Hochschulen fördern angehende Selbstständige mit Beratung und Lehrveranstaltungen. Auch die Firma Familonet hat davon profitiert

Ihren Businessplan für Familonet haben Michael Asshauer, David Nellessen und Hauke Windmüller an der Uni Hamburg geschrieben. „Business Cases“ heißt das Seminar, das die Wirtschaftsprofessoren Michel Clement und Kay Peters im Rahmen des Masterstudiums und in Kooperation mit Otto und Venture-Capital-Gebern anbieten. Die Studenten arbeiten dort Idee, Marketingstrategie und Finanzplan aus und stellen sie in mehreren Präsentationen („Pitches“) den Experten vor. Wenn sie überzeugen, gibt es Geld. Allen anderen hilft das Feedback von Professoren und Mentoren, ihr Konzept zu verbessern.

Familonet konnte bei den Geldgebern landen. Die App (www.familo.net) hält Familienmitglieder auf dem Laufenden, wo sich die anderen gerade aufhalten, bietet die Möglichkeit zu chatten, kann Hilferufe versenden. Nach einem Jahr Vorbereitung gingen Asshauer und seine Mitstreiter – einer hat schon seinen Abschluss, zwei schreiben noch an ihrer Masterarbeit – im September 2013 an den Markt. „Jetzt sind wir kurz davor, die Marke von 100.000 registrierten Nutzern zu erreichen“, erzählt der 27-Jährige. Die Gründer haben drei Vollzeitangestellte und drei Werkstudenten an Bord geholt. Nach Englisch sind Übersetzungen in weitere Sprachen in Vorbereitung. „Wir gehen davon aus, dass es für Familonet weiter positiv läuft“, sagt Asshauer.

Ohne guten Businessplan ist die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns groß

Wichtigste Voraussetzung für eine erfolgreiche Gründung sei ein richtig guter Businessplan, sagt Professor Clement. Man müsse ihn immer wieder kritisch durchleuchten, Kommilitonen und Freunden vorstellen. „Aber dann muss man auch Fachleute draufgucken lassen“, erklärt der Wirtschaftsexperte.

Möglichkeiten dazu haben Hamburger Studenten in Hülle und Fülle. An der Hamburg School of Business Administration (HSBA) zum Beispiel können Masterstudenten Existenzgründung als Wahlfach belegen, im von Studenten gegründeten Entrepreneursclub treffen sich Gleichgesinnte zum Austausch. An der Hochschule Fresenius gibt es den Masterstudiengang „Media Management & Entrepreneurship“, in dem gelehrt wird, wie man Geschäftsideen bis zur Umsetzung verfolgt.

Auch an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) herrscht Gründerstimmung. In der Fakultät Life Science bietet Professorin Birgit Käthe Peters seit zwei Jahren einen einsemestrigen Lehrgang an, in dem die Studenten lernen, Businesspläne zu entwickeln. Der läuft so erfolgreich, dass andere Professoren ihn adaptieren, sagt Werner Krassau, Leiter des GründungsServices an der HAW. Er berät Studenten und Absolventen der Hochschule bis maximal fünf Jahre nach Abschluss, schickt aber auch Angehörige anderer Institute nicht weg.

Bei Werner Krassau werden Studenten und Absolventen vor allem mit „Naturalien“ unterstützt: Acht Büros mit Infrastruktur stehen zur Verfügung, die Professoren der verschiedenen Fakultäten können als Ratgeber in Anspruch genommen werden. Wer sich um ein Büro bewirbt, muss sich einer Jury aus Krassau und HAW-Mentoren stellen. Viele der Bewerber wollen sich als App- oder Spieleentwickler selbstständig machen. „Aber auch aus dem Modebereich kommen viele Anfragen“, sagt der Berater. Wer finanzielle Förderung braucht, dem hilft der Gründungsexperte dabei, den richtigen Adressaten für den Antrag zu finden.

Die Hamburger Uni lässt ab diesem Herbst sogar jedem Studienanfänger der betriebswirtschaftlichen Fakultät eine Pflichtveranstaltung zum Thema Gründen zukommen: „En bloc wird in der ersten Woche ‚Unternehmerisches Denken und Handeln‘ gelehrt“, sagt Professor Michel Clement, der die Veranstaltung mitkonzipiert hat. Man wolle den Studenten die Idee, dass Gründen eine Option ist, „einpflanzen“.

Solche Angebote kommen vielen entgegen. Generell wächst bei Studenten das Interesse am Gründen, sagen die Experten einhellig. Hamburgs gutes Gründungsklima und die hervorragenden Netzwerke sind ein Grund. Ein anderer, dass Berufseinstiege für viele Absolventen heute gar nicht so leicht sind. Dementsprechend gründen kaum Ingenieure aus dem Studium heraus: Sie werden von der Industrie schon auf dem Campus angeworben und landen erst einmal im Angestelltenverhältnis.

Das Hamburger Programm hep fördert Studenten aller Hochschulen

Thomas Sperling, Leiter des Hamburger Existenzgründungs Programms (hep), betreut denn auch relativ wenige Studenten und Absolventen der Technischen Uni Hamburg-Harburg – obwohl hep räumlich und organisatorisch der TU nahesteht. Zahlreicher sind angehende Gründer, die von der Uni und der HAW zu ihm kommen. „Aber auch wissenschaftliche Mitarbeiter der Helmut-Schmidt-Universität sind darunter“, sagt Sperling. Selbst zwei Gründungen von Absolventen der Hochschule für Musik und Theater hat er schon begleitet. Schließlich richtet sich hep an Studenten und Angehörige aller Hamburger Hochschulen.

Unterstützt wird, wer mit einer neuen und innovativen Geschäftsidee überzeugen kann. Die x-te Agentur für Webdesign ist bei hep nicht an der richtigen Adresse. Die Gründer müssen Neuland betreten. Dafür besteht dann auch die Chance auf finanzielle Förderung. Der Bund hat für Innovationen das Programm Exist aufgelegt, die Stadt Hamburg das Programm Inno-Ramp-up. „Hier geht es um Gründungen, bei denen Banken und Sparkassen eher nicht einsteigen würden“, sagt Thomas Sperling. Zum Beispiel, weil der Markteintritt erst nach Jahrzehnten weiterer Forschung und Entwicklung stattfinden kann. Aber auch Familonet ist mit Inno-Ramp-up gefördert worden.

Gründungsberatung bodenständigerer Art bietet die von der Stadt Hamburg gegründete Lawaetz-Stiftung an. Dort wäre auch die besagte studentische Designagentur an der richtigen Adresse. Und auch sie hätte eine Chance auf finanzielle Förderung, zum Beispiel durch den Hamburger Kleinstkredit von bis zu 17.500 Euro. Die Vorauswahl dafür findet bei der Lawaetz-Stiftung statt, erzählt Gründungsberaterin Gundula Zierott.

Doch über alle Beratung und Planung hinaus müssen Gründer möglichst schnell aktiv werden. „Spätestens beim zweiten Buch sollte man aufhören zu lesen“, sagt Thomas Sperling. „Es ist wie beim Radfahren – das lernt man auch nicht aus einem Ratgeber.“