Eine Kommentar von Jon Christoph Berndt

Wer im Berufsleben aufsteigt, gerät unter verschärfte Beobachtung. Es wird verglichen und gemutmaßt, dass es eine Freude ist. Je bekannter die Organisation, je prominenter die Position, desto munkel. Gut, wenn man als Neuer eine Portion Vertrauensvorschuss bekommen hat und mit überzeugender Mehrheit zum Neuen bestimmt wurde. Da scheinen dann die Menschen etwas zu sagen zu haben, die einem das wirklich zutrauen.

Der neue DGB-Chef Reiner Hoffmann ist nur drei Jahre jünger als sein in den Ruhestand gegangener Vorgänger und noch ganz ohne Sorgenfalten. Man nennt ihn den „fröhlichen Funktionär“, wie schön. Und der genießt ein Leben, zu dem schon immer die Gewerkschaft gehörte: mit 15 eingetreten, Kettenraucher und Langstreckenläufer, zwei Kinder, Wohnung mitten in Berlin, Haus in der Wuppertaler Natur. Alles ziemlich friedlich, idyllisch, idealtypisch.

Die Umgebung für durchschnittliche Arbeiter und Angestellte im DGB ist dagegen komplizierter geworden: Hochqualifizierte sind immer mehr gefragt, individuelle Aufgaben statt Fließbandarbeit, und der Wettbewerb mit Fernost wird härter. Neue Umstände, neue Maßnahme: „Wir wollen das Thema ‚gute Arbeit‘ zu einer Brand machen“, sagt Hoffmann, der selbst eine profilierte Marke ist. Sein Ansinnen ist ziemlich zeitgemäß. „Wir wollen nicht mehr nur mit Mindestlohn und Prekariat identifiziert werden und das Image der Ewiggestrigen und Bremser haben. Wir stehen für gute Arbeit.“ Gute Arbeit als Marke? So pragmatisch sieht das ein Spitzen-Gewerkschafter der aktuellen Stunde. Und: Der macht das auch!

In einer Welt, in der sich Argwohn breitmacht und die schlechten zu guten Nachrichten werden, braucht es optimistische Macher. Diese Menschen glauben daran, dass der Mensch an sich gut ist; sie vertrauen Menschen, die auf sich selbst vertrauen. Das lässt sie im Rampenlicht gelassen bleiben, um sich auf das zu konzentrieren, was sie wirklich können und wollen; im Sinne aller. Im Kleinen geht das auch – bei jedem, jeden Tag.

Jon Christoph Berndt ist Markenexperte, Management-Trainer und Keynote-Speaker. Im Internet unter www.human-branding.de