Ein Kommentar von Mark Hübner-Weinhold

Mal ehrlich, wie oft haben Sie während des Sommerurlaubs Ihre beruflichen Mails gecheckt? Täglich? Sogar mehrmals täglich? Sind Sie deshalb jetzt ein Held der Arbeit? Nein, eher ein Sklave Ihrer eigenen Selbstüberschätzung.

Oder läuft es ohne Sie wirklich nicht im Betrieb? Müssen Sie auch am Mittelmeer oder in den Alpen die kleine Welt Ihrer Abteilung retten? Jeden Tag rund um die Uhr erreichbar sein? Für die Firma, für die Kunden, für den Chef?

Falls das so ist, haben Sie etwas falsch gemacht. Nämlich Ihren Laden nicht richtig organisiert, wichtige Aufgaben nicht gut delegiert. Dann haben Sie ignorante Kollegen oder die falschen Mitarbeiter. Solche, denen Sie nicht zutrauen, das Schiff während Ihres Urlaubs auf Kurs zu halten.

Es ist ja so verführerisch einfach: mal eben schnell auf dem Smartphone oder dem Tablet-PC ins Postfach schauen – egal, ob an der Algarve oder auf Sylt. Es könnte ja was Wichtiges passiert sein! Und außerdem kann man gleich die überflüssigen Mails löschen, dann staut sich das nicht so auf bis zum ersten Arbeitstag.

Wer das macht, tappt voll in die Falle der mobilen Kommunikationstechnik. Denn die Freiheit, überall online sein zu können, wird zur digitalen Fußfessel, wenn ich so ständig im Job bin. Wer den Akku seines Handys im Urlaub für berufliche Dinge strapaziert, kann selbst nicht aufladen.

Das kennen Sie doch: Wenn Sie erst einmal anfangen, E-Mails zu lesen und gar zu beantworten, sind Sie mental und emotional wieder voll drin im Arbeitsalltag, von dem Sie sich eigentlich erholen sollen. Denn per Gesetz ist Urlaub eine bezahlte Freistellung, um Arbeitskraft zu erhalten und wiederherzustellen. Wer nicht abschalten kann oder will, kommt nirgends richtig an: weder im Urlaub noch später im Job, weil wirkliche Erholung fehlt.

Geistige Frische gewinne ich nicht, indem ich die Themen, die mich urlaubsreif machen, auch im Urlaub weiterdrehe. Vom Stress mit genervten Partnern oder Kindern, für die man selbst in den wenigen Urlaubstagen nicht voll da ist, rede ich gar nicht. In diesem Sinne: Ich bin dann mal offline.