Bewerber für ein Studium rund um Film und TV müssen nicht fit in der Kameratechnik sein, jedoch sollten sie bildhaftes Vorstellungsvermögen haben

Die Leidenschaft gärte früh: „Schon als Kind habe ich meinen Onkel für seinen Job als Fotograf bewundert“, sagt Christian Saure. Als Elfjähriger kaufte er sich auf dem Flohmarkt eine Super-8-Kamera. Mit 16 Jahren drehte er damit nach einigen Kurzfilmen seinen ersten längeren Film. „Anfangs war es nur Interesse und Spielerei, daraus wurde aber immer mehr“, sagt der heute 25-Jährige. Die Faszination, Geschichten in bewegten Bildern zu komponieren, ließ ihn irgendwann nicht mehr los. Inzwischen sitzt er an seiner Bachelor-Arbeit im Studium Film und Fernsehen mit dem Schwerpunkt Kamera für die Medienakademie in Hamburg.

„Der Bereich Kamera spricht eher eine spezielle Gruppe an, die meisten Studenten entscheiden sich in ihrem Filmstudium jedoch für den Bereich Regie“, sagt Ulrike Dobelstein-Lüthe, Studienleiterin Hamburg der Medienakademie. Jährlich schließen im Schnitt rund zehn Bachelor-Absolventen mit Schwerpunkt Kamera an der Medienakademie ab.

Um dort angenommen zu werden, musste Saure nicht nur das Abitur nachweisen, sondern auch verschiedene Arbeitsproben vorlegen – das konnten zum Beispiel Fotostrecken, Filme oder Drehbücher sein. Später folgten ein schriftlicher Test und ein halbstündiges Gespräch. „Wer keine praktischen Erfahrungen gesammelt hat, für den entwickeln wir Zusatzaufgaben wie eine Fotoreportage“, sagt Dobelstein-Lüthe. Schließlich erwarte man gar nicht, dass die Bewerber fit in der Kameratechnik sind, jedoch sollten sie über filmisches Verständnis und den Blick fürs Detail verfügen. Mitbringen sollte man zudem – auch für den späteren Job hinter der Kamera – Kreativität, Zuverlässigkeit, Flexibilität, Neugierde sowie Teamfähigkeit – und technische Affinität. „Kamera-Technik nimmt etwa 60 Prozent der Inhalte ein, wie etwa Kamera- und Medienproduktionssysteme sowie Film- und Fernsehtechnik“, sagt Dobelstein-Lüthe. Die restlichen 40 Prozent gelten der Entwicklung gestalterischer Fähigkeiten. „Wir bilden für den Markt aus und vermitteln solides Handwerkszeug.“

In der Tradition des künstlerischen Autorenfilms hingegen sieht sich die Hochschule für bildende Künste Hamburg (HFBK), die für das Studium Bildende Künste auch einen Schwerpunkt Film ausweist. „Wir vermitteln zwar auch technische Fähigkeiten für den Umgang mit der Kamera, im Fokus steht aber die künstlerische Idee und Herangehensweise“, sagt HFBK-Sprecherin Beate Anspach. Dabei existiere keine Trennung der klassischen Felder wie Regie, Drehbuch und Kamera.

Wer einen Master anhängen möchte, ist bei der Hamburg Media School richtig, die solch einen Studiengang über vier Semester anbietet. „Bewerber müssen den Abschluss des Erststudiums nachweisen und zwei bis drei Filme einreichen“, sagt Achim Poulheim, Leiter des Bereichs Kamera an der Hamburg Media School. Finden diese Zuspruch, steht eine Aufnahmeprüfung an. Außerordentliche Talente mit Praxiserfahrung haben aber auch ohne Studium eine Chance. Alle zwei Jahre werden für das Fach Kamera nur sechs Studenten angenommen, um die sich dann zwei Bereichsleiter kümmern. „Das Verhältnis untereinander und das Studium hier sind sehr intensiv“, sagt Poulheim. Zudem arbeiten alle Dozenten noch hauptberuflich im Filmgeschäft, allein das garantiere eine sehr praxisorientierte Ausbildung.

Wer keinen Master machen möchte, nimmt nach dem Bachelor meist den Weg über eine Arbeit als Kameraassistent, um später zum Kameramann aufzusteigen – praktische Erfahrungen stehen aber auch schon im Studium im Vordergrund. „Bereits in der dritten Woche sind wir für Übungen mit Kameras losgezogen“, sagt Saure. Drei Wochen später drehte er seine erste Zehn-Minuten-Dokumentation über die Seemannsmission Duckdalben. „Die Kamera ist mein Werkzeug und lässt sich am besten im Umgang verstehen“, sagt Saure. Auch deshalb ist ein dreimonatiges Praktikum während des Studiums bei einem Kameraverleiher zur Vertiefung des technischen Wissens Pflicht. Saure hat zudem immer wieder bei kleinen und größeren Filmproduktionen als Kameraassistent gearbeitet. „Das bringt nicht nur Erfahrung, sondern auch wertvolle Kontakte für später“, sagt Saure.

„Ohne Kontakte kommt man in der Branche nicht weiter“, sagt auch Poulheim. Ein Netzwerk baue man sich bereits während des Studiums über Kommilitonen, Dozenten und Jobs auf. „Die wenigsten Kameraleute sind später fest angestellt“, sagt Poulheim. Die meisten arbeiten freiberuflich und drehen Filme für Fernsehen, Kino oder Werbung. „Immer mehr Absolventen gehen zudem in den Online-Bereich“, sagt Dobelstein-Lüthe. Dieser entwickele sich zurzeit zum Zukunftsmarkt.

Saure hat sich neben dem Studium bereits in zwei Kinofilmen, zehn Kurzfilmen und etlichen Werbefilmen verdingt. „Früher hatte ich den Plan: „Erst das Studium, dann Hollywood“, sagt Saure und lacht. Der Zahn werde einem aber schnell im Studium gezogen. Seinen Traum von anspruchsvollen Kinofilmen hat er aber noch nicht gänzlich aufgegeben: „Dann aber wohl doch eher in Babelsberg.“