Die Leserfrage: Ich habe zwischen Schule und Studium fast neun Monate für eine neue, kleine Firma gearbeitet, die offenbar von Beginn an auf wackeligen Füßen stand. Als ich dort gekündigt habe, standen noch drei Monate Gehalt aus, die ich bis heute (zwei Monate danach) nicht bekommen habe. Was kann ich jetzt tun? Eventuell hat die Firma ja sogar schon Insolvenz angemeldet.

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Im ersten Schritt ist Eile geboten. Enthält Ihr Arbeitsvertrag eine Verfallklausel, müssen Sie Ihre offenen Ansprüche schnellstmöglich schriftlich bei Ihrem ehemaligen Arbeitgeber anmelden. In vielen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, die nicht binnen einer Frist von meistens drei Monaten ab Fälligkeit schriftlich geltend gemacht worden sind, verfallen. Solche Regelungen sind zulässig, manche Tarifverträge sehen sogar noch kürzere Verfallfristen vor. Für einen Teil Ihrer offenen Gehaltsansprüche könnte es dann zu spät sein.

Im nächsten Schritt sollten Sie prüfen, ob Ihr ehemaliger Arbeitgeber Insolvenz angemeldet hat. Die deutschen Insolvenzgerichte haben ein Portal eingerichtet, das die Suche nach laufenden Insolvenzverfahren ermöglicht (www. insolvenzbekanntmachungen.de). Sollte dieser Fall eingetreten sein, können Sie Ihre Forderungen nur noch zur Insolvenztabelle anmelden. In welcher Höhe Sie dann irgendwann einmal zumindest einen Teil davon erhalten, hängt vom Verlauf des Insolvenzverfahrens ab. Die Quoten liegen durchschnittlich bei ein bis fünf Prozent. Darüber hinaus können Sie bei der Agentur für Arbeit innerhalb von zwei Monaten ab dem Insolvenzereignis Insolvenzgeld beantragen, wenn für bis zu drei vorausgehende Monate noch Gehälter offen sind.

Wenn keine Insolvenz vorliegt, können Sie nur versuchen, Ihre Ansprüche innerhalb der Verfallfristen einzuklagen. Ohne Rechtsschutzversicherung haben Sie, um Kosten zu sparen, die Möglichkeit, bei der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts eine Klage aufsetzen zu lassen und Prozesskostenhilfe für die Beauftragung eines Anwalts zu beantragen.

Unser Autor Dr. Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Internet unter www.rae-gleim.de