Warum es beim Verhandeln um Gehalt auf den richtigen Zeitpunkt, gute Argumente und ein wenig Flexibilität ankommt

Nicht wenige Mitarbeiter plagen vorher schlaflose Nächte: Es gibt Gespräche im Arbeitsleben, die machen keinen Spaß. „Gehaltsverhandlungen sind der Horror“, sagt Jürgen Hesse vom Büro für Berufsstrategie. Doch wer nicht nach Tarif automatisch Erhöhungen bekommt und wer nicht jahrelang für dasselbe Gehalt arbeiten will, muss sie notgedrungen führen. Doch wie setzt man die eigenen Vorstellungen erfolgreich durch?

Ein realistischer Zeitraum, mehr Gehalt zu fordern, ist alle anderthalb bis zwei Jahre. Voraussetzung ist allerdings, dass Mitarbeiter in dieser Zeit ihre Leistung gesteigert haben, erklärt Martin Wehrle, Karriereberater und Gehaltsexperte. Die Tatsache, dass Beschäftigte wieder 18 Monate länger für eine Firma gearbeitet haben, sei allein noch kein Grund für eine Erhöhung.

Ein sehr guter Zeitpunkt für das Gespräch ist das Frühjahr. Denn die meisten Mitarbeiter forderten zum Jahresende mehr Gehalt, erläutert Hesse. Die eigene Forderung zu stellen, wenn nicht gleichzeitig noch viele andere vorstellig werden, sei psychologisch klüger, findet er. Außerdem wisse der Chef spätestens im Frühjahr, wie seine Abteilung im aktuellen Geschäftsjahr aufgestellt ist und welchen finanziellen Spielraum er hat. Allerdings gibt es auch Ereignisse, bei denen Mitarbeiter von einer Gehaltsverhandlung besser absehen. Das ist etwa der Fall, wenn schwierige Entscheidungen anstehen oder ein wichtiger Kunde abgesprungen ist. Die Chance, in der Gehaltsverhandlung erfolgreich zu sein, ist dann klein.

Das Gespräch beginnen Angestellte am besten mit Small Talk. „Man muss den Löwen in Stimmung bringen“, empfiehlt Hesse. Er rät davon ab, solche Gespräche auf Montagmorgen oder am Freitagnachmittag zu terminieren. „Man sollte sich fragen, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten der Chef am ansprechbarsten ist“, ergänzt Wehrle.

Dann kommt es vor allem auf die Argumente an. Gut ist, wenn Mitarbeiter die Vorteile ihrer Arbeit für die Firma betonen. Haben Beschäftigte Geld gespart oder zusätzliches Geld gebracht? Haben sie mehr Verantwortung übernommen, mehr Arbeit bewältigt, bessere Ergebnisse erzielt? „Wer auf der Leistungsseite der Waage nachgelegt hat, bringt die Firma auf der Gehaltsseite in Zugzwang“, sagt Martin Wehrle.

Drei Fallstricke, die eine Gehaltsverhandlung scheitern lassen, sieht Jürgen Hesse: „Jammern, dass alles teurer geworden ist, auf Kosten anderer argumentieren und dem Chef drohen.“ Wenn die Mieten steigen und die Lebenshaltung teurer wird, sei das kein Grund für eine Gehaltserhöhung. Auch das Argument, Kollege Meier bekomme für dieselbe Arbeit 300 Euro mehr, sei keines, das Pluspunkte bringt. Und auch ein „Nein“ des Vorgesetzten damit zu kontern, dass man sich nun nach einem neuen Job umsehen müsse, wirft kein gutes Licht auf den Arbeitnehmer. „Das grenzt an Nötigung“, sagt Hesse.

Stattdessen kommt es auf eine durchdachte Strategie an. „Man muss immer etwas höher pokern, um das zu bekommen, was man will“, sagt der Karriereexperte. „Aber nicht zu hoch, dass der Chef verärgert ist.“ Eine gute Größe sei eine Erhöhung um etwa drei Prozent des Bruttojahresgehalts. Alles jenseits der fünf Prozent zu hoch. Größere Sprünge könnten Beschäftigte nur beim Wechsel des Arbeitgebers machen.

Doch es muss nicht immer Geld sein, über das Vorgesetzter und Mitarbeiter verhandeln. „Es gibt eine Reihe von Dingen, die der Chef seinem Angestellten zugutekommen lassen kann, ohne dass der Fiskus zuschlägt“, sagt Isabel Klocke vom Bund der Steuerzahler. Ein Dienstwagen, ein Smartphone – das sind nur einige der steuerfreien Zuwendungen, von denen Arbeitnehmer profitieren. Auch sogenannte Sachzuwendungen wie Benzin- oder Essensgutscheine können eine nette Beigabe sein. „Sie sind aber nur bis 44 Euro pro Monat steuerfrei“, sagt Klocke.

Für einige Mitarbeiter ist ein Zuschuss zur Kinderbetreuung ein gutes Angebot. Andere Kollegen freuen sich über ein Tablet. Auch Privilegien wie Seminare, Fortbildungen oder längere Urlaubszeiten vermitteln dem Angestellten die Wertschätzung der Firma.

Vorsicht sei hingegen geboten bei Zuschüssen etwa zur privaten Vorsorge. Das könne als verkappter Lohn gesehen werden und müsse dann versteuert werden, sagt Klocke. Wer sich nicht sicher ist, was vom Finanzamt anerkannt wird, spricht am besten mit einem Steuerberater.

Bleibt das Problem, dass Beschäftigte bei der Gehaltsverhandlung keinen Erfolg haben und ein klares „Nein“ vom Chef kassieren. Dann sollten sie erst einmal fragen, was denn aus Sicht des Vorgesetzten erforderlich ist, damit sie mehr Gehalt bekommen. Und nach einem vereinbarten Zeitraum können sie dann erneut in die Verhandlung gehen – vorausgesetzt, sie können jetzt mit dem vom Chef gewünschten Projektabschluss, der Kundenzahl oder der abgelegten Prüfung aufwarten.