Zu viele Projekte, keine Anerkennung – das nervt. Doch Selbstmitleid hilft nicht, nur das Abstellen der Motivationskiller

Der beste Job, der tollste Partner, die schönste Wohnung – für viele muss das Leben ein einziger Superlativ sein. Das sorgt schnell für Frust. „Wir haben uns inzwischen eine Glücksmentalität zugelegt, der das Leben kaum gerecht werden kann“, sagt Juliane Dreisbach, Psychologin und Coach. Das gilt für das Privatleben genauso wie für den Job. „Wer ständig unzufrieden ist, weil das ultimative Glück nicht zu erreichen ist, bewegt sich immer mehr in der Spirale nach unten“, erklärt sie. Dabei lässt sich gerade im Job so mancher Motivationskiller aus dem eigenen Leben bekämpfen. Doch was raubt uns eigentlich den Elan im Job?

Mangelnde Anerkennung: Nicht gemeckert ist genug gelobt – nach diesem Grundsatz handeln immer noch viele Führungskräfte. In der Folge haben viele das Gefühl, dass niemand ihre Leistung würdigt. Das schlaucht. Doch Anerkennung vom Arbeitgeber lasse sich nicht einfordern, sagt Diplom- Psychologe Tom Diesbrock. Statt dem Lob vom Chef hinterherzulaufen, ist es häufig zufriedenstellender, selbst die eigenen Leistungen anzuerkennen.

Der Psychologe und Motivationstrainer Rolf Schmiel rät zu einem Kunstgriff, wenn ein Projekt gut gelaufen ist, das Lob vom Chef aber ausbleibt. „Man kann sich die eigenen Erfolge vor Augen führen, indem man nach einem erfolgreichen Projekt ein Foto mit den Partnern macht.“ So bleibe das Erreichte, auf das Beschäftigte stolz sein können, im Gedächtnis. Häufig sei es so, dass Mitarbeiter sich ihre Fehler über Jahre merkten, die Erfolge aber schnell vergessen.

Zu viel Ablenkung: Mails, Anrufe und dann noch plaudernde Kollegen, bei so viel Ablenkung wächst einem die Arbeit schnell über den Kopf. Um in diesem Chaos konzentriert zu arbeiten, hilft es nur, sich immer wieder kurz zurückzuziehen. „Eine Zeitlang keine Mails lesen, das Telefon umleiten und, wenn möglich, die Tür schließen“, rät Psychologe Diesbrock. Wer im Großraum arbeitet, kann versuchen, für eine Weile in einen unbesetzten Konferenzraum auszuweichen.

Mancher ist aber auch selbst für die Ablenkung verantwortlich, weil er zum Beispiel immer wieder gern mit den Kollegen plaudert – und sich dann hinterher ärgert, weil er nichts geschafft hat. „Da hilft nur Selbstdisziplinierung“, sagt Diesbrock. Eine gute Idee ist es, sich für eine bestimmte Uhrzeit mit Kollegen für eine Kaffeepause zu verabreden und die Plauderei auf dann zu verschieben.

Unordentlicher Schreibtisch: Es mag ja Menschen geben, die das Chaos brauchen, um zu Hochtouren aufzulaufen. Tatsächlich sind sie aber die Ausnahme. Denn in der Regel lenkt ein zu voller Arbeitsplatz nur von den eigentlichen Aufgaben ab. „Unerledigte Arbeit auf dem Schreibtisch in Form einer überquellenden Ablage versetzt uns in Stress“, sagt Tom Diesbrock. Jede Aufgabe, die Mitarbeiter abhaken können, und jeder Stapel, der dadurch verschwindet, sei motivierend. Beschäftigte sollten deshalb versuchen, auf ihrem Arbeitstisch Ordnung zu halten. Dafür können sie sich einen festen Termin in der Woche vornehmen, an dem sie ihn aufräumen.

Fehlende Energie: „Viele Mitarbeiter wollen alles geben, sind aber irgendwann psychisch und physisch gar nicht mehr dazu in der Lage“, warnt Psychologe Schmiel. Wichtig ist deshalb, für Ausgleich zu sorgen und die Akkus regelmäßig wieder aufzuladen. Nur dann können Mitarbeiter sich überhaupt motivieren. „Dazu gehört ausreichend Freizeit, genug Schlaf und für regelmäßige Bewegung im Alltag zu sorgen“, erklärt Rolf Schmiel.

Mindestens genauso entscheidend: „Darauf achten, dass man im Job und im Privatleben genug zu lachen hat.“ Das wirke sich positiv auf die eigene Einstellung aus, aber auch auf die Mitmenschen. Wer merkt, dass er stetig an Lebensfreude verliert, sollte sich dringend professionelle Hilfe holen. Möglicherweise steuert er auf einen Burn-out zu.

Zu viele Projekte: „Multitasking ist ein Mythos“, sagt Psychologe Diesbrock. Kein Mensch könne mehrere Projekte gleichzeitig erledigen, ist er überzeugt. Daher sei eine klare Ziel- und Prioritätensetzung wichtig. „Dazu gehört auch der Mut, dem Chef zu sagen, dass man das neue Projekt nicht annehmen kann, wenn das alte noch nicht abgeschlossen ist“, sagt Psychologe Schmiel. Wer das nicht schaffe, habe im schlechtesten Fall am Ende einen unzufriedenen Chef – und sei gleichzeitig selbst unzufrieden.

Um den Überblick zu behalten, ist es wichtig, sich einen klaren Zeitplan und eine To-do-Liste zu machen. Die sollte allerdings realistisch sein. Ist die Liste jede Woche nur zur Hälfte abgearbeitet, entwickelt sie sich im schlimmsten Fall auch zu einem Motivationskiller.

Falsche Erwartungen: „Oft steckt die Unzufriedenheit in uns selbst, weil wir alles vom Job erwarten, gute Bezahlung, nette Kollegen, interessante Aufgaben“, zählt Coach Juliane Dreisbach auf. Sie rät darum zu einem Soll-Ist-Vergleich: Was soll mein Job leisten, was kann ich erwarten, und was habe ich tatsächlich? Oft kommt dabei nämlich heraus, dass doch eine Menge wirklich sehr gut läuft.