Die Leserfrage: Ich bin total geschockt. Vergangene Woche habe ich – für mich völlig unerwartet – eine Abmahnung erhalten. Angeblich bin ich mehrfach zu spät zur Arbeit gekommen. Das stimmt aber gar nicht. Kann ich dagegen vorgehen? Ich habe mir doch nichts zuschulden kommen lassen.

Das sagt Rechtsanwalt Heiko Peter Krenz: Eine Abmahnung muss erst einmal verdaut werden. Vor allen Dingen, wenn man sich unschuldig fühlt. Zwar stellt die Abmahnung noch keine Kündigung dar, zeigt jedoch schon einmal deutlich in diese Richtung. Fühlt sich ein Arbeitnehmer nach ruhiger Überlegung dadurch tatsächlich ungerecht behandelt, sollte er gegen diese „gelbe Karte“ durch den Arbeitgeber vorgehen. Jeder Schritt sollte aber wohlüberlegt sein. Heftige verbale Reaktionen im Unternehmen können schnell nach hinten losgehen. Insbesondere dann, wenn sich der in der Abmahnung geäußerte Vorwurf später als Missverständnis herausstellt.

Gut beraten ist daher derjenige, der sich zunächst zu einer schriftlichen Gegendarstellung entschließt. Hierdurch kann der Arbeitnehmer sachlich darlegen, warum die Abmahnung aus seiner Sicht unbegründet ist. Oftmals ist es dabei hilfreich, Einsicht in die Personalakte zu verlangen, um über den vorgeworfenen Sachverhalt genauestens informiert zu sein. Die Stellungnahme muss schließlich der Personalakte beigefügt werden, selbst dann, wenn der Chef mit deren Inhalt nicht einverstanden ist. Sie darf erst wieder entfernt werden, wenn zugleich die Abmahnung beseitigt wird.

Wer von einer Abmahnung betroffen ist, kann außerdem beim Betriebsrat Beschwerde einreichen und dort um Unterstützung bitten. Zwar hat der Betriebsrat vor Ausspruch einer Abmahnung kein Mitbestimmungsrecht. Er kann jedoch zwischen beiden Seiten vermitteln und positiv auf den Arbeitgeber einwirken. Helfen alle guten Worte und Maßnahmen nichts, könnte notfalls vor Gericht auf Entfernung der Abmahnung geklagt werden. Denn auch wenn im Alltag bald Gras über die Sache wächst, ein Makel in der Personalakte bleibt allemal zurück.

Unser Autor Dr. Heiko Peter Krenz ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. Im Internet: www. krenz-kanzlei.de