Serie „Eltern im Job“. Teil 9: Wie Freiberuflerinnen ihren Arbeitsalltag organisieren. Ein gutes privates Netzwerk ist für diese Mütter besonders wichtig

Autorin von Drehbüchern, Redakteurin bei einem Wissenschaftsmagazin, Radiomoderatorin, Kursleiterin einer Schreibwerkstatt: Annette Riestenpatt hat als freiberufliche Journalistin und Autorin schon vieles gemacht. „Neuland zu betreten, fand ich immer spannend“, sagt die 49-Jährige.

Doch keiner der Jobs hat ihre Arbeitswelt je so stark umgekrempelt wie der inzwischen siebenjährige Sohn Ari. „Kind und Freiberuflichkeit unter einen Hut zu bekommen, das war noch mal eine ganz besondere Herausforderung“, sagt Riesenpatt. Zumal sie ein Jahr nach der Geburt diesen Spagat als Alleinerziehende bewältigen musste.

„Der Schritt in die Selbstständigkeit mit Nachwuchs ist keinesfalls einfach, er kann sich aber durchaus lohnen“, sagt Andrea Förster-Schembach von Schöne Aussichten – Verband selbständiger Frauen. Schließlich gestalte sich der Wiedereinstieg nach der Geburt auch als Angestellte oft unwegsam. Oft würden Frauen in Teilzeit in ihrem Job auf langweilige Projekte abgeschoben. Die Unabhängigkeit und Flexibilität in der eigenen Firma könne dann eine gute Alternative bieten, sagt Förster-Schembach.

Für Korinna Steffen unterm Strich ein klarer Vorteil. Die Hamburgerin hat im Jahr 1999 VisionAktion gegründet, eine Firma für Personal- und Managementtrainings, inzwischen mit drei Angestellten und einem großen Netz freier Mitarbeiter. Für ihre Auftraggeber organisiert sie deutschlandweit zum Beispiel Trainings zur Teamentwicklung oder zu Konfliktlösungen. Vor achteinhalb Jahren wurde ihre Tochter Stina geboren, drei Jahre später Sohn Kato. Seitdem sieht ihr Arbeitstag oft anders aus als vorher. Wenn beide Kinder in der Schule sitzen, bereitet sie bis 15 Uhr Konzepte vor und telefoniert mit Kunden. Oft legt sie eine zweite Schicht ein: abends ab 20 Uhr, wenn der Nachwuchs im Bett ist. Wenn sie auswärts Trainings leitet, legt sie nach Möglichkeit nie zwei Einsätze direkt hintereinander. „Um immer nur ein paar Tage im Stück unterwegs zu sein“, sagt die 43-Jährige.

Damit es mit Terminen in anderen Städten und am Abend klappt, hilft ihr ein Back-up-System. Steffen kann dabei nicht nur auf ihren Mann bauen, mit dem sie zur besseren Abstimmung einen gemeinsamen Outlook-Kalender pflegt. Sondern ebenso auf ihre Schwestern, die Nichte und die Schwiegermutter, sie springen auch kurzfristig ein.

Die Familie von Annette Riestenpatt lebt nicht in Hamburg, sie setzt auf Ganztagsbetreuung in der Schule, wo ihr Sohn bis 18 Uhr einen Platz hat. Am Abend übernimmt eine Nachbarin hin und wieder das Babyfon, wenn ihr Sohn schläft und ein Termin ansteht.

Über eine längere Elternzeit, wie sie angestellte Mütter erwägen können, denken die meisten Selbstständigen gar nicht erst nach. Sie steigen in aller Regel kurz nach der Geburt wieder in den Job ein. Zum einen ist das möglich, weil sie als Beraterinnen, Coaches, Designerinnen oder Architektinnen mobil oft auch von zu Hause aus arbeiten können. Zum anderen ist das nötig, weil sich die wenigsten lange Auszeiten leisten können, wie Andrea Förster-Schembach vom Selbstständigen-Verband betont. Sie würden ihre Kunden verlieren. Da hilft es auch nicht, dass den Freiberuflerinnen theoretisch ebenso wie den Festangestellten eine Elternzeit von drei Jahren zusteht.

Auch Annette Riestenpatt hat ihre Auszeit kurz gehalten. Noch eine Woche vor der Geburt ihres Sohnes schrieb sie Texte für Agenturen. Danach setzte sie für zwei Monate aus, um ihr Pensum dann langsam wieder hochzufahren. Korinna Steffen leitete bereits wieder ein Training in einer anderen Stadt, als ihre Tochter gerade vier Wochen alt war. „Das war ein wichtiger Auftrag für mich“, sagt sie. Ihr Mann war mitgekommen und gab jedes Mal Zeichen, wenn ihre Tochter Hunger hatte. Dann schwand Steffen immer wieder für kurze Zeit von der Veranstaltung. „Die Hauptverantwortung für das Projekt habe ich allerdings abgeben, war aber immer involviert“, sagt sie. Eine längere Abstinenz zog Steffen aber gar nicht erst in Erwägung: „Ich bin das Herzstück der Firma, die komplette Akquise läuft über mich.“

Ganz allein schaffen es die Wenigsten. „Ein Netzwerk nicht nur für die Betreuung der Kinder sondern ebenso für den Job selbst vereinfacht vieles“, sagt Förster-Schembach. Etwa um bei Krankheit auf eine Vertretung zurückgreifen zu können und nicht mit Grippe noch vor dem Rechner sitzen zu müssen. Dafür schließen sich einige von Anfang für die Firmengründung an mit anderen zusammen. Aber auch sonst gehört Networking zum Handwerkszeug der Selbstständigkeit. Steffen zum Beispiel engagiert sich in der Handelskammer. Dort leitet sie den Arbeitskreis Gesellschaftliche Verantwortung, gerade wurde sie als Plenarmitglied bestätigt. „Das bedeutet zwar zusätzliche Abendtermine, bringt aber interessante Kontakte“, sagt Korinna Steffen.

Annette Riestenpatt erhält ihre Jobs ohnehin meist über Kontakte. „Für die Akquise habe ich weit weniger Zeit als vorher, vieles läuft über alte Verbindungen zu ehemaligen Kollegen und Kunden.“ Sie hat aber auch schon spannende Angebote abgelehnt, wenn diese geballt Veranstaltungen am Abend vorsahen – was sie Ari nicht antun wollte. Aktuell hat sie gut zu tun und arbeitet fest für vier verschiedene Auftraggeber. „Das klappt nur mit einem strukturierten Tagesablauf“, sagt Riestenpatt. Dafür stellt sie am Vorabend dann schon mal einen Zeitplan für die anstehenden Aufgaben auf, dann schläft ihr Sohn Ari meist schon tief und fest.

Lesen Sie nächstes Wochenende Teil 10: Wie managt man Kinder-Notfälle, ohne die Kollegen zu belasten?