In den Familienbetrieb einzusteigen birgt Stolpersteine. Der Nachwuchs muss sich Respekt und Vertrauen erst erarbeiten

Es war ein Einstieg auf Raten: Vor 33 Jahren machte Gernot Walter, 49, eine Lehre zum Sanitär- und Heizungsbauer in der Firma seines Onkels. Inzwischen ist er im Betrieb selbst der Chef. Doch bis hierher war es ein langer Weg: „Wenn man als Familienangehöriger die Ausbildung beim Vater oder Onkel macht, werden viel höhere Ansprüche gestellt als an einen anderen Azubi“, sagt er. Für die Übernahme des Chefpostens hat sich Walter nach der Lehre einige Jahre Zeit gelassen. Denn er wollte erreichen, was für viele Nachrücker im Familienbetrieb große Hürden sind: die Akzeptanz durch die Mitarbeiter und das Loslassen des alten Chefs. „Viele denken, dass man als Familienmitglied von ganz alleine nach oben stolpert“, sagt Walter.

Doch die Nachrücker selbst sehen das ganz anders. In der Studie „Bridging the gap“ der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) gaben 88 Prozent der befragten Juniorchefs an, dass sie härter arbeiten müssten als andere, um sich den Respekt der Kollegen und Kunden zu sichern. Sich das Vertrauen ihrer Kollegen zu erarbeiten, empfinden laut Studie 59 Prozent der Söhne und Töchter von Firmeninhabern sogar als „größte Hürde“ fürs Gelingen der Firmenübergabe.

Auch Gernot Walter wollte es sich nicht nachsagen lassen, er habe sich in ein gemachtes Nest gesetzt. Er absolvierte diverse Meisterprüfungen und arbeitete mehrere Jahre in anderen Betrieben, um sich dort die ersten Sporen zu verdienen. „Es war gut, zu lernen, wie andere arbeiten, sich neue Impulse zu holen“, sagt er rückblickend.

Ein Vorgehen, das nach Ansicht des BWL-Professors Stefan Prigge genau richtig war. „Der Sohn oder die Tochter wird innerhalb des Unternehmens zumeist mit Argusaugen beobachtet“, sagt Prigge, der an der Hamburg School of Business Administration (HSBA) lehrt. Jeder noch so kleine Fehler werde gesehen und kommentiert. Daher rate er, vor dem Einstieg in den Betrieb erst in einem anderen Unternehmen Karriere zu machen. Dann werde man später im Familienbetrieb von den Mitarbeitern eher für voll genommen – und für die eigenen Leistungen respektiert.

Doch um als Juniorchef im Familienbetrieb den Einstieg zu schaffen, müsse sich auch der Senior fair verhalten. Gerade, wenn es später um das Thema Stabsübergabe geht. Dann sei es wichtig, dass der alte Chef loslasse und die Erben machen lasse. Um dies dem Senior zu erleichtern, sollte dieser für den Ruhestand schon eine neue Beschäftigung haben. „Und zwar nicht nur den Garten oder das Haus“, rät Stefan Prigge. In größeren Unternehmen biete sich die Gründung einer Stiftung an, die der alte Chef leiten kann.

Außerdem sollte der Senior sich zeitig um seine Firmennachfolge kümmern: „Ein Unternehmen muss dringend über Notfallpläne verfügen, damit im Ernstfall nicht alles zusammenbricht“, sagt Professor Prigge. Doch insbesondere die Gründergeneration, die ihre Firma erstmals an die nächste Generation weitergibt, tut sich schwer mit der Nachfolgeplanung, hat die PwC-Studie ergeben. Worunter offenbar die Töchter und Söhne der Gründer leiden, denn sie zeigten sich weniger enthusiastisch über den Stabwechsel: 20 Prozent von ihnen gaben an, dass sie der neuen Aufgabe nicht mit Vorfreude entgegensehen. Bei den Befragten, deren Unternehmen bereits einen oder mehrere Generationswechsel mitgemacht hat, waren nur acht Prozent so kritisch.

Wie wichtig ein Testament ist, das alle Details der Übergabe regelt, betont Rechtsanwalt Thomas Betzer. In der Theorie klingt das selbstverständlich. In der Praxis drücken sich jedoch viele Seniorchefs davor. Das führt häufig zu großen Problemen: Denn müssen die Erben hinterher die Unternehmensnachfolge unter sich regeln, kommt es oft zu Streit. Gerade bei umfangreichen Nachlässen und komplexen Familienverhältnissen gebe es dann regelmäßig Probleme, weiß Anwalt Betzer.

Ein Testament sollte deshalb immer juristisch wasserdicht sein. „Nur nichts Selbstgestricktes!“, warnt der Anwalt. Er rät in diesem Punkt zu professioneller Hilfe. Denn unklare oder fehlerhafte Testamentsgestaltungen könnten im Nachhinein zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen führen. Wird der Nachlass nur zu Hause am Küchentisch durchgesprochen, geht das meist schief.

Damit die Karriere im Familienbetrieb klappt, sollte der Nachwuchs schließlich Schritt für Schritt einsteigen. „Bei einer Unternehmensgruppe bietet es sich an, dass zunächst einzelne Teile der Gruppe vom Nachfolger als Geschäftsführer geleitet werden“, sagt Anwalt Betzer. So übernimmt der Nachwuchs nach und nach Aufgaben und Kompetenzen. Dabei gewinnt er Zeit, sodass Selbstvertrauen und Selbstständigkeit mitwachsen können.