Arbeitgebern im sozialen Bereich fehlen Fachkräfte. Gesundheitskurse und familienfreundliche Schichten sollen helfen

Wenn Altenpfleger Frank Husen von seiner Patientin spricht, dann leuchten seine Augen, und er kommt ins Schwärmen. „Zuckersüß ist sie, eine echte Hamburgerin, die mit ihrem Schicksal nicht hadert und ihren Humor durch ihre Krankheit nicht verloren hat“, sagt er. Seit dem Jahr 2010 ist Frank Husen Altenpfleger beim Hauspflegeverband Barmbek-Uhlenhorst, hatte nach dem Realschulabschluss zunächst Praktika in zwei Kliniken gemacht sowie ein soziales Jahr beim Deutschen Roten Kreuz und seinen Zivildienst in der Behindertenpflege absolviert. Dann folgte die Ausbildung an einer privaten Pflegeschule in Stralsund. Was mag er so besonders an seiner Arbeit? „Was man gibt, bekommt man zurück. Ich gehe jeden Tag glücklich zur Arbeit“, sagt der 29-Jährige.

Die Arbeitsbedingungen in den sozialen Berufen gelten oft als schlecht. Körperlich anstrengend seien die Jobs, dazu schlecht bezahlt, und sie würden schnell zur psychischen Belastung. Und gerade unter den ambulanten Pflegediensten gibt es schwarze Schafe, die das Pflegegeld einstreichen und es dennoch an der entsprechenden Fürsorge fehlen lassen. Wer Frank Husen von seinem Job schwärmen hört, mag all das kaum glauben. „Natürlich sind wir keine Roboter, sondern auch nur Menschen“, sagt er. „Aber die lustige Barmbekerin fragt mich ja auch manchmal, wie es mir geht. Unsere Pflegekunden wissen, was wir leisten und zeigen auch, dass sie sich um uns sorgen.“

Bei der Diakonie gehören fast alle Mitarbeiter einer christlichen Kirche an

Husens Arbeitgeber, die Hauspflegestation Barmbek-Uhlenhorst, arbeitet nach den Leitlinien der Diakonie Hamburg. 20.000 Mitarbeiter sind in den 80 Pflegeeinrichtungen sowie den evangelischen Kitas und Anlaufstellen für Jugendliche, Flüchtlinge und Obdachlose beschäftigt. „Um bei uns zu arbeiten, sollte man in der Regel einer christlichen Kirche angehören“, sagt Steffen Becker von der Diakonie. Ausnahmen gebe es, etwa beim Klinikpersonal. „Und wir beschäftigen beispielsweise eine Muslima in der Schwangerenkonfliktberatung, die Anlaufstelle für viele islamische Frauen ist.“

Wer sich bei einem Arbeitgeber im sozialen Bereich bewirbt, hat immer eine besondere Motivation, glaubt Axel Graßmann, Geschäftsführer der Lebenshilfe Hamburg. „Wir sind überzeugt, dass wir mit unserem Job Gutes tun.“ Dennoch ist der Fachkräftemangel bei allen Arbeitgebern im sozialen Bereich Thema, auch bei der Caritas. „In den Kitas ist er vor allem durch den massiven Ausbau begründet, der ja eigentlich positiv ist“, sagt Timo Spiewak, Sprecher vom Caritasverband für Hamburg. „Aber wir kommen mit der Ausbildung kaum noch hinterher.“

Wiederkehrende Kritik an Arbeitgebern in der Branche und die schlechte Bezahlung nagen jedoch am Image der Berufe. „Dabei ist die Bezahlung eines Vollzeitjobs in Ordnung, es gibt eben nur sehr viele Teilzeitstellen“, sagt Spiewak. Bei der Caritas wie auch bei anderen Arbeitgebern im sozialen Bereich sind mehr als 80 Prozent der Mitarbeiter in Teilzeit angestellt.

Frank Husen arbeitet in regelmäßigen Schichten, montags bis freitags von sieben bis 14 Uhr. Jeden Morgen besucht er sechs Pflegekunden, wie er die Patienten respektvoll nennt. „Ich bin ihr Bezugspfleger, das ist wichtig“, sagt er. „Sie kennen mich und vertrauen mir, das ist entscheidend für gute Pflege.“

Manchmal aber hat der Job auch für den fröhlichen 29-Jährigen seine Schattenseiten, wenn, wie gerade neulich, ein langjähriger Pflegekunde stirbt. „Das ist eben der Unterschied zur Arbeit als Pfleger in einer Klinik: Bei uns handelt es sich meist um finale Pflege.“ In solchen Situationen und wenn Frank Husen mal Schwierigkeiten mit dem Abschalten nach der Arbeit hat, helfe ihm die Supervision, sagt er. Zusammen mit einigen Kollegen nimmt er wöchentlich eine psychologische Unterstützung seines Arbeitgebers in Anspruch, bei der die Mitarbeiter über ihre Erfahrungen in der Pflege sprechen können. „Wir arbeiten in diesem Beruf ja viel allein“, sagt der 29-Jährige.

„Es ist kein Geheimnis mehr, dass der Job herausfordernd ist“, sagt Michael Sander, Geschäftsführer vom Arbeiter-Samariter-Bund Hamburg. Beim ASB konzentriert man sich deshalb inzwischen nicht mehr ausschließlich auf die Mitarbeitergewinnung, sondern auch auf die Mitarbeiterbindung. Mit einem Angebot an Gesundheitskursen und speziellen Schichten, beispielsweise für Mütter, die erst beginnen, wenn die Kitas schon geöffnet haben. Schließlich gebe es viele Alleinerziehende in der Stadt, sagt Sander.

Für Mitarbeiter gibt es Obsttage, freie Getränke und bezahlte Überstunden

Frank Husen hat sein Beruf bisher gesundheitlich nicht geschadet: „In vier Jahren war ich nur einen einzigen Tag krank, da bin ich vom Fahrrad gestürzt.“ Die Hauspflegestation Barmbek-Uhlenhorst bemüht sich mit Obsttagen, freien Getränken und bezahlten Überstunden, ihren Teil zum Wohlbefinden der Mitarbeiter beizutragen.

Um abends den Arbeitstag auch gedanklich abzuschließen, sucht sich der Pfleger bewusst Ruhepunkte, geht oft auf Konzerte und liest viel. Manchmal allerdings denkt er dennoch an seinen Job, obwohl er schon längst Feierabend hat. Dann zum Beispiel, wenn er seine Handtücher zusammenlegt: „Eine Pflegekundin hat mir da mal einen Trick gezeigt“, sagt er. „Die alten Menschen erzählen so viel und haben einen großen Erfahrungsschatz, man kann viel von ihnen lernen.“