhe und der Klärung offener Fragen dient“, erläutert Maahs. So sei ein duales Studium noch kein Garant auf eine spätere Führungsposition, betont die Personalerin. Aber es eröffne in vielen Fällen ausgezeichnete Karrierechancen. „Wir haben durchaus schon Absolventen auf Anschlussstellen platziert, deren Anforderungen sie nicht direkt zu100 Prozent erfüllten.“

Das Interesse an dualen Studiengängen wächst. Die HAW verzeichnet einen rasanten Zuwachs: von den ersten beiden dualen Studenten (Studiengang Maschinenbau/Ausbildung zum Technischen Zeichner bei der Hauni AG) im Wintersemester 02/03 auf aktuell mehr als 800 Studenten in den elf HAW-Ingenieursdisziplinen. Rund 130 Unternehmen stellen Ausbildungsplätze bereit, darunter Blohm + Voss, Philips Medical Systems, Vattenfall, Lufthansa Technik und Airbus. Der Grund für das Ausbildungsengagement liegt für Katharina Jeorgakopulos auf der Hand: „Studierende werden von Beginn an in die betrieblichen Abläufe eingebunden. Im Wechsel zwischen Theorie an der Hochschule und praktischer Umsetzung des Erlernten im Betrieb können so Nachwuchskräfte bereits im Studium direkt auf ihre späteren Aufgaben vorbereitet werden“, sagt die Pressesprecherin der HAW Hamburg.