Judith Musau stammt aus Kenia und studiert Logistic Management. Frühmorgens rudert sie auf der Alster im Vierer

Die Ruhe bewahren, auch wenn es hektisch wird, eng im Team zusammenarbeiten und immer lächeln. Judith Musau kann das, sie hat sich als Kellnerin den Lebensunterhalt und die Gebühren für das Studienkolleg verdient. Einmal hat sie auch für die HSBA Hamburg School of Business Administration gelächelt. „Ich habe bei der Abschlussfeier der HSBA im Atlantic Hotel gekellnert und bin dabei neugierig geworden.“ Neugierig auf eine Hochschule, die Berufserfahrung schon im Studium vermittelt. „In der Firma direkt anzuwenden, was ich in der Uni gelernt habe, das ist doch ideal.“

Judith Musau stammt aus Kenia. Dort muss man lange auf einen Studienplatz warten. Die Schulabgängerin wollte die Wartezeit in Deutschland überbrücken, wo schon ihre älteste Schwester lebte, kam als Au-pair nach Koblenz und beschloss zu bleiben: „Ein Abschluss aus Deutschland ist bei uns mehr wert als der kenianische.“ Dafür belegte sie einen Intensiv-Deutschkurs bei ihrer Schwester in Hannover und schließlich das Studienkolleg in Hamburg. „Dort werden ausländische Studenten für das Studium in Deutschland vorbereitet“, erklärt die junge Frau aus Nairobi. Aber das gibt es doch auch in Hannover? „Ja, schon, aber ich wollte unabhängig werden.“

Auf eigenen Beinen stehen. Kellnern und Karriere machen. Praxis und Theorie miteinander verzahnen. Auf einem Wirtschafts-Speed-Dating der HSBA kam Musau mit einer Personalerin der HHLA Hamburger Hafen und Logistik AG in Kontakt. „Das war ein gutes Gespräch über ein interessantes Berufsfeld.“ Weil die Bananen oder Tomaten in Deutschland einfach nicht so gut schmecken wie die in Kenia, macht sich die 24-jährige Gedanken über andere Transportwege und Konservierungsmöglichkeiten für die Produkte aus der Ferne. Noch hat sie keine alternative Lösung gefunden, das Thema lässt sie jedoch nicht mehr los. „Ich finde es spannend, hinter die Produkte zu schauen“, sagt sie. „Woher kommt der Wein, woher die Flasche und wie beides zu uns?“

Wein trinkt Musau allerdings nur zu einem guten Essen. Hauptsächlich hat es ihr das Wasser angetan. „Ich trainiere viermal die Woche im Frauen-Vierer der HSBA“, sagt sie. Wie bitte, viermal die Woche und wann? „Um sechs Uhr morgens auf der Alster. Wenn die zugefroren ist, nehmen wir das Ruderergometer in der Halle des Clubs Allemannia.“ Das Rudern ist zugleich Taktgeber für den Tag: Um fünf früh aufstehen, mit dem Rad bei Wind und Wetter von St.Pauli an die Alster, Training, duschen und dann gleich weiter an die Uni oder zur HHLA – je nachdem, ob Theorie- oder Praxisphasen anstehen.

Judith Musau studiert im dritten Semester Logistics Management, das ist ein englischsprachiger Bachelor-Studiengang, der betriebswirtschaftliches Wissen auf die Logistikbranche ausrichtet. Englisch macht der vielsprachigen Studentin, deren Muttersprache Kamba ist und die zudem fließend Suaheli spricht, noch weniger Probleme als Deutsch. Und so diskutiert sie munter mit den Dozenten und ihren Kommilitonen über Organisation, Optimierung und Management der Lieferkette, in der Fachsprache Supply-Chain-Management genannt. Zudem beinhaltet das Studium auch die Grundlagen der Betriebswirtschaft: „Finanzierung ist cool, Mathe geht so“, sagt Musau. Dabei hat sie alle mathematischen Hürden im Auswahlverfahren problemlos genommen: Einen Mathe- und Deutschtest, ein strukturiertes Auswahlverfahren bei der HHLA. „Es gab 180 Bewerber, zwei hat die HHLA ausgewählt.“ Ein toller Erfolg für die junge Frau, auch wenn sie sich bescheiden gibt. „Ich kann nicht genau sagen, warum man sich für mich entschieden hat.“

Auf jeden Fall schadet es nicht, zielstrebig und belastbar zu sein, wenn man sich für einen dualen Bachelorstudiengang an der HSBA interessiert. Wofür Universitäten ein ganzes Semester und vier Monate Vorlesungszeit einplanen, gibt es an der Hochschule der Hamburger Wirtschaft gerade mal acht Wochen Vorlesungszeit plus einer Sonderwoche zur Vorbereitung auf die Klausuren, schließlich die Prüfungen selbst. Anschließend beginnt die nächste Praxisphase im Unternehmen. „Die Klausurwoche ist schon stressig, es ist so viel Stoff“, sagt die angehende Logistikmanagerin. Aber die Theoriephasen machten dennoch viel Spaß: „Transportlogistik ist spannend, und ich habe nette Kommilitonen, mit denen ich mich austausche und etwas unternehme.“

Jede Praxisphase ist Musau dann einer anderen Abteilung der HHLA zugeordnet, von der Einkaufsabteilung bis zum Container Terminal Burchardkai. „Du bekommst alles mit und kriegst auch mal ein eigenes Projekt an die Hand“, beschreibt sie den Praxisteil. Am Burchardkai hat sie sich Gedanken darüber gemacht, wie der Informationsfluss zwischen zwei beteiligten Abteilungen verbessert werden könnte. „Ich habe einen kleinen Vortrag gehalten, anschließend wurden gemeinsam Lösungswege diskutiert. Das war eine große Anerkennung für mich“, sagt die Nachwuchslogistikerin.

Rudern, lernen, anwenden. Und wann schaltet sie ab? Abends, wenn Judith Musau für ihre Rudermädchen kenianisch kocht oder beim Jogging am Wochenende. „Ich habe immer schon viel Sport gemacht und bin an allem interessiert“, sagt sie über ihren inneren Akku. Und wenn der dann doch mal leer ist, nimmt Musau Urlaub. „Ich habe schon Freunde in Hannover besucht, meine Schwester in Indonesien und meine Familie in Kenia.“ Dann schwärmt sie bei ihren Besuchen von ihrer Hochschule, die ihr über die Kommilitonen auch Einblicke in die anderen Unternehmen ermöglicht. Aber sie verschweigt auch nicht, dass sie eine Mensa vermisst.