Wenn etwas schiefläuft, sollte man daraus lernen – statt es zu vertuschen. Ein Kongress nimmt sich des Themas an

Unser Leben ist eine endlose Kette von kleinen und großen Entscheidungen. Darunter auch zahllose Fehlentscheidungen. Manche fallen kaum ins Gewicht, etwa, wenn wir uns in der Kantine für das falsche Gericht entscheiden. Andere dagegen beeinflussen unser weiteres Leben radikal.

Ähnlich ist es in Organisationen. Viele Fehler sind zwar ärgerlich, aber nicht existenziell bedrohlich. Andere Entscheidungen können fatale Folgen haben. Zum Beispiel die Insolvenz des einstigen Fotopioniers Kodak Anfang 2012. Dessen Vorstand hielt jahrelang stur am bewährten Geschäftsmodell fest und verschlief so die digitale Revolution, obwohl Kodak selbst die erste Digitalkamera erfunden hatte.

Einen passenden Kommentar dazu gab Cicero schon vor mehr als 2000 Jahren ab: „Jeder Mensch kann irren, aber nur Dummköpfe verharren im Irrtum.“ Damit sprach er die Fähigkeit an, aus Fehlern zu lernen, sie zu korrigieren und konstruktiv mit ihnen umzugehen. In Organisationen heißt das Fehlerkultur. Leider ist sie oft nicht sehr ausgeprägt. „Es ist unverantwortlich, wie viel Energie und Kreativität in manchen Unternehmen aufgewendet wird, um anderen die Schuld für eigene Fehler in die Schuhe zu schieben und selbst besser dazustehen“, sagt Joachim Pawlik, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Pawlik Consultants. Als Gastgeber wird er am 4. November den 13.Sales Congress eröffnen (s. Info). Leitthema der Veranstaltung ist „Verantwortlich sind immer die anderen“.

„Kein Unternehmen kann Spitzenleistungen erbringen, wenn seine Mitarbeiter nicht um das beste Ergebnis wetteifern, sondern um Verteilung von Schuld. Dann gibt es keine Weiterentwicklung, keine kreativen Lösungen“, lautet Pawliks Diagnose.

Er knüpft damit an das Denken von Reinhard K. Sprenger an, Bestsellerautor und 2005 selbst Referent beim alljährlichen Sales Congress. Nach seiner Managementtheorie werden nur Unternehmen erfolgreich sein, die Mitarbeiter als Individuen und Vertrauenspersonen schätzen. Vertrauen, sagt Sprenger, sei die Antriebskraft für schnelleres Handeln und Entscheiden, für Innovation und Kreativität.

Die Mitarbeiter, so argumentiert Sprenger, setzten auf das Vertrauen ihrer Vorgesetzten und erwarteten, dass Fehler in einem gewissen Rahmen toleriert würden. Ohne diese Sicherheit seien Mitarbeiter nicht bereit, Risiken einzugehen.

Unternehmerisch kluge Gedanken, doch die Wirklichkeit sieht häufig anders aus: Statt die Rahmenbedingungen für einen offenen und fairen Umgang mit Fehlern zu schaffen, werden Fehler tabuisiert und, so sie offenkundig werden, oft entsprechend sanktioniert. Das Ergebnis ist, dass Fehler aus Angst vor negativen Konsequenzen häufig totgeschwiegen, vertuscht oder anderen in die Schuhe geschoben werden. „Wer anderen Schuld zuweist, braucht sich nicht zu ändern“, kommentiert Sprenger ironisch.

„Natürlich ärgere ich mich auch über Fehler“, räumt Joachim Pawlik ein. „Aber wo Risiken eingegangen werden, wo es Entwicklung geben soll, da werden auch Fehler gemacht. Mir ist dabei wichtig, dass Mitarbeiter eigene Fehler erkennen und auch zu ihnen stehen. Dafür wird dann auch mal ein Lob ausgesprochen, und zwar ein ehrlich gemeintes. Denn wer sich zu einem Fehler bekennt, übernimmt auch die Verantwortung dafür, dass etwas besser wird.“ Oder wie schon Konfuzius sagte: „Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.“

Allerdings gehöre Mut dazu, dem Chef einen folgenschweren Fehler einzugestehen. „Deswegen ist eine angstfreie Unternehmenskultur auch so wichtig“, erklärt Pawlik: „Wenn der arme Sünder das Büro seines Chefs mit dem Gefühl verlässt, spätestens beim nächsten Fauxpas fällig zu sein, wird er sich hüten, einen zweiten Fehler zuzugeben. Er wird nichts mehr wagen und künftig viel Energie darauf verwenden, Fehler zu verheimlichen oder anderen anzukreiden.“

Das Management spielt die zentrale Rolle, wenn es um die Prägung einer guten Fehlerkultur geht. Das beginnt mit eigenen Fehlern. Diese seien unausweichlich, wenn man in kritischen Situationen und unter Druck Entscheidungen treffe. „Der Chef muss sich zu seinen Fehlern bekennen und die Verantwortung für diese übernehmen. Wenn er kommuniziert, welche Lehre er aus einem Fehler zieht und wie ihn diese noch erfolgreicher macht, beweist das nur seine Souveränität“, sagt Joachim Pawlik: „Manager, die Fehler nicht eingestehen, spielen ihre Führungsrolle nur.“