Die Leserfrage: Ich bin Azubi im zweiten Jahr. Ich arbeite in zweiter Schicht (bis 22 Uhr), verhandle mit Kunden, bin oft allein im Laden. Die Verantwortung nimmt mich mit, und mein Vater meint, das dürfe mir nicht aufgebürdet werden. Ist das so?

Das sagt Rechtsanwalt Rainer Stelling: Der Einsatz eines Auszubildenden in einem Schichtsystem ist grundsätzlich zulässig. Ob Sie allerdings in einer Abendschicht bis 22 Uhr eingesetzt werden dürfen, hängt von Ihrem Alter ab. Nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz dürfen Auszubildende über 16 Jahre und bis zum 18. Lebensjahr in der Gastronomie bis 22 Uhr und in mehrschichtigen Betrieben sogar bis 23 Uhr beschäftigt werden. In allen anderen Betrieben darf ein minderjähriger Auszubildender nur bis 20 Uhr tätig sein. Nachtarbeit kommt daher erst für volljährige Auszubildende in Betracht. Das Arbeitszeitgesetz bestimmt zudem, dass ein Auszubildender täglich nicht mehr als acht Stunden arbeiten darf.

Welche Verantwortung Sie tragen müssen, hängt stark vom Ausbildungsberuf und der Einschätzung Ihrer Fähigkeiten durch den Ausbilder ab. Wenn er Sie allein lässt und bevollmächtigt, Geschäfte mit Kunden abzuschließen, ist das sein unternehmerisches Risiko. Auch minderjährige Auszubildende können nach dem Gesetz wirksam bevollmächtigt werden und gelten in Ladengeschäften gegenüber den Kunden sogar als ermächtigt, gewöhnliche Verkaufsgeschäfte abzuschließen.

Der Ausbilder muss jedoch seiner Ausbildungspflicht nachkommen und darf Sie nicht als billige Arbeitskraft ausnutzen. Außerdem hat er eine Aufsichtspflicht. Machen Sie einen Fehler, weil Sie allein im Laden gelassen wurden und auf eine bestimmte Herausforderung nicht vorbereitet waren, wird man Sie in der Regel nicht zur Rechenschaft ziehen können.

Wenn Sie sich allerdings überfordert fühlen, sollten Sie dies mit Ihrem Ausbilder besprechen. Scheitert ein solches Gespräch oder fühlen Sie sich ausgenutzt und nicht richtig ausgebildet, sollten Sie sich vertrauensvoll an die für Ihre Berufsausbildung zuständige Kammer oder an die Innung wenden.

Unser Autor Rainer Stelling ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Internet unter www.rae-gleim.de