Die Beförderung in der Firma kann auf ein Minenfeld führen – für den neuen Vorgesetzten wie für seine Mitarbeiter

Lange hat der Mitarbeiter mit dem exzellenten Fachwissen in seinem Bereich am Aufstieg gearbeitet. Schließlich ist die Beförderung geschafft. Doch mit dem neuen Job fangen die Probleme oft erst richtig an – vor allem, wenn der Vorgesetzte vorher ein Kollege seiner jetzigen Mitarbeiter war. „Der Einstieg in die Führungsrolle kann schwierig sein“, sagt Achim Mollbach, Management-Coach bei der Unternehmensberatung Kienbaum Consultants. „Er verändert die Grundarchitektur von Beziehungen.“ Alle Mitarbeiter eines Teams befanden sich vor der Beförderung auf der gleichen Ebene. „Plötzlich geraten diese Beziehungen in eine Schieflage.“

„Die früheren Kollegen kennen die Stärken und Schwächen ihres neuen Chefs, das macht die Situation mitunter kompliziert“, sagt Michael Krämer, Präsident des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen. Ein Teamleiter, der aus einer anderen Firma kommt, habe einen Autoritätsvorsprung, den die Mitarbeiter dem ehemaligen Kollegen nicht gewähren.

Das Wichtigste in dieser Situation ist ein guter Einstand in den Job, sagt Dagmar Kohlmann. Sie hat Ratgeber zum Thema geschrieben, wie etwa „Gestern Kollege – heute Vorgesetzter“ (Gabal). „Der nächste Vorgesetzte muss den neuen Teamleiter am besten persönlich einsetzen.“ Eine E-Mail reiche nicht aus. „Das muss vor der Gruppe passieren, sonst akzeptiert niemand den neuen Chef.“

Ideal für den frisch gebackenen Vorgesetzten und sein Team wäre, durch den Prozess des Aneinandergewöhnens begleitet zu werden. „Das passiert allerdings in der Realität viel zu selten“, sagt Coach Jürgen Goldfuß, der Seminare anbietet wie etwa „Fit für Chef“. Nur wenige Führungskräfte werden gezielt auf die neuen Aufgaben vorbereitet oder bekommen einen Mentor zur Seite gestellt.

Unternehmensberater Mollbach erkennt da allerdings einen Wandel in der Firmenkultur. Viele Betriebe hätten inzwischen die Notwendigkeit einer professionellen Begleitung erkannt. Außerdem seien die neuen Führungskräfte heute eher bereit als früher, Hilfe anzunehmen. „Die Unternehmen sind sich immer stärker bewusst, dass der Einstieg in eine Führungsposition kritisch ist.“

Besonders schwer falle es den neuen Chefs in vielen Fällen, das richtige Maß an Autorität aufzubauen. „Wenn zu wenig Führung da ist, gibt es ein Vakuum“, erklärt Mollbach. Allzu strenge Vorgesetzte machen sich das Leben aber oft unnötig schwer. „Es ist ein großer Fehler, auf einmal den Chef raushängen zu lassen“, sagt Coach Jürgen Goldfuß.

Psychologe Michael Krämer rät dem Führungsnachwuchs, sich in beide Richtungen erste Erfolgserlebnisse zu verschaffen: „Mit den eigenen Chefs muss ganz klar abgeklärt sein, was erwartet wird und welche Unterstützung da ist.“ Gleichzeitig sollte ein neuer Chef mit seinem Team bald einen Erfolg verbuchen können. „Da ist es wichtig, sich nicht selbst in den Vordergrund zu stellen, sondern dem Team zu signalisieren ‚Wir haben es geschafft.‘“

Wenn die Beförderung eines ehemaligen Kollegen für die Mitarbeiter überraschend kommt, heißt es zunächst einmal Ruhe bewahren, rät Buchautorin Dagmar Kohlmann. „Das gilt gleichermaßen für den Chef und das Team.“ Der neue Vorgesetzte müsse allerdings Fingerspitzengefühl zeigen, auch bei dem Maß an Transparenz, das er seinen Mitarbeitern gegenüber an den Tag legt. „Wenn er selbst in seiner Aufgabe angekommen ist, sollte er sein Team zusammenrufen.“ Das müsse geschehen, bevor die, die ihn abgelehnt haben, zu murren anfangen und womöglich Intrigen planen.

„Wenn er sich in einem solchen Meeting geschickt verhält, hat das meist positive Folgen. Dann ziehen die, die ihm gegenüber freundlich gestimmt sind, die Negativen mit.“ Schwierig sei es allerdings mit dem Typ Chef, der sich für ein Geschenk an die Menschheit hält, sagt Kohlmann. „Den kann man nur darin unterstützen, dass er möglichst schnell die nächste Stufe erreicht – oder die Firma wechselt.“

Ein neuer Chef hat es nie leicht. Er steckt in einer Sandwichposition zwischen seinen alten Kollegen und den eigenen Vorgesetzten. „Daher ist es absolut tabu, sich mit den Mitarbeitern gegen die nächste höhere Ebene zu verbünden“, sagt Psychologe Krämer. Die Kunst sei, die Interessen beider Seiten zu berücksichtigen und abzuwägen.

Bleibt noch die Frage nach der Anrede: „Wer sich mit den Kollegen geduzt hat, sollte unbedingt beim Du bleiben“, sagen die Experten übereinstimmend. Das regelmäßige gemeinsame After-Work-Bier sollten neue Chefs allerdings mit Vorsicht genießen: „Hier muss man die Balance finden – mehr auf Distanz gehen, ohne sich abzukapseln“, empfiehlt Goldfuß. Oft sei es besser, nicht mehr zu oft gemeinsam in der Kneipe abzuhängen.