Stimmen Bildausschnitt und Tonqualität? Kann ich mich aufs Headset verlassen? Tipps fürs Skypen im Jobinterview

Bewerbungsgespräche via Skype oder Google Hangouts sind in der IT-Branche und in internationalen Firmen heute üblich. Bei der Otto Group zum Beispiel skypen künftige Vorgesetzte und Personalreferenten seit etwa fünf Jahre mit den Kandidaten. „Wir nutzen Skype vor allem für die Erstgespräche mit Bewerbern, die nicht aus Hamburg kommen“, erklärt Julia Rohleder, Abteilungsleiterin Recruitment bei Otto. Was den Prozess auch für die Bewerber vereinfacht, findet sie: „Wer sich aus einem Job heraus bewirbt, braucht dafür keinen Tag Urlaub zu nehmen.“

An die zehn Prozent der Bewerbungsgespräche werden inzwischen per Videokonferenz geführt, schätzt Matthias Kirbs, Sprechtrainer und Inhaber der Firma Stimmwelten. Andere Experten gehen von fünf Prozent aus. Personalerin Rohleder stellt da keine Regel auf: „Es hängt immer davon ab, wie viele auswärtige Bewerber wir haben.“

Das Bewerbungsgespräch vom Wohnzimmer aus mindert Nervosität

Klar im Vorteil sind diejenigen, die routiniert darin sind, Videokonferenzprogramme zu nutzen – egal ob beruflich oder privat. „International vernetzte, technisch affine und oft auch jüngere Bewerber haben da heute keine Berührungsängste mehr“, sagt Julia Rohleder. Dass sie sich zu Hause im privaten Rahmen aufhalten, nehme ihnen darüber hinaus viel an Nervosität, hat die Otto-Personalerin festgestellt. „So kann man die Bewerber umso authentischer kennenlernen.“

Die allermeisten Kandidaten seien inzwischen so gut ausgerüstet, dass das Gespräch auch technisch beste Qualität habe. „Wir bieten Bewerbern an, ihnen bei Bedarf Headsets und Kameras vor dem Gespräch zuzuschicken“, sagt Rohleder. „Das ist aber seit gut anderthalb Jahren kein einziges Mal mehr in Anspruch genommen worden.“

Positioniert wird die Kamera beim Skype-Interview auf Augenhöhe, empfiehlt Karriereberaterin Svenja Hofert. Wer von unten in die Kamera guckt, wirke schnell klein und unterwürfig, andersherum möglicherweise arrogant. Außerdem schaffe man es so am einfachsten, den Blick zwischen seinem Gegenüber auf dem Bildschirm und der Kamera hin- und herwandern zu lassen, ergänzt Julia Rohleder von Otto. „Man will ja das Gegenüber sehen, aber parallel auch in die Kamera sprechen.“ Gerade dieser lockere Umgang mit Blickkontakt per Skype braucht ein bisschen Übung. „Jemanden direkt anzuschauen wirkt sympathisch“, sagt Kommunikationstrainer Kirbs. Aber permanent anstarren dürfe man sein Gegenüber nicht. Das wirke befremdend.

Wem die Routine im Skypen fehlt, macht also am besten erst einmal einen Testlauf mit einem Freund. Auch ob die Tonqualität und der Bildausschnitt gut sind, finden Jobsuchende so am ehesten heraus. Von der Kamera auf jeden Fall nicht erfasst werden sollten Fotos, die den Bewerber bei riskanten Sportarten oder als Mittelpunkt einer feuchtfröhlichen Party zeigen. Auch dreckiges Geschirr auf der Spüle darf nicht ins Bild ragen. Wer so unordentlich sei, erweckt beim Personaler schnell den Eindruck, dass er auch seine Aufgaben nicht sorgfältig erledigt, sagt Svenja Hofert. Bewerber achten deshalb am besten auf einen neutralen Hintergrund. Gut geeignet sei etwa eine weiße Wand, empfiehlt die Karriereberaterin. Ist ein Schreibtisch oder ein Bücherregal im Bild, muss beides aufgeräumt sein. „Der Teufel steckt im Detail.“

Der Testlauf mit Freunden hat noch einen weiteren Vorteil: „Sie werden auf Störquellen aufmerksam“, sagt Hofert. Straßenlärm etwa könne sehr nervenaufreibend sein. Viele nehmen solche Geräusche in ihrer Wohnung aber kaum noch wahr, weil sie sich so daran gewöhnt haben. Einem Freund, der gebeten wird, auf störende Einflüsse zu achten, falle das beim Testlauf jedoch schnell auf.

Aufrecht sitzen, nicht zu oft auf die Notizen schielen, rät der Experte

In Sachen Körperhaltung rät Matthias Kirbs dazu, auf einen aufrechten Sitz zu achten. Notizen dürfe man vor sich liegen haben, sollte aber nicht ständig aufs Blatt schauen. „Gerade die kleine Selbstpräsentation von zwei bis drei Minuten sollte man frei und fließend vortragen können und nicht lange über seine Worte nachdenken müssen“, sagt der Sprechtrainer. „Schließlich möchte das Unternehmen gern sehen, dass diese Person fünf bis zehn Sätze geradeaus sprechen kann.“

Otto-Personalerin Rohleder rät dazu, auf die Frage „Stellen Sie sich doch bitte kurz vor“ per Skype eine noch einmal knackigere Version parat zu haben als im Jobinterview vor Ort. Vielfach fallen die Bewerbungsgespräche per Video ein bisschen kürzer aus als im direkten Kontakt – bei Otto zum Beispiel eine Stunde im Gegensatz zu eineinhalb Stunden vor Ort. „Da muss man noch ein bisschen schneller zum Punkt kommen“, sagt Rohleder.

Bleibt das Thema Kleidung: Ein Interview via Skype aus dem Wohnzimmer zu führen befreit Bewerber natürlich nicht von der Pflicht, sich seriös und branchengemäß anzuziehen. Vor allem von auffälligen Mustern, rät Julia Rohleder ab. „Das wirkt auf dem Bildschirm schnell irritierend.“