Die Leserfrage: Ich habe als Verkäuferin in einem Einzelhandelsgeschäft begonnen und warte seit drei Wochen auf meinen Arbeitsvertrag. Angeblich hat ihn der Steuerberater immer noch zur Prüfung. Ich habe Bedenken, dass ich nur ausgenutzt werde. Wie soll ich mich verhalten?

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Nach dem Nachweisgesetz hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. Sie haben erst einen Monat nach Beschäftigungsbeginn Anspruch auf einen schriftlichen Arbeitsvertrag, der Angaben zu Ihrem Arbeitgeber, zum Beginn des Arbeitsverhältnisses, zur Aufgabenstellung, zur Zusammensetzung des Arbeitslohns, zum Urlaub und zu den Kündigungsfristen enthalten muss. Ob es ratsam ist, diesen Anspruch mit Nachdruck durchzusetzen, bleibt fraglich. Gerade kleinere Unternehmen kennen häufig ihre Pflichten nur unzureichend und leiten möglicherweise aus Ihrer Forderung ab, dass Sie sich Ihrer Rechte bewusst sind und sich als „anstrengende“ Mitarbeiterin entpuppen könnten. Da Sie in den ersten sechs Monaten Ihres Arbeitsverhältnisses noch keinen Kündigungsschutz genießen, wird auf die Einforderung arbeitsrechtlicher Mindeststandards schnell mit einer Kündigung reagiert. Rechtlos sind Sie nicht, die Arbeitsgesetze enthalten zahlreiche Schutzregelungen.

Ohne schriftlichen Arbeitsvertrag gibt es keine Probezeit mit verkürzter Kündigungsfrist. Sie haben dann vier Wochen Kündigungsfrist. Das Bundesurlaubsgesetz regelt Ihren Mindesturlaub. Erhalten Sie keinen Lohn oder bestreitet der Arbeitgeber die Lohnhöhe, haben Sie Anspruch auf die tarifübliche Vergütung. Sie müssten nur beweisen können, dass und wie lange Sie in dem Geschäft gearbeitet haben. Hilfreich wären auch Belege zu den im Vorfeld vereinbarten Konditionen des Arbeitsverhältnisses, wenn Ihr Arbeitgeber tatsächlich keinen Vertrag vorlegen sollte. Warten Sie jedoch erst einmal ab, wie Ihr Arbeitgeber sich weiter verhält.

Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Internet unter www.rae-gleim.de