Wer Naturwissenschaften studiert, landet im Labor? Nicht unbedingt. Auch in Beratungen und Verbänden gibt es Jobs für Biologen, Chemiker und Physiker. Geschätzt werden etwa ihre analytische Fähigkeiten.

Stundenlang im Labor stehen und Experimente machen – so stellt sich mancher die Arbeit von Naturwissenschaftlern vor. Abseits dieser klassischen Tätigkeiten gibt es weniger bekannte Einsetzfelder für Biologen, Chemiker und Physiker. Wer sich für sie interessiert, sollte früh nach den Nischen auf dem Jobmarkt suchen – und am besten bereits im Studium Zusatzqualifikationen erwerben.

Rund 42.000 Chemiker sind derzeit in Deutschland angestellt, wie aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg hervorgeht. Etwa jeder Dritte ist in der chemischen Industrie tätig. Die wenigsten legten in der Produktion noch selber Hand an, sagt Karin Schmitz. Sie ist zuständig für Karrierethemen bei der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh). Viele arbeiten in der Entwicklung von chemischen Stoffen oder planen die Einführung neuer Produkte. Rund jeder Achte ist bei Unternehmen angestellt, die Medikamente, Kosmetik, Lebensmittel oder Textilien produzieren. Ein weiteres Drittel schlägt nach dem Studium eine Hochschulkarriere ein.

Naturwissenschaftler können sich im Wissenschaftsjournalismus etablieren

Außer diesen klassischen Tätigkeitsfeldern gibt es die Möglichkeit, in der Öffentlichkeitsarbeit oder im Wissenschaftsjournalismus Fuß zu fassen. Auch im Patentwesen oder in der Qualitätssicherung würden Chemiker gesucht, erklärt Schmitz. Außerdem stellten Unternehmensberatungen sie ein. „Gerade die Beraterbranche ist ganz scharf auf Naturwissenschaftler und deren Denke“, sagt sie. Geschätzt werden etwa ihre analytische Fähigkeiten.

Was die Finanzen anbelangt, haben Chemie-Absolventen unter den Naturwissenschaftlern die Nase vorn. Gehälter von rund 5000 Euro brutto im Monat seien dort nicht unüblich, sagt Paul Ebsen, Referent bei der Bundesagentur für Arbeit. „Das ist selbst für Akademiker überdurchschnittlich.“ Viele verdienen allerdings auch deutlich weniger. Häufig sind Chemieabsolventen sehr gut qualifiziert. Drei von vieren beenden ihr Studium mit einer Promotion.

Mindestens ebenso vielfältig wie für Chemiker ist das Jobspektrum für Biologen. Klassische Einsatzgebiete seien die Forschungsabteilungen in den Bereichen Biotechnologie, -medizin und -informatik, sagt Kerstin Elbing vom Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland. Allein in der Biotechnologie sind 35.000 Absolventen angestellt. Auch Hochschulen oder forschungsnahe Stiftungen suchen nach ihnen. Häufig arbeiteten Biologen dort als Koordinatoren in der Administration und im Wissenschaftsmanagement, erklärt Elbing.

Eine Alternative kann es sein, in die Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit von Verbänden, nicht staatlichen Organisationen, Museen oder botanischen und zoologischen Gärten zu gehen. „Einstiegsstellen sind jedoch häufig befristet“, warnt Elbing. Viele Beschäftigte arbeiteten auch auf Honorarbasis. Eine weitere Option kann eine Tätigkeit im Umweltbereich zum Beispiel bei Naturschutzorganisationen sein. Wer sich dafür interessiert, sollte sich jedoch darauf einstellen, dass dort ebenfalls Freiberuflichkeit und befristete Stellen verbreitet sind.

Physiker sind vor allem in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen in der Elektronikbranche, im IT-Sektor und in der Automobilwirtschaft gefragt. Die Fachkräfte arbeiteten aber auch in der Luft- und Raumfahrt oder in der Medizintechnik, zählt Paul Ebsen von der Arbeitsagentur auf. Etwa jeder Neunte sei bei einer Hochschule oder einer anderen Bildungseinrichtung angestellt. Eine andere Karriereperspektive kann für sie ein Job in einer Unternehmensberatung sein. Weiter kommen Tätigkeiten im Journalismus, in der Öffentlichkeitsarbeit oder auch im Vertrieb in Betracht.

Wer eine Tätigkeit abseits der klassischen Berufsfelder anstrebt, sollte das allerdings schon im Studium vorbereiten. Gut sei, sich in den Semesterferien zusätzliche Kenntnisse in Betriebswirtschaft oder im Projektmanagement anzueignen. Das gilt besonders für Naturwissenschaftler, die in Unternehmensberatungen arbeiten wollen. Das könne beispielsweise ein Lehrgang in den Semesterferien oder ein zusätzliches Seminar sein, erklärt Ebsen.

Wen Umweltthemen interessieren, kann übers Ehrenamt Kontakte knüpfen

Eine andere Möglichkeit sei, fehlende Kompetenzen durch Praktika auszugleichen, ergänzt Karin Schmitz vom Chemiker-Verband GDCh. Wer im Umweltbereich anfangen will, schafft den Einstieg möglicherweise über ein Ehrenamt.

Doch ob klassisches Berufsfeld oder eher ein Job in der Nische: Auf jeden Fall sollten Studierende bei der Berufswahl nicht nur den Arbeitsmarkt im Blick haben. „Das Studium dauert schließlich viele Jahre, währenddessen kann sich ein Trend auch verändern“, sagt Schmitz. Persönliche Interessen und Stärken dagegen seien von Dauer und sollten möglichst schon vor der letzten Studienphase entwickelt werden.

Während des eng getakteten Bachelor-Studiengangs sei zwar meist wenig Raum für derlei Zusatzqualifikationen. Aber im Master-Studiengang sei das durchaus möglich, sagt Ebsen. Und die Studienstatistik zeige: „Ob Physik, Biologie oder Chemie – fast niemand steigt mit dem Bachelor aus, die meisten erwerben mindestens den Master.“